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Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)

Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)

Titel: Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerry Wilkinson
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meisten Leute davon ab, Ärger zu machen. Aber Jessica trug ihr übliches Kostüm. Der für Harrys Fall zuständige Staatsanwalt kam plötzlich wie aus dem Nichts fröhlich auf sie zugeschossen, schüttelte ihr die Hand, stellte sich noch einmal vor und versicherte ihr, dass die Verhandlung bestens lief. Sie hatte zwar etwas anderes gehört, aber nun gut …
    Harry war nirgends zu sehen, aber als der Staatsanwalt sie in den Gerichtssaal Nummer eins brachte, sah sie ihn hinten im Zuschauerbereich. Der Saal an sich war sehr beeindruckend, mit riesig hohen Decken und wunderschöner Holzvertäfelung. Das Richterpult erstreckte sich über eine ganze Seite des Saals und an der Wand dahinter prangte ein riesiges Wappen. Die Geschworenen saßen vom Richter aus gesehen rechts und links von ihm befanden sich die Anklagebank und die Plätze für Bewährungshelfer und Presse. Die Saalmitte war Anwälten und anderen Rechtsexperten vorbehalten, während die Zuschauer hinten, dem Richter gegenüber saßen. Der Zeugenstand befand sich zwischen Geschworenen und Richterpult.
    Jessica setzte sich neben Harry. Er trug einen Anzug ohne Krawatte, war unrasiert und ungekämmt. Er machte einfach einen ungepflegten Eindruck. Er sagte hallo, ließ sich aber auf keine weitere Unterhaltung ein und wirkte irgendwie distanziert. Sie fragte sich, ob er immer noch anschließend mit ihr einen trinken gehen wollte oder ob er sich überhaupt an ihre Verabredung erinnern konnte.
    Dann kam Peter Hunt in den Saal geschlendert, als hätte er den Fall schon gewonnen. Sein Äußeres war wie immer makellos. Er sah Jessica und Harry an, ohne zu grüßen, drehte sich schnell um und setzte sich. Als Leumundszeugin würde die Anklage sie als Letzte aufrufen. Da Harry sich mit seinem Auftritt im Zeugenstand nur selbst geschadet hatte, war sie wahrscheinlich die letzte Chance, den Prozessverlauf positiv zu beeinflussen, bevor der Verteidiger seinen Zeugen aufrief – Tom Carpenter. Der Staatsanwalt wusste, Hunt würde behaupten, Harry hätte Carpenter bedroht und der hätte nur deshalb versehentlich ein Messer bei sich getragen, weil er es in seinem Beruf als Tischler brauchte. Der Streit wäre einfach eskaliert und hätte deshalb böse geendet.
    Jessica sah zu, wie die Geschworenen den Saal betraten, und versuchte, jeden Einzelnen spontan einzuschätzen. Bei zwei von ihnen wusste sie sofort, dass ihnen der Fall ziemlich egal war. Der eine war ein junger Mann, Anfang zwanzig vielleicht, dem Ohrstöpsel um den Hals baumelten. Wahrscheinlich hatte er geradeerst seine Musik abgestellt. Vielleicht hatte ihn sogar jemand dazu auffordern müssen. Er schlurfte in den Saal, schaute die ganze Zeit zu Boden und zeigte nicht das geringste Interesse. Die zweite Person war eine Frau über fünfzig, die schon beim Hereinkommen unglaublich gelangweilt aussah. Wahrscheinlich ärgerte sie sich, weil sie ihr Buch weglegen musste oder etwas in der Art. Jessica nahm an, dass sie sich, wenn es zur Entscheidung kam, einfach der Mehrheit anschließen würden, besonders, wenn das bedeutete, dass sie früher gehen konnte.
    Der ältere Mann ganz vorn war wahrscheinlich der Sprecher. Er wirkte sehr adrett und trug einen Anzug, obwohl der für Geschworene nicht vorgeschrieben war. Er war ohne Zweifel derjenige, der sich am meisten engagieren und die Diskussionen im Geschworenenzimmer leiten würde. Wahrscheinlich sah er sich im Fernsehen jede Menge Gerichtsshows, Polizeireportagen und Krimis an, und dies war seine Chance auf einen großen Auftritt. Er machte sich bestimmt ständig Notizen und hielt sich strikt an die Anweisungen des Richters, den Fall nicht in den Medien zu verfolgen oder außerhalb des Gerichts zu diskutieren. Ganz bestimmt hatte der sie an diesem Morgen nicht auf der Titelseite des
Herald
gesehen.
    Jessica war sich sicher, dass er zwar nicht über den Fall gesprochen hatte, aber wahrscheinlich hatte er jedem, der es hören wollte, erzählt, dass er als Geschworener fungierte und auf keinen Fall über den Prozess reden dürfe. Er sah so aus wie jemand, der es genoss, besser informiert zu sein als andere, und ihnen diese Tatsache mit Freude unter die Nase rieb. Jessica wusste, es wäre nützlich, ihn auf seiner Seite zu haben. Er würde seinen Standpunkt energisch vertreten und wäre nur schwierig dazu zu bewegen, seine Meinung zu ändern.
    An einem Ende in der ersten Reihe der Geschworenenbank saßen zwei Frauen in Jessicas Alter. Es sah aus, als hätten sie sich während

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