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Einige werden überleben

Einige werden überleben

Titel: Einige werden überleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Algis Budrys
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auf und bemerkten, daß Matt ihren Gesichtsausdruck prüfte. Jim sah, daß Holland langsam nickte, und er tat dasselbe, weil Ted recht hatte.
    Ja, dachte Jim, er hat recht. Wieder einmal. Er wußte einfach immer die richtigen Antworten, das konnte man nicht abstreiten.
    „Das wird viele Tote geben“, sagte Jim, aber gewissermaßen nur für die Geschichtsaufzeichnungen. Ob es sie geben und wie sie aussehen würden, wußte er nicht.
    Berendtsens Gesicht entspannte sich. Jim glaubte einen Augenblick lang, daß er es irgendwie geschafft habe, Gedanken zu lesen. „Ich weiß“, sagte er sanft. Jim brauchte ein paar Sekunden, bis sein Anflug von Aberglaube verflogen war und er sich klarmachte, daß Ted seine ausgesprochene Bemerkung beantwortet hatte.
     
    „Na, was hat denn der große weiße Vater diesmal ausgebrütet?“ Bob stellte die Frage in sarkastischem Ton.
    Jim sah seinen jüngeren Bruder müde an. „Nur ein paar Ideen, was demnächst in Angriff zu nehmen ist.“
    Die ausweichende Antwort entmutigte Bob wenig, und Jim wurde klar, daß er ihm nur einen Köder hingeworfen hatte.
    „So? Wann übernimmt er den Laden denn?“
    „Verdammt noch mal, hör endlich auf mit deiner fixen Idee und laß mich in Ruhe!“ explodierte Jim.
    „Nein, ich lasse dich nicht in Ruhe!“ gab Bob zurück. Er hatte einen roten Nacken, aber seine Augen glitzerten in einer Art perverser Freude darüber, daß es ihm gelungen war, Jim auf die Palme zu bringen. „Dir macht das Denken vielleicht keinen Spaß, aber deshalb werde ich dir doch deine tägliche Ration verabreichen. Berendtsen rückt in Richtung auf Vaters Stellung vor, so schnell er nur kann, und das weißt du auch. Er hat den Geruch von Macht in die Nase bekommen, als er wie ein Schlächter in die West Side eingefallen ist. Jetzt ist er gierig auf eine Chance, die Sache in größerem Maßstab zu wiederholen. Und du und Jack, ihr sitzt nur herum und laßt es zu, daß er Vater soviel herumstößt, wie es ihm gerade paßt!“
    Jim holte tief Luft und sah Bob eine volle Minute fest an, bevor er es sich zutraute, ihm zu antworten. In seinem Innersten hatte er Angst vor diesen Wortschlachten mit seinem Bruder, wie er sich selbst eingestand. Bob hatte eine Menge Bücher gelesen. Ständig stöberte und schnüffelte er in der Stadt herum. Manchmal kampierte er wochenlang ununterbrochen in Büchereien oder brachte Bücher im Rucksack mit nach Hause, die er sorgfältig eingepackt hatte und mit denen er behutsamer umging als mit seinem Gewehr. Wenn Bob sprach, paßten seine Worte glatt ineinander. Er knüpfte mit sorgfältig aufgebauten Argumenten Netze, in die man sich verstrickte, bis man sich selbst bei dummem Schweigen ertappte, während Bob nur dastand und einen mit den Augen verhöhnte und Peitschenhiebe mit seinem Grinsen verteilte.
    „Also zuerst mal …“, fing er an. Er mußte seine Worte gegen die barrikadierende Vorstellung herauszwängen, daß Bob offensichtlich geduldig darauf wartete, bis er sich eine Blöße gegeben hatte und angreifbar geworden war. „Teds Verstand gibt ihm das Recht, bei unseren Besprechungen dabeizusein. Er gehört da verdammt viel mehr hin als ich, laß dir das mal gesagt sein! Außerdem ist er nicht wie ein Schlächter in die West Side eingefallen, sondern er hat dabei geholfen, einen kleinen Teil davon zu erobern. Und ich weiß genau, daß ihm das keinen Spaß gemacht hat – weil ich nämlich dabei war, was man von dir nicht sagen kann, mein Lieber. Und wenn er eine Idee hat, wie das Leben für uns alle sicherer werden kann, dann kannst du sicher sein, daß wir sie ausführen. Vater wird alt, damit müssen wir uns abfinden. Er hört auf Ted – und Jack Holland auch. Ich meine, wenn Ted nach Norden vorstoßen will …“
    Er hielt abrupt an und starrte Bob hilflos an, dessen Augen sich geweitet hatten und der ihn halb auslachte, weil er sich verplappert hatte.
    „Gut, gut, er will eine Streitmacht nach Boston führen. Na und? Er hat verdammt gute Gründe dafür!“ stieß Jim hervor, weil er seine Stellung untermauern wollte.
    „Das kann ich mir vorstellen“, sagte Bob und drehte sich um, als hätte er das bessere Argument gehabt. Er ließ Jim stehen, der die unbegründete Überzeugung in sich zu bekämpfen versuchte, daß dies tatsächlich der Fall war.
    „James Garvin, ich wäre dir dankbar, wenn du aufhören würdest, deinen Bruder zu beschimpfen“, sagte seine Mutter ärgerlich von der Tür aus.
    „Ich habe ihn gar nicht …“,

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