Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)
Schließlich, nach Carolines erstem Jahr an der Uni, beschlossen sie zusammenzuziehen.
Carolines Studium nahm drei Jahre in Anspruch. Während dieser Zeit bemühte sich Jessica, irgendetwas zu finden, das sie interessierte. Bei der Polizei bewarb sie sich eher aus einer Laune heraus. Viele Leute gingen zur Polizei, weil schon jemand aus derFamilie dort oder in einem verwandten Beruf tätig war. Das traf bei Jessica jedoch nicht zu. Ihre Eltern leiteten in ihrer Heimatstadt eine Poststelle. Es war so etwas wie eine Familientradition, denn ihr Großvater väterlicherseits hatte fast sechzig Jahre zuvor das Gebäude gekauft und dort den Postdienst eingerichtet. Ihre Eltern wussten beide, Jessica würde niemals den Betrieb übernehmen und versuchten auch nicht, Druck auf sie auszuüben. Sie führten die Poststelle noch immer und freuten sich auf den baldigen Ruhestand. Jessica besuchte ihre Eltern ungefähr alle zwei Monate. Außerdem telefonierten sie regelmäßig.
Dass die enge Freundschaft zwischen Jessica und Caroline so lang Bestand hatte, lag vielleicht auch daran, dass kurz nachdem Caroline ihr Studium beendet hatte, ihre Eltern gestorben waren. Es kam nicht wirklich überraschend, denn beide waren wesentlich älter als Jessicas Eltern, und Carolines Vater war schon länger krank gewesen. Kurz nach seinem Tod folgte ihm seine Frau. Caroline war am Boden zerstört, aber sie war froh, dass ihre Eltern ihren Hochschulabschluss noch miterlebt hatten, denn es war der erste in ihrer Familie.
»Und du hast einen neuen Freund?«, fragte Jessica.
»Ja.«
»Erzähl mal.«
»Weißt du noch, wie ich vor ein paar Monaten mit den hohen Absätzen umgeknickt bin?«
»Na klar.« Jessica lachte. »Das war saukomisch.«
»Danke für dein Mitgefühl. Ich hätte mir den Hals brechen können.«
»Dann hätte ich auch nicht so sehr gelacht, ganz ehrlich.«
»Na ja, jedenfalls hänge ich an den Schuhen und deshalb habe ich sie zu dem Schuster im Gorton Market gebracht und da arbeitete dieser Junge …«
»Du Flittchen.«
Sie fingen wieder an zu kichern. »Wir sind zusammen was trinken gegangen und haben uns seitdem ein paarmal getroffen. Kommende Woche gehen wir wieder aus.«
Demnach hatte Caroline sich also heimlich mit diesem Typ getroffen und ihrer Freundin gegenüber behauptet, sie ginge ins Fitnessstudio oder hätte irgendetwas anderes vor. Es machte Jessica aber eigentlich nichts aus. »Hauptsache, du lässt mich nicht allein, um bei diesem seltsamen Typ einzuziehen.«
»Wieso seltsamer Typ?«
»Wenn der mit dir ausgeht …«
»He!«
Und wieder mussten beide lachen. »Wie heißt er denn?«, fragte Jessica.
»Randall. Randall Anderson.«
»Randall? Was ist das denn für ein Name?«
»Ich weiß auch nicht, aber mir gefällt er. Mal was anderes.«
»Hmm, Caroline Morrison-Anderson … klingt eigentlich nicht schlecht.«
»Hör bloß auf …«
Der Hauptgrund, warum sie immer noch zusammenwohnten, war sicher, dass keine von beiden Zeit für eine richtige Beziehung hatte. Natürlich wohnten sie auch gern zusammen, aber da sie beide frei waren, gab es keinen Grund, sich etwas anderes zu suchen.
Jessica spürte den Wein jetzt deutlich. Als zur letzten Runde geläutet wurde, holte sie ihr Handy aus der Handtasche. »Ich schaue nur mal schnell im Internet nach, was in der Zeitung von morgen steht.«
Sie glitt mit dem Daumen über das Display und ging ihre Lesezeichen durch, bis sie die Nachrichtenseite des
Herald
fand. Die Startseite baute sich auf und sie schob die Finger auf dem Display auseinander, um die Ansicht zu vergrößern. Dann knallte sie plötzlich mit ihrer freien Hand auf den Tisch.
»Was ist denn?«, fragte Caroline.
Jessica wäre fast ausgerastet. »Garry Ashford! Den Typ nehme ich mir vor!«
S IEBEN
Leider war der Abend nicht so ausgeklungen wie erhofft. Die Schlagzeile des Herald lautete: »Im eigenen Heim ermordet.« Darunter stand: »Rätsel um verriegelte Tür«, und: »Exklusivbericht von Garry Ashford.«
Fast sämtliche Einzelheiten wurden in dem Artikel verraten: der Name des Opfers, die Tatsache, dass das Haus abgeschlossen war und dass die Polizei erst nach zwei Tagen auf die besorgten Anrufe von Stephanie Wilson reagiert hatte. Das hörte sich natürlich ziemlich übel an. Der Journalist hatte auch mit Mrs Wilson gesprochen, die quasi alles ausgeplaudert hatte, was sie auch schon der Polizei erzählt hatte.
Und zu allem Überfluss erwähnte er sie auch noch: »Detective Sergeant
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