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Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Titel: Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H. Reichholf
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große Kapriolen schlagen, es wird die Prägung durch den Jahresrhythmus nicht überdecken können. Das ist 20 bis 30 Breitengrade weiter südlich ganz anders. Eine Unterteilung des Jahreslaufes in konkrete Zeitabschnitte, die sich am Stand der Gestirne eindeutig ablesen lassen, stellte für die von »Fernwasserversorgung« und saisonalen Niederschlägen abhängigen Kulturen eine grundlegende Notwendigkeit dar. Ihr vorgeschaltet und damit noch weiter zurück in die Vergangenheit reichend, war die entsprechende Zeitbestimmung für die Hirtennomaden und für die Stämme, die noch als Jäger und Sammler umherstreiften. Denn auch das Wild hat Jahreszyklen. Geburt der Jungtiere, oftmals auf einen kurzen Zeitraum synchronisiert, Paarungszeit und vor allem aber die Abfolge der weitläufigen Wanderungen bestimmten die Jahreszeit. Das Wild hatte sich nach den Niederschlägen und der davon ausgelösten Entwicklung des Grases zu richten – wie die Hirtennomaden mit ihrem Vieh auch. Die Witterung schwankte, wie sie das seit eh und je tut, aber auf den Jahresrhythmus war Verlass. Deshalb war es schon vor der Entwicklung der Ackerbaukulturen angebracht, die Zeichen des nächtlichen Sternenhimmels richtig zu deuten. Die Entstehung der ersten Hochkulturen hing wohl auch mit der Möglichkeit zusammen, die Zeit in den Griff zu bekommen. Warum der Stand der Gestirne mit Bildern belegt wurde, wissen wir zwar nicht, aber wir können gut begründete Vorstellungen dazu entwickeln. Dazu mehr im nächsten Abschnitt.
    Der vor über zweitausend Jahren festgelegte zwölfjährige Rhythmus des chinesischen Tierkreises hat sich längst von dem der Sonnenflecken so weit entfernt, dass kaum noch Übereinstimmungen zustande kommen. Die Sonne erzeugte auch nicht konstant genug diesen »dodekadischen Rhythmus«. Es gab Zeiten, wie im 16. Jahrhundert, da fielen die Sonnenflecken mehrere Perioden lang gänzlich aus. Die Folge war die schlimmste Zeit für die Menschen in der ›Kleinen Eiszeit‹. Noch viel stärker verändert und ganz massiv abgeschwächt in der Wirkung wurde der westliche Jahreszyklus mit der Einführung des künstlichen Lichts und dem globalen Güteraustausch. Seit gut einem Jahrhundert steuern wir mit dem Kunstlicht gegen den Jahresgang des Hell-Dunkel-Wechsels. Nahrung steht in guter Qualität rund um das Jahr nahezu gleichmäßig zur Verfügung. Der Jahresrhythmus scheint ausgedient zu haben – und mit ihm die Tierkreiszeichen als Kalender, der von der Witterung nicht verändert werden kann. Längst verfügen wir über einen perfekten Kalender. Wir sind unabhängig geworden von der Außenzeit. Doch mitunter bekommen wir die Wirkung der Rhythmen doch ganz kräftig zu spüren, wenn uns die »Frühjahrsmüdigkeit« plagt oder die »Herbstmelancholie« überkommt. Mit künstlicher Hormonregulation können die Frauen ihr Auf und Ab im Monatszyklus regulieren und dessen turbulentes Ende im Klimakterium abmildern. Umso mehr beharren dennoch viele Frauen auf dem Horoskop, das einst nicht viel mehr als ein guter Jahreskalender gewesen war.

Sternbilder
    Sicherlich schon lange vor Festlegung der Tierkreiszeichen hatten sich Menschen Sternbilder gemacht. Ein ganzes Bündel von Fragen lässt sich daran knüpfen. Offensichtlich ist, dass es diese Bilder gar nicht gibt. Die Vielzahl der winzigen Lichtpunkte unterschiedlicher Helligkeit am dunklen Nachthimmel gruppiert sich nicht zu Mustern, geschweige denn zu Bildern. Nicht einmal der Orion, das wohl markanteste Sternbild, würde unvoreingenommen und ohne Kenntnis des ihm verliehenen Namens als solcher erkannt werden. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass seit alten Zeiten die Sterne zu Bildern gruppiert worden sind und zwar zu sehr irdischen Bildern von Tieren, Menschen und Mythen. Am Anfang mögen die Plejaden gestanden haben, das »Siebengestirn«, von dem jedoch nur sechs eng beisammen stehende Sterne zu sehen sind. Die »Sieben« ist allegorisch zu verstehen. Wann es tatsächlich zur ersten Benennung von Sternkonstellationen gekommen ist, wissen wir ebenso wenig, wie wir den Ort oder die Region kennen, wo das geschah. Die ältesten Observatorien, in aller Regel handelt es sich dabei um bearbeitete oder speziell errichtete Steine, geben kaum mehr als ungefähre Vorstellungen, denn ihrer Errichtung waren sicher lange Zeiten vorausgegangen, in denen die Sternkonstellationen bereits benannt worden waren. Es ist anzunehmen, dass schon Menschen der Altsteinzeit ihre Blicke zu den

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