Einige werden überleben
gebracht. Wenn wir es noch lange hinauszögern, dann bricht hier eine Revolution aus.“
„Soll das nicht der Theorie nach auch so sein?“ fragte Hammersby trocken. „Bewaffnete freie Männer wählen sich ihre eigenen Führer. Was haben Sie denn dagegen?“
Die Worte brachen über Garvin wie eine kalte Brandung zusammen. Hammersby hatte natürlich recht. Das Volk hatte das volle Recht, selbst zu wählen, zu töten oder nicht zu töten.
„Berendtsen muß sterben!“ brüllte er plötzlich. „Schicken Sie doch einen von Hollis’ famosen Mob-Haufen los.“
„Das Volk wird herrschen, was? Mit ein wenig Hilfe dann und wann.“
„Verdammt noch mal, Hammersby!“
„Schon gut, schon gut. Ich habe genausoviel Angst um meinen Hals wie Sie.“ Der Bürgermeister drehte sich um und ging. Garvin starrte ihm wütend nach.
Er konnte natürlich niemanden in den Rücken schießen.
Die letzte Nachricht traf mit metallischem Klang in der Funkbude ein:
„Nach Ermessen an die Bevölkerung weiterzugeben:
Das Folgende sagte Theodor Berendtsen zu seinen Richtern. Es ist die einzige öffentliche Rede, die er je gehalten hat, und er hielt sie in der Umgebung von Männern, die einmal seine Freunde gewesen waren. Er hat niemanden angesehen, als er dies sagte. Seine Augen waren auf etwas gerichtet, das von uns in dem Zimmer niemand sehen konnte. Aber ich bin sicher, daß er es gesehen hat, so sicher wie ich bin, daß jemand, der dies in hundert Jahren liest, wissen wird, daß ein Mann, der zu unserer Zeit gelebt hat, groß genug war, über sein eigenes Leben hinaus zu planen.“
Die Stimme war völlig unbekannt und zitterte vor Gefühl. Es mochte sentimental oder echt sein. Ziemlich sicher war jedenfalls, daß der Mann, der dort sprach, im Griff machtvoller Gefühle war und später, wenn er wieder daran dachte, vielleicht verlegen lächeln würde. Aber irgendein unbekannter Richter Berendtsens hatte seine Pflicht besser erfüllt, als man es von ihm erwartet hatte. Jim lief es kalt den Rücken hinunter, während er zuhörte, und – nachdem er den Schalter umgeworfen hatte – die Außenlautsprecher ihr klagendes Echo hinzufügten.
Er stand auf und schwang sich sorgfältig zum Fenster. Er stützte sich schwer auf seine Krücken und sah in die Gesichter der Leute, die zuhörten. Und dann fing die Stimme auf dem Tonband an zu sprechen, und Garvin sah, wie die Menschen tief Luft holten.
„Ich bin nicht hergekommen, um mich zu verteidigen“, sagte Berendtsen. „Ich kann mich nämlich nicht verteidigen. Ich habe gebrannt, getötet und geplündert, und meine Leute haben manchmal noch Schlimmeres getan.
Ich habe getötet, weil manche Menschen lieber zerstören als aufbauen – weil ihnen persönliche Macht süßer schmeckt als die Freiheit für alle Menschen. Ich habe auch getötet, weil ich in eine Gesellschaft hineingeboren wurde, die die Menschen nicht akzeptieren wollten. Daher bin ich doppelt schuldig – aber ich konnte nichts anderes tun. Manche Probleme sind nicht einfach zu lösen. Wie die Übel unserer Gesellschaft auch aussehen mögen, so kann ich doch nur eines sagen: Es war und ist meine feste Überzeugung, daß es für uns unerträglich gewesen wäre, wenn diese Gesellschaft durch Einflüsse von außen geändert worden wäre. Letzten Endes habe ich, bei Licht betrachtet, nicht viele Entscheidungen getroffen. Ich bin kein übermenschlicher Held. Ich bin ein Mensch. Ich habe als Arm des Krieges gebrandschatzt – aber es war nicht ein Krieg gegen einzelne, sondern gegen das, was mir als die Finsternis vorkam. Ich habe geplündert, weil ich die Ausrüstung zum Töten und Brandschatzen benötigte.
Ich habe diese Dinge getan, um Einigkeit in das Gebilde zu bringen, das nur aus versprengten Stämmen und einzelnen Stadtstaaten bestand. Wir standen hart am Rand des Dschungels, dem wir gerade wieder entkommen waren, und ohne Hilfe von außen hätte es Jahrhunderte gedauert, bis die einzelnen Fürstentümer sich einen blutigen Frieden erkämpft hätten, der uns dann endlich die Zivilisation zurückgegeben hätte – aber zu einem Zeitpunkt, da es zu spät gewesen wäre, weil die Bücher zerfallen und die Maschinen verrostet gewesen wären.
Was eine Organisation von Menschen zusammenhält, ist uninteressant. Politische Ideologien ändern sich. Ziele ändern sich. Die Herrschaft eines Menschen geht zu Ende. Aber die Tatsache der Organisation bleibt bestehen, ganz gleich, welche Veränderungen innerhalb
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