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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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Licht und Ergebenheit in ein Steckenpferd, eine Welt, die er gewissermaßen selber geschaffen hatte, für sich und kam wieder herab. Er sollte Grund haben, sich sehr bald daran zu erinnern, daß er der letzte war, der jene einsame Treppe zwischen den Stockwerken herabgekommen war und einen einsamen Mann und einen leeren Raum hinter sich gelassen hatte. Die anderen standen in dem Salon, der zur Bibliothek führte, genau unter der großen schwarzen Ebenholzuhr, die aussah wie ein riesiger Sarg.
    »Wie kam Darnaway voran«, fragte Payne ein wenig später, »als Sie zuletzt oben waren?«
    Der Priester fuhr mit der Hand über seine Stirn. »Sagen Sie mir bloß nicht, daß ich anfange zu spinnen«, sagte er mit einem traurigen Lächeln. »Ich glaube, daß mich das grelle Tageslicht da oben geblendet hat und daß ich die Dinge nicht genau erkennen konnte. Aber um ehrlich zu sein: Für einen Augenblick hatte ich den Eindruck, als sei an Darnaways Gestalt, wie er da vor dem Porträt stand, etwas nicht geheuer.«
    »Oh, das ist nur das lahme Bein«, sagte Barnet prompt. »Darüber wissen wir doch alles.«
    »Wissen Sie«, sagte Payne plötzlich und senkte seine Stimme, »ich glaube nicht, daß wir alles darüber wissen, oder überhaupt etwas. Was ist mit seinem Bein los? Was war mit dem Bein seines Ahnen los?«
    »Darüber steht was in dem Buch, das ich dort drinnen gelesen habe, im Familienarchiv«, sagte Wood, »ich werde es Ihnen holen.« Und er ging in die gerade dahinter liegende Bibliothek.
    »Ich glaube«, sagte Father Brown ruhig, »daß Mr. Payne einen besonderen Grund hat, gerade das zu fragen.«
    »Ich kann es ja ein für alle Mal ausspucken«, sagte Payne, aber mit noch leiserer Stimme. »Schließlich gibt es ja eine vernünftige Erklärung. Jeder Hergelaufene könnte sich so hergerichtet haben, daß er aussieht wie das Porträt. Was wissen wir über Darnaway? Er benimmt sich ziemlich merkwürdig – «
    Die anderen starrten ihn reichlich aufgeschreckt an; nur der Priester schien es ruhig aufzunehmen.
    »Ich glaube nicht, daß das alte Porträt jemals photographiert worden ist«, sagte er. »Deshalb will er das machen. Darin ist, glaube ich, nichts Merkwürdiges.«
    »Wirklich das Natürlichste von der Welt«, sagte Wood lächelnd; er war gerade mit dem Buch in der Hand zurückgekommen. Doch während er noch redete, rührte sich etwas im Uhrwerk der großen dunklen Uhr hinter ihm, und nacheinander hallten die Schläge durch den Raum, bis sie die Zahl 7 erreicht hatten. Mit dem letzten Schlag erscholl ein großes Krachen in der oberen Etage, das das Haus wie ein Donnerschlag erschütterte; und Father Brown hatte bereits die ersten beiden Stufen der Wendeltreppe hinter sich, ehe noch das Geräusch erstorben war.
    »Mein Gott!« rief Payne unwillkürlich; »er ist allein da oben.«
    »Ja«, sagte Father Brown ohne sich umzuwenden, als er im Treppenaufgang verschwand. »Wir werden ihn allein vorfinden.«
    Als sich die übrigen von ihrer ersten Lähmung erholt hatten und in wildem Durcheinander die Steinstufen hinaufrannten und ihren Weg ins neue Studio fanden, da stimmte es in dem Sinne, daß sie ihn allein vorfanden. Sie fanden ihn in den Trümmern seiner großen Kamera, deren lange zersplitterte Beine grotesk in drei verschiedene Richtungen ragten; und Darnaway war auf sie gestürzt, und das eine schwarze krumme Bein lag im vierten Winkel auf dem Fußboden. Für einen Augenblick sah der dunkle Haufen aus, als sei er mit einer riesigen scheußlichen Spinne verschlungen. Doch brauchte es nur wenig mehr als einen Blick und eine Berührung, um zu erkennen, daß er tot war. Nur das Porträt stand unberührt auf der Staffel, und man konnte sich einbilden, daß die lächelnden Augen leuchteten.
    Eine Stunde später traf Father Brown bei seinem Bemühen, die Verwirrung des geschlagenen Hauses zu lindern, den alten Hausverwalter, der so mechanisch murmelte, wie die Uhr die schreckliche Stunde gezählt und geschlagen hatte. Und fast ohne hinzuhören wußte er, wie die gemurmelten Worte lauten mußten:
     
    »Im siebenten Erben bin ich erneut,
    In der siebenten Stunde mach’ ich mich fort.«
     
    Als er etwas Tröstliches sagen wollte, schien der alte Mann plötzlich aufzuwachen und vor Zorn zu erstarren; sein Murmeln wandelte sich in einen wilden Schrei.
    »Sie!« schrie er, »Sie und Ihr Tageslicht! Selbst Sie werden jetzt nicht mehr sagen, es gebe kein Verhängnis der Darnaways.«
    »Meine Ansicht darüber ist

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