Einladung in den Palast des Scheichs
später im Würgegriff um Elles Hals enden würden. Mit einem stummen Seufzer nahm sie sich eine Zitrone aus der Obstschale und begann energisch, dünne Zesten abzuziehen. Später würden diese das Highlight einer Hühnchenmarinade bilden.
„Madani ist ein Kunde, aber wir verbringen auch sonst gern Zeit miteinander.“ Das war die reine Wahrheit. Doch aus irgendeinem Grund hätte sie gern etwas anderes gesagt.
„Ich dachte, er heißt Dan.“
„Dan, ja. Die Kurzform von Madani.“
„Madani“, wiederholte Elle nachdenklich. „Und wie heißt er weiter?“
„Tarim.“
„Madani Tarim. Warum kommt mir dieser Name nur so bekannt vor?“
„Keine Ahnung. Vielleicht heißt einer der Charaktere in deinen Seifenopern so.“
Elle verzog die Lippen. „Nein, ganz bestimmt nicht. Aber ich glaube, ich habe den Namen erst vor kurzem irgendwo gelesen.“
„Wenn du es meinst.“
„Mom hat erzählt, du hättest ihr gegenüber behauptet, zwischen euch beiden läuft nichts. Woraufhin Tante Sally meinte, wenn das ‚nichts‘ sei, wünschte sie es allen Single-Frauen in New York.“
Womit hab ich das nur verdient? Abermals unterdrückte Emily einen Seufzer. Dann erklärte sie ruhig: „Du weißt doch, wie Mom ist. Sie dreht einem jedes Wort im Mund herum. Besser, man sagt ihr nicht allzu viel.“
„Ist er etwa ein … ein Callboy?“
„Wie bitte?“ Das schlug dem Fass doch wirklich den Boden aus!
„Ich würde es vollkommen verstehen, wenn du, na ja, einen Mann bezahlen würdest, um die Leere in deinem Leben zu füllen. Wir alle brauchen ab und an ein bisschen Nähe.“
Nähe? Elle meinte Sex. Anscheinend dachte ihre Schwester, dass mit der Beziehung zu Reed auch ihr Sexleben geendet hatte, und es ärgerte sie maßlos, dass dies der Wahrheit zumindest teilweise entsprach. Seit Monaten lebte sie wie eine Nonne. Allerdings hatte sie mit Reed, der ihr erster und einziger Liebhaber gewesen war, auch nie besonders viel Spaß im Bett gehabt. Wahrscheinlich lag es an ihr. Vermutlich hatte sie einfach keine besonders ausgeprägte Libido.
Seit sie Madani kennengelernt hatte, schien sich das jedoch geändert zu haben. Mit einem einzigen Kuss auf die Hand löste er bei ihr mehr Verlangen aus als Reed mit einer halben Stunde Vorspiel.
Trotzdem, Emily konnte es nicht fassen, dass ihre Schwester glaubte, sie sei so verzweifelt und unattraktiv, dass sie einen Mann für seine ‚Nähe‘ bezahlen musste.
„Madani Tarim bietet keinerlei Service an, den ich in irgendeiner Weise bezahlen müsste!“, fauchte sie.
„Gott, Emily! Reg dich doch nicht so auf.“ Abwehrend hob Elle die Hände.
„Ich rege mich nicht auf! Ich bin beleidigt. Selbst du solltest in der Lage sein, zu verstehen, weshalb.“
„Okay“, seufzte Elle und verdrehte die babyblauen Augen. „Tut mir leid.“
Ja, schrecklich leid! Das konnte man sehen! Doch Emily wollte nicht noch mehr Stress. „Vergiss es einfach.“
„Also, ist es etwas Ernstes?“
Bevor sie antwortete, überdachte sie jedes Wort sorgfältig. Schließlich wusste sie genau, dass Elle später alles haarklein ihrer Mutter erzählen würde und diese wiederum der gesamten Verwandtschaft. „Ich würde es nicht als etwas ‚Ernstes‘ bezeichnen. Wir sind sehr gute Freunde.“
„Aha, Freunde.“ Elle grinste. „Freunde, die einander in jeder Hinsicht zu schätzen wissen?“
Hatte ihre Schwester denn nur Sex im Kopf? Irgendwie kreiste ihre Unterhaltung pausenlos um dieses Thema. „In vielerlei Hinsicht“, korrigierte sie kühl.
„Emily, wir sind doch Schwestern.“
„Eine Tatsache, die dir immer dann einfällt, wenn du einen Nutzen daraus ziehen kannst.“
Betreten sah Elle zu Boden. Dann sagte sie leise: „Komm schon. Ich mache mir Sorgen um dich. Seit Monaten hast du dich auf keiner Familienfeier mehr blicken lassen.“
„Dreimal darfst du raten, warum.“
„Bei deinem Arbeitspensum dürftest du kaum Zeit haben, dich mit deinen Freunden zu treffen oder am Wochenende auszugehen.“
„Ich liebe meine Arbeit.“
„Und ich verwette meine Lieblingsschuhe, dass du kein einziges Date mehr hattest, seit …“
„Seit Reed?“
Elle atmete tief durch. „Ja.“
Entnervt legte Emily die Zitrone beiseite und blickte ihrer Schwester direkt in die Augen. „Fühlst du dich etwa schuldig?“
Das käme überraschend, aber wäre ihr zugegebenermaßen nicht ganz unlieb. Eine Entschuldigung war wirklich mehr als überfällig. Vielleicht könnte sie dann endlich das Kapitel Reed
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