Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)
ob das stimmt, aber sein Alibi für die letzten beiden Tage scheint in Ordnung zu sein.«
Er sah Jessica an, die sich wieder an die versammelte Mannschaft wandte: »Da bei der kriminaltechnischen Untersuchungbisher nichts herausgekommen ist und die einzigen uns bekannten Angehörigen wahrscheinlich ausscheiden, haben wir nicht viele Anhaltspunkte. Wir wissen nicht einmal, wie der Täter hinein- und wieder herausgekommen ist, und haben nicht den geringsten Hinweis, wer er sein könnte. Wir haben all die üblichen Untersuchungen vorgenommen. Das Haus hat keinen Keller und der Dachboden ist voller Gerümpel. Es hat ganz sicher niemand da oben gewartet, bis wir verschwinden.«
»Gibt es einen Zugang von der anderen Doppelhaushälfte aus?«, fragte jemand.
»Gut gedacht, aber nein. Die Mauern zwischen den beiden Häusern sind vollkommen solide, bis unters Dach. Das war eine der letzten Möglichkeiten, die wir geprüft haben.«
Jessica fragte die Anwesenden, ob sie vielleicht eine Idee hätten, wie der Täter vorgegangen sein könnte. Ein Constable erntete ein paar Lacher, weil er einen bekannten Fernsehmagier erwähnte. Aber er machte auch den Vorschlag, die vorherigen Bewohner unter die Lupe zu nehmen. Die Christensens hatten gut fünf Jahre in dem Haus gewohnt, aber natürlich konnten die vorigen Besitzer noch Schlüssel haben. Es war zwar nicht sehr wahrscheinlich, trotzdem musste die Sache geprüft werden, um die Vorbesitzer als Verdächtige ausschließen zu können.
»Haben die Befragungen der Nachbarn etwas ergeben?«, fragte einer der Constables.
Jessica und Cole schnaubten gleichzeitig. »Nichts«, sagte Jessica, und Cole fuhr fort: »Eine Nachbarin hat gesehen, wie dieselbe Person innerhalb kurzer Zeit drei- oder viermal am Haus des Opfers vorbeigelaufen ist. Das ist alles. Die Nachbarin ist schon etwas älter und ihre Beschreibung ziemlich nichtssagend. Aber unsere Fallanalytiker werden mit ihrer Hilfe ein Phantombild erstellen, damit wir was für die Abendnachrichten haben. Viel Hoffnung, dass etwas dabei herauskommt, haben wir allerdings nicht.«
Jemand machte eine scherzhafte Bemerkung, dass jedes Bild besser wäre als das mit dem dummen Grinsen auf der Morgenausgabe. Jessica nahm sich vor, dem Witzbold einen besondersöden Job zu verpassen, wenn die Aufgaben verteilt wurden. Sie hatte die Aussage der Zeugin gelesen. Die Person, die sie beobachtet hatte, war offenbar so unauffällig, dass ihre Beschreibung auch auf Cole gepasst hätte.
Cole fuhr fort: »Wir haben eine Hotline für Hinweise aus der Bevölkerung eingerichtet, aber trotz der Berichterstattung in den Medien noch keine brauchbaren Informationen.«
Der Inspector und Jessica hatten alles gesagt, was zu sagen war. Aylesbury wies die Anwesenden noch darauf hin, dass um fünfzehn Uhr eine Pressekonferenz auf der Wache stattfand. Dann sollten sie doch bitte möglichst so tun, als wären sie beschäftigt. Mit diesem nicht sehr gelungenen Spruch wollte er sie zur Arbeit antreiben. Aber Jessica hätte es auch nicht besser gekonnt, deshalb war sie ihm trotzdem dankbar.
Dann wurden die Aufgaben für die kommende Woche verteilt, und die Leute gingen nach und nach. Jessica winkte Rowlands zu sich, der mit zum Schlosser kommen sollte, und sie gingen zum Parkplatz hinter der Wache.
Die Besprechungen am Morgen hatten länger gedauert als erwartet, aber zumindest schienen die Dinge jetzt in Bewegung zu geraten. Sie wünschte nur, sie hätte noch eine Jacke mit zur Arbeit genommen. Ihr Hosenanzug bot nicht viel Widerstand gegen den kalten Frühlingswind. Das warme Wetter vom Samstag war lang vergessen. Rowlands hatte wohl beim Anblick des grauen Morgenhimmels vorausgedacht, denn er trug einen langen Trenchcoat. Sein Haar stand in alter Pracht stachelig hoch.
»Wir fahren doch hoffentlich nicht mit deiner Karre, oder?«, sagte Rowlands, als sie den Parkplatz erreichten.
Jessica grinste, vor Kälte zitternd. »Na ja, vielleicht würde der Wagen von deinem Exhibitionisten-Outfit ablenken.«
»Vorsicht, wenn du noch lang so blöd grinst, kommt ein Fotograf vom
Herald
und knipst dich.«
Sie nahmen einen Streifenwagen, damit der Schlosser auch wusste, mit wem er es zu tun hatte – nur für den Fall, dass er anfing, ungeduldig auf die Uhr zu schauen. Sie gab Rowlands die Adresseund sagte, er könne fahren. Sie war so gut gelaunt wie seit Tagen nicht mehr und hatte keine Lust, sich ihre Laune von den ganzen Idioten im Straßenverkehr verderben zu lassen.
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