Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)
zurück.«
Jessica schlug so heftig mit der flachen Hand auf die Theke, dass der Barmann und zwei weitere Gäste zusammenzuckten und sie erschrocken ansahen. »Die blöde Kuh hat ihn gewarnt.«
S ECHZEHN
Jessica konnte an einer Hand abzählen, wie oft sie gerannt war, seit sie in Zivil arbeitete. Als Kind war sie ziemlich gut in Sport gewesen, vor allem beim Sprinten. Irgendwo in einer Kiste bei ihren Eltern mussten noch ein paar Sporturkunden aus ihrer Schulzeit stecken. Wie die meisten Jugendlichen – und vor allem Mädchen – fand sie, als sie älter wurde, den Gedanken an dreckige, verschwitzte Sportkleidung eher unangenehm. Jetzt, da sie zu Laphams Wohnung rannte, wünschte sie sich, sie wäre mit dreizehn nicht so zimperlich gewesen, dann wäre ihr dieser Spurt sicher leichter gefallen.
Als Cole von der der Toilette zurückgekommen war, hatte er nur mit dem Kopf geschüttelt, und Jessica hatte ihm zugerufen, dass Lapham abgehauen war. Sie war zur Vordertür hinausgeflitzt und mittlerweile schon die halbe Strecke zurückgelaufen, die sie gekommen waren. Cole, Rowlands und die drei Streifenpolizisten rannten hinterher. Für vorbeifahrende Autofahrer musste dies wie eine Szene aus einer Sitcom wirken.
Sie rannte an ihren beiden Autos vorbei, sprang über eine Hecke, hetzte weiter zu Laphams Wohnung und hämmerte an die Tür. In dem Moment kam auch Rowlands keuchend angelaufen. Da sie den Namen der Frau nicht kannte, konnte sie sie nicht rufen, deshalb schlug sie erneut kräftig mit der Faust gegen die Tür. Dann trafen auch zwei der Uniformierten, Cole und schließlich der dritte Uniformbeamte ein. Auch Jessica war außer Atem, aber das Adrenalin rauschte durch ihre Adern und das Einzige, was sie fühlte, war blinde Wut.
»Sie hat ihn gewarnt«, sagte Jessica zu Cole. Und dann wiederholte sie es: »Sie hat ihn gewarnt«, nur für den Fall, dass die anderen sich über ihr seltsames Verhalten wunderten.
Da niemand aufmachte und sie keinen Durchsuchungsbeschluss hatten, fragte sie Cole: »Dürfen wir die Tür aufbrechen?«
Cole reagierte mit einem zögerlichen: »Ähm …« Also wandte sich Jessica an einen der Uniformierten, der besonders kräftig wirkte. Er sah als Einziger nicht so aus, als würde er nach dem Sprint zusammenbrechen. »Brechen Sie die Tür auf.«
Der Beamte sah Cole fragend an, also schrie sie: »Brechen Sie sie einfach auf!«
Der Constable war über eins achtzig groß und sah aus, als könnte er die Tür mit Leichtigkeit zertrümmern. Er bedeutete ihnen, zur Seite zu gehen, trat einen Schritt zurück und machte sich schon bereit, mit voller Wucht die Tür einzutreten … da öffnete sie sich plötzlich.
Im Türrahmen stand die Frau von vorher, aber diesmal angezogen. Der Morgenrock war einer blauen Jogginghose und einem Kapuzenoberteil gewichen, sie hatte aber immer noch das auffällige Band im Haar. Sie sah den Polizisten an, der immer noch den Fuß leicht angehoben hatte, und dann Jessica: »Was zum Teufel machen Sie denn da?«
Jessica war nicht in Stimmung, sich auf irgendwelche Spielchen mit der Dame einzulassen. »Wo ist er?«
Mit einem leicht hämischen Grinsen, das ihre vergilbten Zähen freilegte, fragte die Frau: »Wen meinen Sie?«
Aber Jessica ging gar nicht darauf ein und drängte sich an der Frau vorbei, die ein empörtes »He!« hören ließ. Jessica öffnete die erste Tür rechts: das Badezimmer. Die Wohnung war mit allem möglichen Müll vollgestopft. Im Flur waren kaputte Computertastaturen und andere elektronische Geräte verstreut, die auch nicht funktionstüchtig aussahen. Gegenüber der Eingangstür lag die Küche, wo sich in der Spüle das dreckige Geschirr stapelte. Auf dem Boden lag noch mehr Schrott herum. Jessica hatte nicht einmal darauf geachtet, ob die anderen Beamten ihr gefolgt waren.Sie ging trotzdem ins Wohnzimmer, während die Frau hinter ihr weiter protestierte.
Keine Spur von Lapham.
Als Jessica zurück in den Flur ging, bemerkte sie gegenüber dem Badezimmer eine Tür, die sie vorher im Eifer des Gefechts übersehen hatte.
Die Frau stritt sich gerade mit Cole, und Jessica konnte in all dem Geschrei nur die Worte »meine Rechte« verstehen. Aber sie kümmerte sich nicht darum und öffnete die Tür, die ins Schlafzimmer führte. Gegenüber dem ungemachten Bett hing ein riesiger Flachbildfernseher an der Wand. Auf dem Boden vor dem Bett lag ein grellvioletter Bettbezug. Was unter dem Bett war, konnte Jessica nicht sehen. Sie kniete sich auf den
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