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Einige werden überleben

Einige werden überleben

Titel: Einige werden überleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Algis Budrys
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zitternden Licht und den schwankenden Schatten, die die flackernden Leuchtkugeln unter ihren Fallschirmen warfen, wirkten sie wie Gestalten aus einem Alptraum.
    Er warf einen Blick über seine Schulter und hielt abrupt an. Einer seiner Männer war neben einer der Leichen stehengeblieben und versuchte, sie wegzuschleppen.
    „Laß ihn liegen!“ rief Garvin. Die Leuchtkugel fiel in den Schnee und tauchte den Mann in ein scharfes Licht. „Weiter!“
    Die drei restlichen Leuchtkugeln waren immer noch hoch oben in der Luft und sanken langsam nach unten. Sie befanden sich jetzt nur wenig unter der Höhe der Dächer, immer noch weit höher als die meisten Schützen. Der Mann zerrte noch einmal an der Leiche und gab es dann auf, aber er wurde immer noch von der Leuchtkugel auf dem Boden, die trotz des Schnees nicht verlöschte, sondern weiterbrannte, hell angestrahlt.
    Der Mann rannte los. Garvin und die sieben anderen Männer, die in den komplizierten Schatten unsichtbar geworden waren, standen wortlos da und beobachteten ihn.
    Als er schließlich niedergeschossen wurde, fluchte Garvin und ein weiterer Mann ein einziges Mal, fast im Chor. Dann glitten sie um eine Hausecke, hasteten über den letzten Hof und hinein in ihr eigenes Haus. Währenddessen senkten sich die drei restlichen Leuchtkugeln zu den vier Leichen herab, und von den Heckenschützen kam ein triumphierendes Grölen.
     
    „So schlimm war es noch nie“, sagte Berendtsen mit steinernem Gesicht und kalten Augen. Er saß bei Garvin am Tisch des Wohnzimmers. „An Leuchtkugeln habe ich nie gedacht. Jetzt ist Schluß. Es geht hier nicht mehr darum, daß sie eine Konkurrenz beim Plündern sind. Sie schneiden uns die Zufahrtswege ab.“
    Garvin nickte. „Wir hatten noch Glück; wenn sie nicht mit den Leuchtkugeln gepatzt hätten, wären es mehr als vier Opfer geworden.“ Er drehte sich in seinem Stuhl um und sah zu den anderen Männern im Wohnzimmer hinüber. Sie vertraten alle Familien in dem Haus. In ihren Gesichtern sah er, was er erwartet hatte: grimmige Konzentration, Ratlosigkeit und Angst, in unterschiedlicher Ausprägung, aber insgesamt durchaus gleichrangig. Ein Mundwinkel zuckte nach oben, als er sich wieder Gus zuwandte. Zwischen diesen Männern und den Heckenschützen gab es keine Unterschiedsmerkmale. Sie hatten in gewisser Weise Angst vor sich selbst. Sie hatten aber auch Grund dazu.
    „Gut“, sagte Berendtsen rauh, „wir hatten Glück. Aber dabei können wir es nicht bewenden lassen. Das war doch nur ein Anfang. Wenn wir es so weiterlaufen lassen, dann hungern sie uns hier völlig aus.“
    Garvin fragte die Männer: „Hat jemand einen Vorschlag?“
    „Ich kapiere das nicht“, sagte einer von ihnen mit weinerlicher Stimme. „Wir haben die doch gar nicht gestört.“ Garvin setzte ihn in Gedanken auf die Liste der Ängstlichen.
    „Erzähl keinen Mist, Howard!“ fiel einer der anderen Männer ein, bevor Garvin seine Ungeduld zeigen konnte. Matt erkannte ihn. Er hieß Jack Holland. Sein Vater war einer der Männer gewesen, die am Anfang des Angriffs niedergeschossen worden waren. Als Gewehr trug er ein abgegriffenes, angeschlagenes Spielzeug, das offensichtlich die zweit- oder drittbeste Waffe der Familie war. Es gelang ihm aber trotz seines jugendlichen Gesichts, das lächerliche Kleinkalibergewehr mit einer Aura des Todes zu umgeben. Garvin warf einen kurzen Blick auf Berendtsen.
    Gus nickte mit der fast vollkommenen Verständigung, die zwischen den beiden Männern gewachsen war. Solange Holland für sie sprach, waren ihre Worte nicht notwendig.
    „Wir sind hier in der Nachbarschaft die fetteste Beute“, sprach der Junge weiter. Seine Stimme und seine Augen wirkten älter als er selbst. „Außerdem hungern bei denen sicher etliche Frauen und Kinder, weil wir die ganzen Läden in der Umgebung ausräumen. Wir haben denen ganz schön was getan.“
    Garvin nickte Berendtsen zu. Dem komplizierten Netz von Urteilen und Entscheidungen, das er in seinem Kopf geknüpft hatte, wurde ein neuer Faktor zugefügt. In ein paar Jahren würden sie einen weiteren guten Mann auf ihrer Seite haben.
    Einen Augenblick verlor er sich in Gedanken über die Pläne, die nun in seinem Kopf soweit gediehen waren, aber in den letzten Jahren erst Stück für Stück hatten wachsen müssen. Die Zweite Republik, über die er immer noch lächelte, aber nicht mehr so breit wie früher, war gewachsen. Die Zeit, die nötig war, bis sie das ganze Haus umfaßte, hatte ihm

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