Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)
sich um die öffentliche Sicherheit bemühte und dem Täter dicht auf den Fersen war. Und nachdem die früheren Artikel die schleppenden Ermittlungen kritisiert hatten, wurde hier die Hintergrundarbeit der Polizei gelobt. Nur die wenigsten Informationen in diesem Artikel stammten von ihr, und die ließen sich nicht so ohne Weiteres auf sie zurückführen. Es war von »Quellen im Umfeld von Detective Sergeant Daniel« und »hochrangigen Ermittlungsbeamten« die Rede.
Garry hatte wohl seine Hausaufgaben gemacht. Das Foto, das sie diesmal verwendet hatten, eine ältere Aufnahme von ihr in Uniform, war allerdings erneut nicht so toll. Sie erinnerte sich noch daran, wie es aufgenommen worden war, konnte sich aber nicht vorstellen, wie die Zeitung an dieses Foto gelangt war. Auf jeden Fall sah sie darauf jünger aus und auch naiver, fand sie.
Jessica wollte nur kurz zur Wache, um auf dem Weg zum Gericht ein paar Akten abzuholen. Später, wenn sie im Warteraum für Zeugen herumsitzen musste, wollte sie ein bisschen Papierkram erledigen. Gerichtstermine hatten für Polizeibeamte Vor- und Nachteile. Einerseits bekam man einen Tag frei – Jessica musste dabei immer an ihre Schulzeit denken, wenn der Lehrer den Projektor hereinschob und man wusste, dass man die Stunde leicht herumkriegen würde –, andererseits musste man stundenlange Wartezeiten in Kauf nehmen.
Als sie den Empfang der Wache betrat, wurde sie von ein paar Leuten lautstark mit sarkastischen Jubelrufen begrüßt, und noch bevor sie ihr Büro erreichte, deutete der diensthabende Sergeant zur Treppe und sagte: »Er will dich sehen.«
Sie wusste nicht, was sie beim DCI erwartete. Eigentlich konnte er doch nicht sauer sein, diesmal war die Polizei schließlich in einem guten Licht dargestellt worden. Jessica ging hoch, und alssie durch sein Fenster schaute, sah er nicht sehr gut gelaunt aus. Sie klopfte und ging hinein. »DS Daniel.« Sofort bemerkte sie den
Herald
auf seinem Schreibtisch. »Sie haben sich also tatsächlich mit Leuten von der Presse angefreundet«, sagte er und spielte damit auf ihr früheres Gespräch an, als Einzelheiten über den ersten Mord in der Zeitung aufgetaucht waren.
»Eigentlich nicht, Sir. Ich weiß auch nicht, woher er das meiste davon hat.«
»Aber woher er ein paar dieser Informationen hat, wissen Sie schon …«
Jessica sagte nichts, aber das angedeutete Lächeln um seine Lippen ließ vermuten, dass er auch keine Antwort erwartete. Dann sagte er: »Ich habe heute Morgen mit Superintendent Davies gesprochen und er war hocherfreut über die aktuelle Berichterstattung der Medien. Geradezu begeistert. Und er hat mich gebeten, Ihnen das mitzuteilen.«
Aylesbury machte eine Pause, um ihr die Möglichkeit zum Antworten zu geben. Sie sagte aber nichts, verzog keine Miene und wartete darauf, dass er fortfuhr. »Er hat auch gesagt, Sie sollen sich keine Sorgen wegen Peter Hunt oder einer internen Ermittlung machen. Seine genauen Worte waren: ›Sagen Sie Ms Daniel, ich kümmere mich darum.‹«
Jessica lächelte schwach. »Danke, Sir.«
»Ich muss Sie natürlich auf Ihre Pflichten im Umgang mit Opfern, Zeugen, Verdächtigen und deren Rechtsbeiständen aufmerksam machen …«
»Natürlich, Sir.«
»In Ordnung. Genießen Sie Ihr Treffen mit Mr Hunt vor Gericht. Er wird bestimmt entzückt sein, Sie so schnell wiederzusehen.«
E INUNDZWANZIG
Manchester verfügt über zwei Crown Courts, Gerichtshöfe, die für schwere Verbrechen zuständig sind. Jessica war schon öfter im Crown Court in der Minshull Street im Norden der Stadt gewesen, da die Fälle aus ihrem Bezirk meist dort verhandelt wurden. Aber Prozesse in besonders schwerwiegenden Fällen und solchen, die von den Magistrates’ Courts weitergeleitet worden waren, fanden für gewöhnlich im Gericht am Crown Square statt. Da in diesem Fall das Opfer ein Polizeibeamter war, stand von vornherein fest, dass die Verhandlung dort stattfinden würde.
Es ging dort nicht anders zu als in den meisten Gerichtsgebäuden. Leute starrten nervös auf Hinweistafeln, um herauszufinden, wohin sie mussten. Anwälte und Gerichtsdiener eilten aus verschiedenen Nebenräumen in die Gerichtssäle oder sprachen mit Zeugen und Angeklagten. Einige Leute saßen auf unbequemen Plastikstühlen herum, sahen immer wieder auf die Uhr und hantierten mit ihren Handys.
Wenn uniformierte Polizisten als Zeugen auftraten, wurden sie gern in die öffentlichen Wartebereiche gesteckt, denn ihre Präsenz hielt die
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