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Einmal durch die Hölle und zurück

Einmal durch die Hölle und zurück

Titel: Einmal durch die Hölle und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Bazell
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geistigem Auge ein Bild, das er nicht ganz abschütteln kann.
    Obwohl Tengs Radiosender nur so groß wie ein Wandschrank ist und wegen der Wärme der Röhren eine glühende Hitze herrscht – vermutlich ein weiterer Grund, warum ihn die Universität aufgegeben hat –, gibt es zwei funktionierende Telefonleitungen. Und es ist ein Mikrophon da, auch wenn Teng damit bisher bloß die Songtitel durchgesagt hat – ein PB - 44 A von 1933 , so schwer wie ein Bügeleisen.
    Er könnte auf Sendung gehen. Sich übers Telefon mit Nachrichten vom Tiananmen-Platz versorgen lassen – oder von irgendeinem anderen Ort, an dem die Revolution in Gang kommt. Alles mit einem Doors-Song im Hintergrund ausstrahlen. Die Stimme der Studentenbewegung werden, wenn schon nicht die Chancen auf den Sieg – dafür ist es zu spät –, dann wenigstens die Gestaltung der Zukunft beeinflussen.
    Wie riskant wäre das überhaupt? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass jetzt hart durchgegriffen wird? Wie würde man überhaupt vorgehen? Der
Volkszeitung
zufolge ist inzwischen selbst die Pekinger Polizei auf der Seite der Studenten. Die Partei müsste die Armee losschicken – die Volksarmee. Und die müsste sich vom Stadtrand aus vorkämpfen, während sich die Bürger auf die Straße legen und Busse umkippen würden, um die Panzer und Transportfahrzeuge zu stoppen.
    Und wozu das Ganze? Um China, abgesehen von vier Sonderstädten, weiter in einen Fabrikstaat zu verwandeln? Damit die Armen zur Armut verurteilt bleiben und die Parteimitglieder weiter tun können, was sie wollen und mit wem sie wollen, während sie die Preise für alles festlegen, was sie kaufen oder verkaufen wollen? Wer würde dafür kämpfen?
    Jede Menge Leute, ruft er sich ins Gedächtnis. Die Korruption stört nur die Menschen, die darunter leiden. Und nicht alle leiden darunter.
    Teng stellt sich vor, welche Folgen es hätte, wenn er sich der Bewegung anschlösse und sie nicht erfolgreich wäre. Wenn der Staat hart durchgreifen und sich damit durchsetzen würde.
    Sagen wir, er verbrächte die nächsten drei Wochen hier in seinem Studio und würde ständig die neuesten Informationen senden. Durch die Hitze und den Schlafmangel hätte er inzwischen Halluzinationen und wäre ganz heiser, aber wahrscheinlich auch beschwingt. Und sagen wir, die Partei würde plötzlich die Armee losschicken, und der Rest der Welt würde es aus seinen eigenen korrupten Gründen zulassen. Vermutlich würde Teng die Schüsse zuerst durchs Telefon hören und daran zweifeln. Doch bei seiner Flucht würde er sie auf der Straße hören.
    Teng versucht sich vorzustellen, dass er sich bei einem Freund in der nordwestlichen Vorstadt versteckt, dass er nicht genau weiß, ob er trotz seiner Erschöpfung eher wachgehalten wird, weil in der Schule nebenan Geständnisse erzwungen werden und die ganze Nacht Schreie ertönen oder weil die auf ihn ausgesetzte Belohnung inzwischen hunderttausend Yuan beträgt und dieser Freund kein wirklich guter Freund ist.
    Er versucht sich vorzustellen, dass er sich unter die Geständigen mischen würde, deren Verbrechen nicht so schwer wären wie sein eigenes – für das man ihn erschießen könnte –, bloß damit man ihm den Pass abstempeln würde und er eine Zugfahrkarte kaufen könnte. Damit er als totaler Versager zu seiner zerstörten Familie in Xiaoqiang zurückkehren könnte.
    Was würde dann passieren? Man würde ihn nirgends mehr beschäftigen, nicht mal in der Fernseherfabrik. Er müsste schwarz als Elektroniker arbeiten, und da wären ganz neue Fähigkeiten gefragt. Höchstwahrscheinlich Computerkenntnisse, denn die Instandhaltung illegaler Computernetzwerke – auch dafür könnte man ihn erschießen – könnte die einzige Möglichkeit sein, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
    Wenn das passieren würde, so absurd es auch sein mag, daran zu denken, und Teng irgendwie überlebte, dann könnte er natürlich ein paar besondere Fertigkeiten besitzen. Sagen wir, die Fähigkeit, Multiprotokoll-Internet-Router zu entwerfen und herzustellen. Oder, wenn die Technologie etwas besser wäre, auch Einzelprotokoll-Router.
    Wenn alles gut liefe, könnte er sogar so einzigartige Fähigkeiten besitzen, dass sein Nutzen – erst für örtliche Parteimitglieder, dann für Parteimitglieder in Peking und schließlich in ganz China – seine Verbrechen allmählich übersteigen würde. Wer weiß? Eines Tages könnte er sich unter Umständen wieder öffentlich betätigen,

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