Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)
bloß nicht in diesem Ton mit mir«, sagte die Frau, aber Jessica war mit ihrer Geduld am Ende. Sie stieß die Tür auf und baute sich vor der Frau auf. Sie war ein paar Zentimeter größer als die andere und die wich zurück.
»Ich rede, wie es mir passt«, sagte Jessica in scharfem Ton. »Jetzt sag schon, wo er ist, oder – Durchsuchungsbeschluss hin oder her – wir nehmen diese Drecksbude total auseinander. Vielleicht finden wir ja was, wofür wir
dich
verknacken können.«
Die Frau war offensichtlich außer sich vor Wut. Was Jessica da von sich gegeben hatte, waren zwar größtenteils nur leere Drohungen, aber sie hoffte, dass Laphams Freundin sich davon einschüchtern ließ.
»Also gut«, sagte die Frau giftig. »Er geht immer zum Prince of Wales auf der anderen Seite der Hauptstraße.« Sie wies in die Richtung, aber Jessica wusste, wo der Pub war, weil sie auf dem Weg daran vorbeigefahren waren. Als Zeichen, dass sie sich nicht einschüchtern ließ, machte die Frau einen Schritt auf Jessica zu. »Jetzt verschwinde, du blöde Schlampe. Du hältst dich wohl für was Besseres.«
Dass sie sich für was »Besseres« hielt, hatte ihr noch nie jemand unterstellt. Aber Jessica hatte die benötigte Information, also verschwanden sie wie verlangt. Da Cole nicht dabei gewesen war, würde sie wegen der Schau, die sie abgezogen hatte, sicher keinen Ärger bekommen. Der Uniformierte sagte nichts dazu und Jessica konnte sogar ein leichtes Grinsen auf seinem Gesicht ausmachen. Auf dem Weg zurück zum Wagen funkte sie Rowlands an, um ihm zu sagen, dass sie hatten, was sie brauchten.
Als sie zum Wagen kamen, parkte Cole seinen gerade hinter ihrem ein. Falls er sich ärgerte, dass sie vor ihm angekommen warenund Lapham trotzdem nicht erwischt hatten, ließ er es sich nicht anmerken. Er öffnete mit einem elektrischen Summen sein Fenster und fragte nur: »Nicht zu Hause?«
»Er soll im Prince of Wales sein, gleich um die Ecke«, sagte Jessica. »Wir können hinlaufen, und wenn er da ist, lassen wir den Streifenwagen nachkommen.«
Es musste ein seltsamer Anblick gewesen sein, wie die drei Leute in Zivil gemeinsam mit drei Uniformierten die paar hundert Meter zum Pub liefen. Unterwegs zeigte Jessica allen das Foto von Lapham. Der Pub lag an der Hauptstraße. Hinter dem Haus gab es einen betonierten Parkplatz. Jessica schickte zwei der Uniformbeamten dorthin, während sie Rowlands und den anderen Uniformierten vor dem Haus aufstellte. Dann öffnete sie die schwere Holztür und ging mit Cole hinein.
Der Pub sah aus, als wäre dort seit Jahrzehnten nicht mehr renoviert worden. Obwohl schon seit ein paar Jahren Rauchverbot herrschte, roch es immer noch nach abgestandenem Qualm, und die Decke wies die früher weit verbreiteten braunen und schwarzen Flecken auf. An den Wänden hingen gerahmte Fotos und Drucke verschiedener örtlicher Fußballmannschaften. Der Teppichboden, der früher mal ein rotes Blumenmuster gehabt haben musste, war ausgetreten und an einigen Stellen so abgewetzt, dass der Steinboden darunter zu sehen war. Jessica musste sofort an Harry denken, der solche Spelunken liebte.
Das Lokal bestand aus einem einzigen großen Raum mit der Theke vom Eingang aus rechts. Hier und da gab es Gitter als Raumteiler, aber man konnte von der Tür aus praktisch den ganzen Raum überblicken. Jessica und Cole ließen ihre Blicke umherschweifen. Es waren nur ein halbes Dutzend Leute da. Jessica konnte Lapham nicht entdecken. Cole sagte leise: »Nichts.« Das sollte heißen, dass er ihn auch nicht sehen konnte. Er sah auf der Herrentoilette nach, deren Tür sich neben dem Tresen befand, und Jessica setzte sich direkt vor dem Barmann auf einen Hocker.
Der kräftige, glatzköpfige Mann war ein ganzes Stück größer als sie. Er hatte sie beide schon, als sie hereinkamen, misstrauisch beäugt.Außerdem schien er sich zu ärgern, dass jemand die Toilette benutzte, ohne vorher etwas zu bestellen.
»Möchten Sie was …?«, begann er, und Jessica zog ihren Dienstausweis aus der Tasche. Dann holte sie Laphams Foto hervor und hielt beides dem Barmann hin.
»Haben Sie diesen Mann hier gesehen?«, fragte sie.
»Wen, Wayne? Ja, der war bis vor einer Minute noch hier. Sein Handy hat geklingelt und dann ist er wie ein geölter Blitz zur Hintertür hinaus. Er hat sein Bier nicht mal ausgetrunken.« Der Barmann zeigte auf ein Glas Bitter auf einem Tisch in der Nähe. »Ich habe es nicht weggeräumt, weil ich dachte, er kommt vielleicht
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