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Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)

Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)

Titel: Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerry Wilkinson
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des Prozesses angefreundet. Sie sprachen leise miteinander, während alle auf den Richter warteten. Sie wirkten so, als hätten sie keine vorgefasste Meinung. Sie hörten wahrscheinlich interessiertzu, ließen sich nicht so leicht einschüchtern, waren aber aufgeschlossen genug, die Meinung anderer zu übernehmen.
    Jessica hatte keine Ahnung, ob ihre Einschätzung der Realität entsprach, aber bei der Polizei erwarb man mit der Zeit eine recht gute Menschenkenntnis. Sie kam zu dem Schluss, dass diese beiden und der mutmaßliche Sprecher diejenigen waren, die es zu überzeugen galt. Die beiden jungen Frauen würden wahrscheinlich zu dem gleichen Urteil kommen und es den anderen gegenüber vertreten. Wer unvoreingenommen war, wirkte auf andere oft besonders überzeugend.
    Als der Richter den Saal betrat, standen alle auf. Er war einfach gewaltig und seine Robe spannte über seinem enormen Bauch. Manchen Leuten stand ihr Körperumfang und er fiel gar nicht weiter auf, aber zu denen gehörte der Richter nicht. Sein Gesicht war rund und gerötet und er keuchte, als wäre er außer Atem. Er nickte zur Begrüßung und alle setzten sich.
    Jessica wurde gebeten, den Gerichtssaal zu verlassen, während die beiden Parteien über irgendeinen Punkt stritten. Dann rief man sie zurück und der Staatsanwalt stellte sie vor. Auf dem Weg zum Zeugenstand spürte sie die Blicke der Geschworenen und sah hinüber. Wie erwartet machte der mutmaßliche Sprecher sich eifrig Notizen, obwohl sie noch gar nicht vereidigt worden war.
    Als sie die Hand auf die Bibel legte, versuchte sie, mit so vielen Geschworenen wie möglich Blickkontakt aufzunehmen. Der Mann im Anzug machte sich immer noch Notizen, und der Junge mit den Ohrstöpseln betrachtete seine Füße. Es gelang ihr aber, den anderen in die Augen zu schauen, und bei den beiden jungen Frauen in der ersten Reihe verweilte ihr Blick ein bisschen länger.
    Sie bestätigte ihren Namen, ihr Alter und ihren Dienstgrad und beantwortete weitere Fragen zu ihrer Person. Wenn eine Partei jemanden als Zeugen aufrief, wurde häufig dessen ganze Lebensgeschichte abgehandelt, um Richter und Geschworene davon zu überzeugen, dass es sich um eine zuverlässige und glaubwürdige Person handelte. Das war für alle Beteiligten ziemlich langweilig.Jessica hätte sich nicht gewundert, wenn man sie auch nach dem Datum ihrer Zeugung gefragt hätte.
    Tom Carpenter beobachtete sie von der Anklagebank aus. Zum ersten Mal hatte sie ihn gesehen, als er sich nach dem Messerangriff gestellt hatte und verhört wurde. Jessica hatte nichts mit dem Fall zu tun gehabt, aber sie hatte ihn mit Hunt durch die Wache laufen sehen. Damals hatte er ganz anders ausgesehen als jetzt, unrasiert und mit verächtlichem Gesichtsausdruck. Jetzt war er adrett gekleidet, trug Anzug, Hemd und dunkle Krawatte. Damals hatte er wirklich ausgesehen wie jemand, der ein Messer bei sich trägt, um auf jeden einzustechen, der ihn schief ansah. Nun wirkte er wie ein anständiger Bürger aus der Vorstadt. Zuverlässig und vertrauenswürdig. Wenn man dagegen Harrys ungepflegte Erscheinung sah, hätte man glauben können, er wäre der Beschuldigte und nicht ein altgedienter Polizeibeamter.
    Jessica beantwortete jede Frage, so gut sie konnte, und sah dabei die Geschworenen an. Die Vernehmung durch den Staatsanwalt war sehr ausführlich. Er fragte, wie lang sie Harry schon kannte und wie ihr Verhältnis war. Außerdem stellte er noch alle möglichen Fragen über Harry, um deutlich zu machen, dass sie ihn gut kannte. Im Grunde kannte sie diesen Eigenbrötler auch nicht besser als andere. Sie sagte aus, er habe sich in ihrem Beisein nie aggressiv gezeigt oder gegen die Dienstvorschriften verstoßen.
    Als der Staatsanwalt fertig war, erhob sich Peter Hunt zum Kreuzverhör. Er sah sie direkt an, zum ersten Mal, soweit sie sich erinnern konnte. Falls er wegen des Vorfalls im Vernehmungsraum noch verärgert war, ließ er es sich nicht anmerken. Seine Stimme wirkte ruhig und beherrscht.
    Er befragte sie zu ein paar Punkten, die sie bereits erwähnt hatte. Vor allem sollte sie noch einmal bekräftigen, dass sie Harry von all seinen Kollegen am nächsten stand. Dann stellte er eine Frage, vor der sie sich gefürchtet hatte. »Wenn Sie Mr Thomas so gut kennen, wie oft haben Sie denn im letzten halben Jahr mit ihm geredet?«
    Es war seltsam, dass jemand Harry einfach als »Mister« titulierte. Natürlich war er kein Detective mehr, insofern stimmtedie Anrede, aber

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