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Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Titel: Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H. Reichholf
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Langstreckenflügen gegen den inneren Rhythmus.
    Das Grundmuster erhält Abwandlungen, je nachdem wie nah oder wie fern der tag- und nachtgleichen Tropen der Ort liegt, an dem ein Kind aufwächst. Wir Menschen sind »Kinder der Tropen«. Unsere Urheimat lag im innertropischen Afrika. Unser Stoffwechsel ist noch heute nach mehr als 70000 Jahren, die unsere Vorfahren schon außerhalb von Afrika lebten, auf tropische Verhältnisse eingestellt. Unser Grundumsatz an Energie liegt ganz typisch im tropisch-niedrigen Bereich. Deshalb frieren wir leicht, zumal wenn die Außentemperatur unter 27 Grad Celsius abgesunken ist. Bei 27 Grad befindet sich unser Körper im sogenannten Thermoneutralzustand. Das bedeutet, dass er unbekleidet ohne nennenswerte Anstrengung intern gerade so viel Wärme erzeugt, wie durch Wärmestrahlung nach außen abgegeben wird. Sinkt die Temperatur, brauchen wir Bekleidung und zwar umso dickere, je kälter es wird. Über 27 Grad setzt das kühlende Schwitzen ein. Die Bekleidung verschiebt diese Beziehung ein wenig, aber ändert sie nicht grundsätzlich. Deshalb empfinden wir ein Sommerwetter mit etwa 25 Grad Außentemperatur als ideal, Werte unter 20 Grad als zu niedrig und über 30 Grad als schweißtreibende Hitze. Dem Kleinkind geht das nicht anders, vor allem dann nicht, wenn es, wie in früheren Zeiten üblich, eigentlich nackt herumlaufen (können) sollte. Das geht eben nur innerhalb der Tropenzone, wo im wechselfeuchten Bereich lediglich ein Wechsel zwischen Regen- und Trockenzeiten stattfindet, nicht aber zwischen Sommer und Winter. Temperatur und Licht wirken daher im wirklichen Leben eng zusammen. Bei viel Licht und hoher Lichtstärke ist es warm und umgekehrt. Licht beeinflusst das Wachstum, nicht nur beim Menschen, sondern auch beim Vieh. Tiere wählten nach Möglichkeit die Paarungszeit so, dass der Nachwuchs zur günstigsten Zeit geboren wird. Wo sich die Kontrolle nicht lohnte, weil sie zu aufwändig gewesen wäre, tötete man den zur falschen Zeit gekommenen Nachwuchs einfach. Die »Herbstkätzchen« sind ein noch in unserer Zeit bekanntes Beispiel dafür. Sie entwickeln sich in der Regel weit weniger gut als im Frühjahr und Frühsommer geborene Kätzchen. Häufig kränkeln sie. Nicht sterilisierte, frei laufende Hauskatzen entziehen sich der Kontrolle, produzieren aber selbst weit weniger solche jahreszeitliche Spätgeburten als an sich möglich wären. Ganz allgemein ist die Fortpflanzungszeit der größeren Tiere sehr klar in ihren jeweiligen Jahresrhythmus eingepasst. Wir müssten also eigentlich die umgekehrte Frage behandeln, warum wir Menschen uns eine jahreszeitlich »freie« Fortpflanzung leisten konnten.
    Von einem grundsätzlichen Einfluss der Jahreszeit auf das Gedeihen des Menschenkindes muss daher ausgegangen werden. Dass er von den »Kundigen« übertrieben wird, ist bekannt und in unserer Zeit nicht anders. Auch wir sind unablässig Übertreibungen ausgesetzt, auch wenn sich diese als Nachrichten oder seriöse Prognosen ausgeben. Der bloße Geburtstermin würde aber in der Tat zu wenig aussagen, wie das Neugeborene in den Jahresrhythmus hineinkommt. Denn es hat neun Monate Vorgeschichte im Mutterleib. Diese neun Monate überstreichen die Zeit von neun Tierkreiszeichen. In den zugehörigen Monaten herrschen von Natur aus in der Natur unterschiedliche Angebote an Nahrung, Licht oder Betätigung der Schwangeren. Diese Außenfaktoren wirken auf den Fötus ein. Er entwickelt sich zwar kontinuierlich, aber keineswegs so gleichmäßig wie ein wachsender Kristall. Die verschiedenen Differenzierungsprozesse haben ihre Zeit. Jedes heranwachsende Lebewesen hat eine Zeitstruktur; eines, das wie der Mensch ein sehr langes Wachstum durchmacht, eine entsprechend differenziertere als ein schnell heranwachsendes und kurzlebiges. Die Grobstruktur der vier Jahreszeiten bekommt daher über die Einflüsse, die auf den Köper der Mutter wirken und die auf den Fötus weiterwirken können, eine Feinstruktur. Diese rechtfertigt die Unterteilung in etwa monatslange Abschnitte, in die zwölf Tierkreiszeichen. Die Tiere haben darin wenig zu bedeuten. Der Jahresrhythmus im Detail aber durchaus viel. Dass sich die sieben konkreten Tiere einigermaßen nachvollziehbar in den Jahreslauf einfügen, mag hilfreich, aber nicht unbedingt notwendig gewesen sein.
    Für unseren Kulturkreis im Bereich der nördlichen Breiten mit gemäßigtem Klima fällt es leicht, einen Jahreslauf zu konstruieren, zu dem

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