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Einige werden überleben

Einige werden überleben

Titel: Einige werden überleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Algis Budrys
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Funkwache.“
    Holland kletterte an Deck und streckte seine verkrampften Muskeln. „Mann, das nächste Mal, wenn Matt eine Abordnung ausschickt, kann jemand anders mitfahren. Patrouillenboote stehen mir bis hier .“
    Ted nickte säuerlich. „Philadelphia steht mir auch bis hier“, knurrte er in bewußter Nachahmung der Stimme Jacks. Zum hundertstenmal sah er das leichte Lächeln auf Jacks Lippen und schwor zum hundertstenmal, seine pubertäre Heldenverehrung einzustellen. Oder sie zumindest einzuschränken. „Brüderliche Liebe. Mein Gott!“
    Er wurde rot. Jungenhafte Begeisterungsfähigkeit war auch nicht besser.
    Holland brummte etwas in sich hinein und sah nach den frischen MG-Beschuß-Narben auf dem Holz des Decks. „Das da unten ist eine harte Nuß.“
    Ted nickte in feierlicher Zustimmung, erwischte sich sofort mit dem Bewußtsein von Feierlichkeit, wurde wieder rot und zuckte schließlich innerlich die Achseln. Zum hundertstenmal verzweifelte er an dem Problem, sechzehn zu sein. Statt dessen beobachtete er, wie die Küste vorbeiglitt, konnte aber schon bald den Lockungen Manhattans nicht widerstehen. Die Stadt der Wolkenkratzer füllte den Horizont vor ihm aus. Ihre Fenster blitzten in der Sonne.
    Er wußte, daß Holland seinen Blick bemerkt hatte, und verfluchte sich selbst, weil er es wußte. Und all dies nur, weil Holland ihm sein erstes richtiges Gewehr besorgt und ihn im Schießen unterwiesen hatte.
    „Verdammt, ist die groß“, sagte er.
    Jack nickte. „Groß ist das richtige Wort. Ich möchte nur wissen, was sich alles seit unserem Auslaufen angeschlossen hat.“
    „Die West Side ganz sicher nicht.“
    „Die Burschen werden sich nie rühren“, sagte Holland.
    Ted nickte. Wieder viel zu feierlich.
     
    Matt Garvin legte den Bericht hin und seufzte. Dann blickte er an Ted vorbei und sah Holland an. Er trug den scharfen Blick eines Mannes, der sich sicher ist, daß sein Partner ihn genau versteht. „Die Leute in Philadelphia sind auch nicht anders, oder?“
    Jack lächelte dünn. Wie immer, wenn sich Jack und der alte Matt mit solchen kurzen Sätzen die Abschnitte aus der Vergangenheit repräsentierten, verständigten, verspürte Ted ein Gefühl des Neides. Er unterdrückte rücksichtslos einen eigenen Seufzer. Als er und Jack an Bord des Patrouillenboots gegangen waren, hatte er vage gehofft, daß ihm irgend etwas – eine wie auch immer geartete Feuerprobe oder eine nicht näher definierte überwältigende Erfahrung – das nicht greifbare gewisse Etwas verleihen würde, das er bei Holland als Zeichen von Männlichkeit erkannte. Als das Boot langsam die Küste von Jersey heruntertuckerte, hatte er gehofft, daß irgendein Gegner sie von der Küste aus angreifen oder sich aus dem Meer erheben würde und daß er, nach dem Ende eines erbitterten Kampfes, plötzlich ein hageres Gesicht haben, sich mit lässiger Eleganz bewegen und in Sätzen sprechen würde, die von selbst kurz und prägnant geworden waren. Nichts hatte sich verändert.
    „Was meinst du?“ fragte ihn Matt.
    Er war auf die Frage nicht vorbereitet. Er überlegte sich, daß er lächerlich aussehen mußte, wie sich sein zuvor abwesender Blick hastig wieder auf Matt Garvin konzentrierte.
    „Zu Philadelphia?“ fragte er hastig. „Also, ich glaube, mit denen werden wir noch ganz schön Schwierigkeiten kriegen.“
    Garvin nickte. „Du meinst also, daß wir mit den Leuten früher oder später zusammenrasseln, nicht?“
    „Genau!“ Wieder erkannte er das Lächeln auf Jacks Lippen. „Das denke ich auch“, verbesserte er sich hastig. Verdammt, verdammt, verdammt !
    „Hast du für deine Meinung einen besonderen Grund?“
    Ted zuckte unsicher mit den Achseln. Er dachte wahrscheinlich weniger an seinen Vater als er sollte. Er konnte sich nur dunkel an den großen Mann erinnern, der so freundlich gewesen war. In den Augen eines Kindes war er zweifellos überlebensgroß gewesen. Wenn er Zeuge seines Todes gewesen wäre, hätte er das fehlende Stück besessen, mit dem er die Lücke hätte ausfüllen können. Er hätte einen Lebensinhalt gehabt, etwas, auf das er sich beziehen, das er pflegen und dem er sich widmen konnte. Aber er hatte nicht gesehen, wie sein Vater starb. Er konnte sich lediglich an den Schmerz seiner Mutter erinnern, der ihn noch immer ängstigte, wenn er zu intensiv daran dachte.
    Er stand hoffnungslos vor Matt Garvin und hatte nur Ar gumente, mit denen er sich rechtfertigen konnte. „Ich weiß nicht genau, Matt“,

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