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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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stieße, so hätte der sich in etwas wie eine Kugel verwandelt bis zu dem Augenblick, in dem er ihn trifft. Wenn ich einen Hammer fallen ließe – selbst einen kleinen Hammer – «
    Wilfred Bohun schwang ein Bein über die Brüstung, und Father Brown hatte ihn im Nu beim Kragen.
    »Nicht durch diese Tür«, sagte er ganz sanft; »diese Tür führt zur Hölle.«
    Bohun taumelte zurück an die Mauer und starrte ihn mit entsetzten Augen an.
    »Woher wissen Sie das alles?« schrie er. »Sind Sie ein Teufel?«
    »Ich bin ein Mensch«, antwortete Father Brown ernst; »und habe daher alle Teufel in meinem Herzen. Hören Sie zu«, sagte er nach einer kurzen Pause. »Ich weiß, was Sie getan haben – zumindest kann ich den größten Teil davon erraten. Als Sie Ihren Bruder verließen, kochten Sie vor solch sündigem Zorn, daß Sie sich sogar den kleinen Hammer schnappten, halb geneigt, ihn mit seiner Gemeinheit auf den Lippen totzuschlagen. Davor aber schraken Sie zurück und steckten ihn statt dessen unter Ihren zugeknöpften Rock und stürzten in die Kirche. Sie beteten leidenschaftlich an manchen Stellen, unter dem Engelsfenster, auf der Plattform oben und auf einer noch höheren Plattform, von der aus Sie den orientalischen Hut des Obersten unten wie einen grünrückigen Käfer einherkrabbeln sahen. Da rastete etwas in Ihrer Seele aus, und Sie ließen Gottes Donnerkeil fallen.«
    Wilfred fuhr sich langsam mit der Hand an den Kopf und fragte mit leiser Stimme: »Woher wissen Sie, daß sein Hut wie ein grüner Käfer aussah?«
    »Ach das«, sagte der andere mit dem Schatten eines Lächelns, »das war gesunder Menschenverstand. Aber hören Sie mir zu. Ich sagte, daß ich das alles weiß; doch sonst wird niemand das wissen. Daher ist der nächste Schritt bei Ihnen; ich werde keinen Schritt mehr tun; ich werde das mit dem Siegel des Beichtgeheimnisses versiegeln. Wenn Sie mich fragen warum, dann gibt es viele Gründe, aber nur einen, der Sie betrifft. Ich überlasse alles Ihnen, weil Sie noch nicht so tief gesunken sind wie übliche Mörder. Sie haben nichts dazu getan, dem Schmied das Verbrechen anzuhängen, als das leicht war; oder seiner Frau, als das leicht war. Sie haben versucht, es dem Schwachsinnigen anzuhängen, weil Sie wissen, daß er nicht bestraft werden kann. Das war einer jener Lichtblicke, die in Mördern zu finden mein Geschäft ist. Und nun kommen Sie runter ins Dorf und gehen Ihres Weges, frei wie der Wind; denn ich habe mein letztes Wort gesprochen.«
    Sie stiegen die Wendeltreppe unter äußerstem Schweigen hinab und traten bei der Schmiede hinaus in den Sonnenschein. Wilfred Bohun öffnete sorgfältig das hölzerne Tor des Hofes, ging zum Inspektor und sagte: »Ich möchte mich selbst anzeigen; ich habe meinen Bruder getötet.«

Das Auge Apollos
     
    J eneseinzigartige rauchige Gefunkel, zugleich Verhüllung und Verklärung, das sonderbare Geheimnis der Themse, wechselte mehr und mehr von seinem Grau zu seinem glitzernden Gegenstück, als die Sonne über Westminster dem Zenith zuklomm und die beiden Männer die Westminster-Brücke überquerten. Der eine war sehr lang und der andere sehr kurz; man hätte sie phantasiereich auch mit dem arroganten Glockenturm des Parlamentes und dem niedrigeren buckligen Rücken der Abtei vergleichen können, denn der kurze Mann war klerikal gekleidet. Die offizielle Beschreibung des langen Mannes war Hercule Flambeau, Privatdetektiv, und er begab sich zu seinen neuen Büroräumen in einem neuen Bürohaus gegenüber dem Eingang zur Abtei. Die offizielle Beschreibung des kurzen Mannes war Hochwürden J. Brown, der St.-Francis-Xavier-Kirche in Camberwell zugehörig, und er kam von einem Sterbebett in Camberwell, um die neuen Büroräume seines Freundes zu besichtigen.
    Das Gebäude war amerikanisch in seiner wolkenkratzenden Höhe, und auch amerikanisch in der geölten Vollkommenheit seiner Maschinerie aus Telephonen und Lifts. Aber es war gerade erst fertig geworden und noch unterbesetzt: Erst drei Mieter waren eingezogen; das Büro über Flambeau war besetzt, wie auch das unter ihm; die zwei Etagen darüber und die drei Etagen darunter waren noch völlig leer. Aber der erste Blick auf das neue Hochhaus blieb an etwas sehr viel Faszinierenderem hängen. Abgesehen von ein paar Überresten von Baugerüsten war der einzige auffällige Gegenstand an der Außenseite des Büros gerade über dem von Flambeau angebracht. Es war ein riesiges vergoldetes Abbild eines menschlichen

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