Einige sterben schneller! (German Edition)
richtig fies aus. Jonny hatte einen harten Schädel und die Verletzung mit der Flasche war schon wieder etwas verheilt und brauchte nicht genäht zu werden. Sein Gebiss war weniger standhaft, er hatte bei der Prügelei einen Schneidezahn verloren. Dafür taten mir meine gerade wieder verheilten Rippen erneut weh.
Wie Greise schleppten wir uns zum Busbahnhof. Unser Bus kam tatsächlich, aber mit über einer Stunde Verspätung. Eine gute Zeit, wie die meisten anderen Mitreisenden meinten, soweit wir diese verstehen konnten. Der Bus war etwa zu einem Viertel besetzt und wir fanden genug Platz für das Gepäck sowie zwei Sitzplätze nebeneinander. Wir hatten eine preiswerte Buskategorie gewählt, also ohne Klimaanlage und sonstigen großen Komfort. Außerdem hielt der Bus, wie bei uns die kleinen Regionalbahnen, überall und brauchte somit für die Reise wesentlich länger wie die Expressbusse, die nur in den größeren Ortschaften anhielten. Das spielte für uns aber keine Rolle, wir hatten Zeit.
Die Mitreisenden stammten aus den ärmeren Bevölkerungsschichten. Einige fuhren ihre Ware zum Markt, oder kamen von diesem zurück. Andere sahen so aus, als wollten Sie Verwandte besuchen, oder auf dem Weg zu einem neuen Arbeitsplatz. Eine Frau bot uns selbstgemachtes Gebäck an, ein Mann einen Schluck Schnaps aus seiner Flasche. Irgendwie ein nettes und lustiges Völkchen.
Die Reiseroute führte durch das Landesinnere Richtung Teresina. Dieses riesige und wunderschöne Land war mit seinen etwa 200 Mio. Einwohnern vergleichsweise gering besiedelt, denn die größte Bevölkerungsdichte war wie überall auf der Welt in den Großstädten. Wir durchfuhren z.T. stundenlang die
Gegend, ohne auf größere Ansiedlungen zu stoßen. Das war fast wie eine Busfahrt durch den Urwald. Ich hing die ganze Zeit am Fenster und betrachtete die Umgebung, die so schön und zumindest auf den ersten Blick unberührt war. Auch Jonny war begeistert, im Gegensatz zu den anderen Mitreisenden, die die Landschaft seit ihrer Kindheit kannten und sich lieber mit Gesprächen oder anderen Dingen wie Lesen oder Musikhören beschäftigten.
Die Busbesatzung bestand aus zwei Fahrern, die sich abwechselten, so dass wir praktisch am Stück die Strecke zurücklegen konnten. Das war aber nur Theorie, denn der Bus hielt nicht nur an den Haltestellen, sondern machte auch häufige Zwischenstopps für Pinkelpausen, zum Tanken oder um Proviant und Getränke einzukaufen. Der Zustand der Straßen war entsprechend schlecht und in jeder Ansiedlung gab es Borracharias – kleine Werkstätten am Straßenrand, die bei Reifenpannen die Reifen flickten oder schlechte Gebrauchte montierten. Auch wir waren froh, diesen Service mehrmals in Anspruch nehmen zu dürfen. Reservereifen hatten die Busse sowieso mit dabei.
Abends, schliefen wir im Bus, der Dank des zweiten Fahrers immer noch bewegt wurde. In der Nacht war deutlich weniger Verkehr, dafür musste der Fahrer aber doppelt so aufpassen, denn die schlechten Straßen waren unbeleuchtet und Tiere passierten die Straße häufig, oder es lagen Gegenstände dort.
Bis auf einen gerissenen Keilriemen, der uns fünf Stunden unbeabsichtigten Aufenthalt bescherte, denn ein Ersatzriemen war nicht im Bus und die Werkstatt musste diesen erst in der nächsten größeren Stadt besorgen, verlief die Reise ohne nennenswerte Vorkommnisse. Und ganz ehrlich, in einer Zeit, wo alles sehr hektisch ist, genoss ich diese Busreise in der wundervollen Landschaft ohne Zeitdruck und Stress sehr.
Nach drei Tagen Fahrt erreichten wir die erste große Stadt, Teresina im Landesinneren. Unser Bus endete hier und fuhr morgen die Strecke zurück. Der weiterführende Bus nach Salvador Richtung Süden zurück an die Küste sollte laut Fahrplan heute Abend um 18.00 Uhr losfahren. Wir hatten noch etwa 4 Stunden Zeit und beschlossen erst einmal wieder etwas richtiges Essen zu gehen und dann Proviant und Getränke für die Fahrt zu besorgen. Kurz vor 18.00 Uhr waren wir wieder am Busbahnhof und diesmal fuhr der Bus sogar fast pünktlich ab, wohl auch deshalb, weil es die erste Station war. Bis kurz vor 20.00 Uhr war der Bus überfüllt, da viele Arbeiter diesen für die Heimfahrt nach Hause nutzten. Gepäck hatten die Arbeiter aber so gut wie keines dabei. Diesmal bestand unsere Busmannschaft aus zwei jungen Fahrern, die entsprechen aggressiv fuhren. Einige überfahrende Hunde, ein Moppedfahrer, der in einem Graben gedrängt wurde sowie mehrere
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