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Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Titel: Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H. Reichholf
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Fehlen der Beine aber als natürlich angesehen wurde, war kein Ruhmesblatt für die Museumszoologen. Es verbreitete sich die Mär, diese Vögel würden nur in der Luft leben, sich nie auf den Boden oder die Bäume niederlassen und sich auch in der Luft paaren. Paradisea apoda nannten sie den Wundervogel, den »Fußlosen«!
    Zurück zum Fliegenpilz und zu den Märchen. Rotkäppchen sammelt Pilze und trifft dabei auf den bösen Wolf. Das rote Käppchen steht in der psychologischen Deutung für die halluzigenen Fliegenpilze, die das Mädchen sammelt. Der böse Wolf symbolisiert die Angst, die von der Fliegenpilzdroge übersteigert oder auch zu einem guten Ende gebracht werden kann. Vergrößerung oder Verkleinerung von Lebewesen gehört zu den wiederkehrenden Themen in den Märchen. ›Hänschen im Blaubeerenwald‹ wird so klein, dass die Heidelbeerbüschchen für ihn so groß wie Bäume aussehen und ihre Beeren kaum zu tragen sind. Die schwedische Kinderbuchautorin Elsa Beskow (1874 bis 1953) führte damit die Tradition des Dänen Andersen (1805 bis 1875) fort. Beide kannten möglicherweise den Ursprung des Mythos von der Verkleinerung und den Zusammenhang mit den Fliegenpilz-Drogen nicht mehr. Die ›Weisen Frauen‹, die Hexen, waren ein Jahrhundert vor ihrer Zeit bereits so gut wie ausgerottet. Nur Anklänge an ihr Wissen überdauerten in Märchen und Mythen die Hexenverfolgungen. Norbert Bischof hat das im ›Kraftfeld der Mythen‹ höchst eindrucksvoll dargelegt. Wir können in unserer Zeit, die sich so aufgeklärt gibt, aber dennoch Harry Potter den Sachbüchern und anderer Literatur vorzieht, die Märchen nicht einfach als Kindereien und die Mythen als Ausdünstungen ferner, unaufgeklärter Zeiten abtun. Nicht nur in Harry Potter feiert das geheimnisvolle Unmögliche höchst erfolgreich Urständ, sondern auch in der mit den Dinosaurierfunden und -filmen verbundenen Dinomanie. Nicht gerade als verrückt zu bezeichnende Forscher suchen in den Sümpfen des Kongobeckens, im Herz der Finsternis , nach dem Mokele , bei dem es sich ebenso um einen überlebenden Dinosaurier handeln soll wie bei Nessie im schottischen Loch Ness.
    Die geheimnisvoll »verborgene Tierwelt«, mit der sich die »Cryptozoologie« befasst, steht in diesem Buch nicht zur Debatte. Unentdeckte Arten gibt es zuhauf. Millionen sind es sicherlich, viele Millionen, die wissenschaftlich noch ihrer Erforschung harren. Zoologen, Botaniker und Mikrobiologen arbeiten intensiv an der Erfassung der Lebensvielfalt der Erde. Ihre Methoden sind nachvollziehbar. Ihre Erfolge werden in umfangreichen Datensammlungen gespeichert. Im Jahre 2007 wurden 18516 Arten von Tieren und Gefäßpflanzen neu beschrieben. Unter den Neuen waren aber nur 219 Arten von Säugetieren und 36 Vogelarten. Fast alle wurden über molekulargenetische Methoden erkannt. So sind die Arten zwar neu, aber nicht ganz anders. Um derartige Neuentdeckungen geht es gleichfalls nicht. Ihnen widmet sich das große Heer der Taxonomen und Systematiker in den Forschungsmuseen und in vergleichbaren Forschungseinrichtungen. Dort hat man das Neue in der Hand. Man muss es diagnostizieren, benennen und einordnen.
    Überlebende Dinosaurier wie das Mokele oder Nessie gehören zu den unmöglichen. Die Vielzahl der Saurierknochen, die nahezu global gefunden wurde, drückt in ihrer Menge wie in ihrer Vielfalt aus, dass diese Tiere seit vielen Millionen Jahren nicht mehr existieren. Nach wie vor bildet die erdgeschichtliche Grenze zwischen der Kreidezeit und dem Tertiär auch die Grenze ihrer Existenz. Sie liegt 65 Millionen Jahre zurück. Das ist mehr als das Tausendfache der Zeit, die seit der Endphase der letzten Eiszeit verstrichen ist. Eiszeitriesen wie Mammut, Wollnashorn oder die sogenannten Höhlenlöwen in Europa sind in Bezug auf die so lange schon ausgestorbenen Dinosaurier Tiere von vorgestern. Große, inzwischen komplett ausgestorbene Tiere gab es noch vor wenigen Jahrtausenden oder wenigen Jahrhunderten. Die Moas, Riesenstrauße von Neuseeland, wurden von den Maoris ausgerottet, als diese vor rund tausend Jahren auf die vorher menschen- und säugetierfreien Inseln kamen. Den Elefantenvogel ( Aepyornis maximus ) von Madagaskar gab es höchstwahrscheinlich noch bis ins 17. Jahrhundert. Der gigantische Vogel erreichte mit normal gestrecktem Hals eine Höhe von fast drei Metern. Sein Gewicht wird auf etwa 450 Kilogramm geschätzt. Das über 30 Zentimeter lange Ei entsprach im Inhalt etwa

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