Einige werden überleben
mehr. Sie waren entfernte Bekannte geworden.
Überraschenderweise zögerte der Mann nicht merklich, bevor er Antwort gab. „Ich heiße Gustav Berendtsen. Meine Frau heißt Carol.“ Der Klang der Stimme hatte sich geändert. Garvin glaubte jetzt deutlich, die leisen Spuren eines erfreuten Lachens in Berendtsens Stimme ausmachen zu können. „Mit ihm fertig geworden, was? Gut. Hervorragend! Man freut sich, wenn man Nachbarn hat, auf die man sich verlassen kann.“ Die Stimme verlor etwas von ihrer Klarheit, als Berendtsen offensichtlich seinen Kopf von dieser Wandseite wegdrehte. „Du kannst die Kanone jetzt wegpacken, Mops. Die Leute sind selbst mit der Sache fertig geworden.“
Im Gang draußen klickte ein Sicherungshebel, und Schritte, die jetzt nicht mehr vorsichtig waren, entfernten sich von Garvins Haustür. Dann ging die Haustür der Berendtsens auf und zu, und neben Berendtsen meldete sich eine schüchterne Stimme von der anderen Seite der Wand.
„Tag. Ich heiße Carol Berendtsen. Ist …“ Sie hörte auf zu sprechen, als sei sie sich ebenso wie Margaret und Garvin ihrer Sache nicht sicher in dieser seltsamen Situation, die sich hier jenseits der Regeln plötzlich entwickelt hatte. Sie war aber nur einen Augenblick still. „Ist wirklich alles in Ordnung?“
„Klar ist alles in Ordnung, Mops!“ unterbrach sie die Stimme Berendtsens hinter der Wand. „Hab’ ich dir doch gesagt, daß das verdammt vernünftige Leute sind, die da wohnen. Die mischen sich nicht in die Angelegenheiten von anderen Leuten ein. Leute, die das wissen, kümmern sich darum, daß dies auch sonst niemand tut.“
„Schon gut, schon gut, Gus.“ Garvin und Margaret konnten sie noch deutlich hören. Ihre leise Stimme war klar genug, daß sie auch noch durch das Mauerwerk zu hören war. Dann fügte sie mit noch leiserer Stimme hinzu: „Es ist lange her, daß ich Leute nur reden gehört habe.“ Garvin drückte Margarets Hand, als sie sie hörten.
„Sicher, Mops, sicher. Aber ich habe dir schon immer gesagt, daß das nicht immer so bleiben wird. Ich …“ Er hob seine Stimme ein wenig. „Hallo, ihr Garvins! Ich habe eine Idee – und außerdem habe ich noch eine Flasche Haig hier in der Wohnung. Wie wäre es mit einem Schluck davon? Wir kommen rüber“, fügte er hastig hinzu.
Garvin sah Margarets besorgtes Gesicht und ihre zitternden Lippen an. Er fühlte, wie sich die Muskeln seines eigenen Gesichts verkrampften.
„Bitte, Matt?“ fragte Margaret.
Sie hatte recht. Die Chance war zu groß, um sie einfach auszulassen.
„In Ordnung, Schatz“, sagte er. „Aber hol mein Gewehr und sichere die Haustür vom Gang aus“, fügte er leise hinzu.
„In Ordnung!“ sagte er mit lauterer Stimme. „Kommt rüber.“
„Wir kommen“, gab Berendtsen zur Antwort. „Noch einen Augenblick.“
Die Worte hörten sich ziemlich freundlich an, dachte Garvin.
Er hörte, wie Margaret zurück in den Gang ging. Sein Gehör registrierte automatisch das leichte Knarren, das das Leder des Trageriemens machte, als sie das Gewehr aufnahm, um die Haustür zu sichern.
Und dann hörte er leise Carol Berendtsens Stimme durch die Wand.
„Ich … ich weiß nicht“, sagte sie zu Gus mit unsicherer Stimme. „Meinst du, das geht in Ordnung? Ich meine, ich habe mit keiner Frau mehr gesprochen seit … Was wird sie denken? Ich habe keine guten Kleider mehr. Da ist auch noch ein fremder Mann drin … Gus, ich sehe so … ich schäme mich!“
Und dann Berendtsens Stimme, unbeholfen aber sanft, deren Kraft in Zärtlichkeit umgeschlagen war. „Ach was, Mops, sieh doch mal. Das sind Leute wie wir. Meinst du vielleicht, die hätten Zeit für Spitzen? Du bist genau richtig angezogen, da könnte ich wetten. Und warum sollst du dich schämen, daß du eine Frau bist?“ Dann folgte einen Augenblick Stille. „Ich möchte wetten, daß du hübscher bist als sie.“
„Das will auch ich stark hoffen, daß du dieser Ansicht bist!“
Etwas in Garvin löste sich. „Ich glaube, das Gewehr kannst du weglegen, Schatz“, sagte er zu Margaret. Er sah ihren unsicheren Ausdruck und nickte, um seine Worte zu bekräftigen. „Ich bin mir ziemlich sicher.“
Garvin schenkte sich noch einen Fingerbreit Scotch ein. Er hob sein Glas wortlos zu Berendtsen, der grinste und ebenfalls sein Glas erhob. Gus lachte. Der sanfte, kontrollierte Klang erhob sich weich aus seinem massiven Brustkorb. Das Glas war in seiner Hand, die so groß wie eine Schaufel war und sogar im
Weitere Kostenlose Bücher