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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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sehen, während die großen Wellen ans Land schlugen. Dreimal sah ich das Aufschimmern des Schaumes im Mondenlicht, und dann sah ich etwas Unergründliches. Das vierte Aufleuchten der Silbergischt schien im Himmel festzuhaften. Es stürzte nicht; – ich wartete mit wahnwitziger Intensität darauf, daß es stürze. Ich bildete mir ein, daß ich verrückt und daß die Zeit für mich geheimnisvoll angehalten oder verlängert worden sei. Dann kam ich näher, und dann habe ich, glaube ich, laut geschrieen. Denn jene frei schwebende Gischt, diese ungefallenen Schneeflocken, sie hatten sich zu einem Gesicht und einer Gestalt zusammengefügt, weiß wie der schimmernde Leprakranke in der Legende, und schrecklich wie der erstarrte Blitz.«
    »Und das war Gideon Wise, sagen Sie?«
    Horne nickte, ohne zu sprechen. Und dann wurde das Schweigen plötzlich von Nares gebrochen, der aufstand; so jäh, daß er einen Stuhl umwarf.
    »Ach, das ist alles Unfug«, sagte er, »aber wir gehen besser raus und sehen uns das an.«
    »Ich werde nicht gehen«, sagte Horne mit plötzlicher Wildheit. »Ich werde diesen Pfad niemals mehr betreten.«
    »Ich glaube, daß wir diesen Pfad heute nacht alle betreten müssen«, sagte der Priester gewichtig; »obwohl ich niemals leugnen werde, daß es ein gefährlicher Pfad ist… für mehr als nur einen Menschen.«
    »Ich werde nicht… Gott, wie ihr mich alle hetzt«, rief Horne, und seine Augen begannen, in ganz eigenartiger Weise zu rollen. Er war mit den übrigen aufgestanden, machte aber keine Bewegung zur Tür hin.
    »Mr. Horne«, sagte Nares entschieden, »ich bin Polizeibeamter, und dieses Haus ist, auch wenn Sie das nicht wissen, von der Polizei umstellt. Ich habe versucht, die Untersuchungen in freundlicher Art durchzuführen, aber ich muß alles untersuchen, selbst etwas so Törichtes wie einen Geist. Ich muß Sie also ersuchen, mich zu der Stelle zu führen, von der Sie gesprochen haben.«
    Erneut herrschte Schweigen, während Horne wie in unbeschreiblichen Ängsten stöhnte und keuchte. Dann ließ er sich plötzlich wieder in seinem Sessel nieder und sagte mit ganz neuer und viel gefaßterer Stimme:
    »Ich kann das nicht tun. Sie können auch erfahren, warum nicht. Sie werden es früher oder später doch herausfinden. Ich habe ihn getötet.«
    Für einen Augenblick herrschte die Stille eines Hauses, das nach einem Blitzschlag voller Leichen ist. Dann ertönte in dieser ungeheuren Stille die Stimme von Father Brown seltsam klein wie das Quieken einer Maus.
    »Haben Sie ihn absichtlich getötet?« fragte er.
    »Wie soll man eine solche Frage beantworten?«, antwortete der Mann im Stuhl und nagte trübsinnig an seinen Fingern. »Ich war verrückt, nehme ich an. Ich weiß, daß er unausstehlich und unverschämt war. Ich befand mich auf seinem Land, und ich glaube, er hat mich geschlagen; jedenfalls kam es zu einem Handgemenge, und er stürzte über die Klippe. Als ich schon ein gutes Stück vom Tatort entfernt war, wurde mir plötzlich klar, daß ich ein Verbrechen begangen hatte, das mich aus der Menschheit ausschloß; das Zeichen Kains pulsierte auf meiner Stirn und in meinem Hirn; ich machte mir zum ersten Mal klar, daß ich tatsächlich einen Menschen getötet hatte. Ich wußte, ich würde das früher oder später gestehen müssen.« Plötzlich setzte er sich aufrecht hin. »Aber ich werde nichts gegen andere aussagen. Es hat keinen Zweck, mich über Komplotte oder Komplizen auszufragen – ich werde nichts sagen.«
    »Angesichts der anderen Morde«, sagte Nares, »ist es schwer zu glauben, daß die Auseinandersetzung tatsächlich so unvorbedacht entstanden ist. Sicherlich hat jemand Sie hergeschickt?«
    »Ich werde nichts gegen jemanden aussagen, mit dem ich zusammengearbeitet habe«, sagte Horne stolz. »Ich bin ein Mörder, aber ich werde kein Verräter sein.«
    Nares stellte sich zwischen den Mann und die Tür und rief mit amtlicher Stimme jemandem draußen etwas zu.
    »Wir alle werden dennoch jetzt zum Tatort gehen«, sagte er leise zum Sekretär, »dieser Mann aber muß in Haft genommen werden.«
    Die ganze Gesellschaft hatte das Gefühl, daß eine Gespensterjagd auf einer Klippe am Meer nach dem Geständnis des Mörders eine reichlich törichte Antiklimax sei. Nares aber, obwohl der skeptischste und spöttischste von allen, hielt es für seine Pflicht, keinen Stein ungewendet zu lassen; man könnte sagen, keinen Grabstein ungewendet. Denn schließlich war jene brüchige Klippe der

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