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Einmal durch die Hölle und zurück

Einmal durch die Hölle und zurück

Titel: Einmal durch die Hölle und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Bazell
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Innere der Bar ist ein langer dunkler Schlauch, mit Holztäfelung und spärlicher Weihnachtsbeleuchtung, in dem sich nur zwei Leute befinden: der Barkeeper und, auf dem Hocker ganz links, ein Gast.
    Beide sind männlich und Anfang dreißig, damit würden sie in Portland noch als junge Hipster durchgehen, doch hier sind sie Erwachsene mit praktischem Haarschnitt, die schon einiges durchgemacht zu haben scheinen. Besonders das Gesicht des Barkeepers ist so verhärmt, dass es Violet an jemanden erinnert, der eine Entziehungskur hinter sich hat. Der Typ auf dem Hocker sitzt mit dem schrägen Rücken und gesenkten Kopf eines Bären da. Beide sind groß, und keiner grinst sie anzüglich an.
    Violet mag große Typen. Kleine Männer wollen immer nur mit ihr vögeln, um sich überlegen fühlen zu können. Das könnte erklären, warum sie im Beisein von Dr. Lionel Azimuth, der die Unterarme und das Lachen eines Abfallschredders hat, am liebsten ihren BH ausziehen würde. Aber vielleicht lässt sich das auch nicht erklären.
    Sie setzt sich auf den Hocker ganz rechts und fragt: »Haben Sie eine interessante Biersorte?«
    »Jedes Bier ist auf seine Art interessant«, sagt der Typ auf dem anderen Hocker.
    »Nicht wahr?« Violet ist voll und ganz seiner Meinung. Bier ist das perfekte Szenarium zur Übervölkerung: Man gibt einen Haufen Organismen mit jeder Menge Kohlehydraten in einen abgeschlossenen Behälter und beobachtet dann, wie sie sich mit ihren eigenen Abfallstoffen – in diesem Fall Kohlendioxid und Alkohol – vernichten. Dann trinkt man das Ganze.
    »Sie meinen, wie Hefeweizen oder so was?«, fragt der Barkeeper.
    »Na ja, vielleicht nicht unbedingt Hefeweizen.«
    »Das sollte nur ein Beispiel sein.« Er kramt in dem Kühlschrank unter der Theke herum. »Sieht nicht besonders gut aus. Wenn Sie nicht hier aus der Gegend sind, finden Sie vielleicht Grain Star interessant.«
    Der Typ auf dem Hocker hebt die Flasche hoch. Cooles Retro-Etikett.
    »Hört sich gut an.«
    »Also ein Grain Star«, sagt der Barkeeper.
    »Aber wie kommen Sie darauf, dass ich nicht aus der Gegend bin?«
    Die beiden Männer lachen. »Die Bar hier haben Sie wohl im Michelin-Führer gefunden, was?«
    »Ja«, sagt Violet. »Sie stand unter der Rubrik: ›Bars in Ford, die tatsächlich geöffnet haben‹.«
    Der Barkeeper schleudert zwei St. Pauli Girl-Untersetzer auf die Theke und stellt auf den einen ein Pint-Glas und auf den anderen eine Flasche. [28] Als er die Flasche öffnet, schlägt sich daran Wasserdampf nieder. »Ich hab auch kein St. Pauli Girl da«, sagt der Barkeeper. »Die Untersetzer waren schon hier, als ich den Laden gekauft hab. Es sind immer noch welche da.«
    »Dann sollten wir sie jetzt aufbrauchen«, schlägt Violet vor. »Noch eins für den Barkeeper, bitte.«
    »Danke, aber ich trinke lieber Cola light.« Zum Beweis erhebt der Barkeeper sein Glas, und Violet und der Typ auf dem Hocker stoßen mit ihren Flaschen mit ihm an. Diese Bar gefällt Violet immer besser.
    »Nicht schlecht«, sagt sie, als sie einen Schluck getrunken hat. Aber auch nicht besonders gut. Grain Star schmeckt süß, dünn und metallisch, aber so ungewöhnlich, dass man vermutlich daran Gefallen fände, wenn man beim Trinken etwas täte, was Spaß macht.
    Kommt ihr nicht allzu wahrscheinlich vor. Es sei denn, Dr. Azimuth tauchte auf und würde sie ins Hotel mitnehmen, um sie von hinten an den Haaren zu ziehen.
    Violet hat nicht nur daran gedacht. Sie stößt auf. »Verdammt, was ist hier bloß los?«, fragt sie.
    Der Barkeeper und der Typ auf dem Hocker wechseln einen Blick. »In Soudan gibt’s ein paar gute Bars, die Sie ausprobieren könnten«, sagt der Barkeeper.
    »Ich rede nicht von der Bar«, erklärt Violet. »Die Bar ist super. Ich rede von diesem Ort.«
    »Ach so«, sagt der Barkeeper.
    »Tja, Ford«, sagt der Typ auf dem Hocker.
    »Ja«, sagt Violet. »Ford.«
    »Ich persönlich glaube, der Bürgermeister ist schuld«, sagt der Typ auf dem Hocker.
    »Das glauben fast alle«, sagt der Barkeeper.
    »Warum? Was ist mit ihm?«
    »Er ist ein ziemliches Arschloch«, sagt der Typ auf dem Hocker.
    »Das mit noch größeren Arschlöchern rumhängt«, erwidert der Barkeeper.
    »Die verglichen mit ihm ziemlich gut wegkommen.«
    »Und er erregt eine Menge Groll.«
    »Das glaubt er zumindest.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragt Violet.
    »Wir nehmen Sie bloß auf die Schippe«, sagt der Typ auf dem Hocker und deutet mit dem Kopf auf den Barkeeper. »Er ist

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