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Einmal durch die Hölle und zurück

Einmal durch die Hölle und zurück

Titel: Einmal durch die Hölle und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Bazell
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sage ich. »Ich hab gehört, dass der Schwindel um das Ungeheuer seine Idee war. Ich hab aber auch gehört, Sie hätten ihn umgebracht.«
    Falls ihn das erschüttert, lässt er es sich nicht anmerken. »Jaja«, sagt er und atmet aus. »Das glauben alle.«
    »Stimmt es?«
    »Nein. Ich habe Chris junior geliebt – er war so was wie ein kleiner Bruder für mich. Wenn ich einen kleinen Bruder hätte haben können, der nicht so verkorkst ist wie ich.«
    »Und warum glauben alle, dass Sie’s waren?«
    »Weil ich dadurch an diesen Besitz gelangt bin.« Er deutet auf den See. Der gläserne See, in dem sich der nadelspitze Mond spiegelt, sieht atemberaubend aus. Die feuchte Luft ist von den Geräuschen einer lebendigen Umgebung erfüllt: Frösche, Zikaden oder so was. Vielleicht Hechte, die mit Seetauchern kämpfen.
    »Was ist genau passiert?«
    »Ich hab nicht den geringsten Schimmer«, sagt Reggie und reicht mir den Joint. »Ich war hier – in der Hütte –, hab mit Del, Miguel und einem anderen Typ, der nicht mehr hier arbeitet, Poker gespielt, und wir haben die Schüsse gehört.«
    »Chris junior wurde
hier
erschossen?«
    Reggie streckt den Finger aus. »Da unten. Auf dem Pier. Chris junior und dieser andere Mann, ein Geistlicher. Doch wir haben die beiden erst am nächsten Tag gefunden. Wir sind rausgegangen, als wir die Schüsse hörten, aber wir konnten nichts sehen und dachten, es wäre bloß irgendein Trottel, der besoffen rumballert oder nachts jagt.«
    Also hat man Chris junior auf demselben Pier erschossen, auf dem das Foto gemacht wurde. Mit Reggie ganz in der Nähe.
    Doch was bedeutet das? Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass Del und Miguel eine Mordanklage riskieren, um Reggie ein falsches Alibi zu geben. Vielleicht, aber dann müsste ihnen das, was sie für ihn – oder mit ihm – tun, wirklich gut gefallen, oder sie müssten
ihn
wirklich lieben. Die meisten Leute würden sich gut überlegen, ob sie sich in einen Mordfall hineinziehen lassen, besonders wenn das jemandem, von dem sie bereits wissen, dass er zu einem Mord fähig ist, einen Grund gibt, sich auch ihren Tod zu wünschen.
    Aber vielleicht wussten sie gar nicht, dass sie ihm ein falsches Alibi gaben. Mit einem anständigen Zielfernrohr hätte Reggie Chris junior und Pfarrer Podominick von seiner Hütte aus erschießen können. Durchs Badezimmerfenster oder so, und dann hätte er das Gewehr verstecken, zur Pokerpartie zurückommen und sich erkundigen können, was das für ein Geräusch gewesen sei.
    »Sie müssen verstehen«, sagt Reggie, »dass Chris junior nicht hier gewohnt hat. Christine wollte das nicht, wegen der Schule für Autumn und allem, deshalb hat die ganze Familie in Ely gewohnt. Chris hat ihr nicht mal erzählt, dass er an jenem Abend herkommen wollte. Hat gesagt, er fährt zu Sears. Auch uns hat er es nicht erzählt. Christine rief ungefähr eine Stunde nach seinem Tod hier an und fragte, ob er da gewesen wäre, und wir sagten in gutem Glauben nein. Wir wissen immer noch nicht, was er oder Pfarrer Podominick hier draußen zu suchen hatten.«
    »Ist Ihnen an jenem Abend irgendwas aufgefallen?«
    »Nee. Nur die beiden Schüsse. Die Polizei glaubte, sie wären vom See oder vom Ufer aus abgegeben worden.«
    »Haben Sie ein Boot gehört?«
    »Nein, aber das ist ohne Bedeutung. Hier in der Gegend benutzen viele Leute Elektromotoren, um sich an die Fische ranzupirschen. Und alle haben Kanus.«
    »Könnte ihn jemand von Ford aus erschossen haben?«
    »Keine Ahnung. Ich hätte das nicht gekonnt.«
    »Kann es sein, dass einer von Debbie Schnekes Jungs Chris junior umgebracht hat?«
    »Nein. Die hatte sie damals noch nicht.«
    »Könnte sie es selbst gewesen sein?«
    »Nee. Nicht Debbie. Zu der Zeit war sie noch nicht so übel drauf wie heute.«
    »Nicht mal direkt nach Benjys Tod?«
    Als Reggie den Joint wieder angezündet hat, salutiert er damit. »Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht. Aber ich glaube das nicht, nein. Natürlich kann man keinen Jungen umbringen und erwarten, dass seine Mutter danach unverändert ist. Und Benjy war ein toller Junge – ich kannte ihn, weil er mit Autumn zusammen war. Er hat sich alles Mögliche von uns gefallen lassen. Aber Debbie ist erst später richtig durchgedreht, und ich glaube, da spielte noch was anderes eine Rolle. Aber das weiß ich eigentlich nicht. Beim Tod der beiden Kinder waren wir schon nicht mehr zusammen.«
    Plötzlich fühle ich mich total bekifft. »Sie waren mit Debbie

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