Einmal Himmelblau und zurueck
halbnackt, mein Traummann und anstatt Erotik pur zu versprühen ... heule ich schon wieder rum. Shit happens!
John ist mit einem Sprung bei mir. Er hält mich fest im Arm und lässt mich nicht mehr los. Sanft küsst er mir die Tränen vom Gesicht. »Nicht. Bitte.« Er nimmt mein Gesicht in beide Hände und schaut mich an. Und da sehe ich es. Er zeigt es mir. Ich kann alles sehen, weil er mich es sehen lässt. Seine Gefühle, seine Liebe, seine eigene Trauer.
Ich schließe die Augen, weil ich es nicht mehr aushalte, und spüre seinen Mund auf meinem. Drängend und fordernd, leidenschaftlich, mit all seinem Schmerz.
Tell me what you kill ...
Langsam wandert sein Mund meinen Hals hinunter, während seine Hände meinen Körper erkunden und meine Finger sich in seinen Rücken krallen.
Ich stöhne leise auf und mir fällt meine eigene Prophezeiung dieses One-Night-Stands ein. Darauf wird es wohl hinauslaufen, denn wie es das Schicksal will, haben wir nur diese eine Nacht ...
Der Wecker zeigt 09:26 Uhr. Nach gerade mal zwei Stunden Schlaf bin ich hellwach. Leise drehe ich den Kopf in die Richtung, aus der ich ein tiefes Atmen höre. John liegt neben mir. Ich bin froh, dass er nicht heimlich gegangen ist.
Er liegt auf dem Bauch, den Kopf mir zugewandt. Was für ein Anblick. Ganz vorsichtig, fast ohne mich zu bewegen, taste ich auf meinem Nachttisch nach meinem Handy. Ich schalte die Kamera ein und lege mich dicht an John und drücke ungezielt ab. Es blitzt. Fuck!
John zuckt zusammen und grummelt etwas Unverständliches vor sich hin, bevor er den Kopf in die andere Richtung dreht und weiter tief ein- und ausatmet. Leise rolle ich mich wieder auf meine Seite und schaue mir das Foto an.
Oh mein Gott, wie ich aussehe. Aber das macht nichts, mich kann ich ja wegschneiden. Wichtig ist, dass ich ein Foto von John habe, das ich jeden Abend vollheulen kann, wenn mir danach ist. Ich kann es mir auf ein Kissen drucken lassen und jeden Abend mit ihm ins Bett gehen. Oder ich kann es selbst ausdrucken und an meine Dartscheibe hängen. Wenn die Aggressionen zurückkommen.
Ich stehe leise auf. Es lässt sich nicht ändern, ich bin wach. In meinem Körper kämpft das Adrenalin mit den Hormonen. Zum Schlafen hat der keine Ruhe. Erstmal Kaffee!
Bevor ich mich auf Klo begebe, schmeiße ich noch eben die Kaffeemaschine an. Ich bemühe mich wirklich, leise zu sein, doch als ich wieder aus dem Bad komme, blinzelt mich ein verschlafener John an.
»Hey, komm wieder her«, flüstert er mit belegter Stimme und streckt mir die Hand entgegen.
»Gleich. Möchtest du auch einen Kaffee?« Er nickt und lässt sich wieder zurück in die Kissen fallen.
Als ich mit zwei Kaffeebechern bewaffnet zurückkomme, strahlen mich zwei blaue Augen aus der weißen Bettwäsche an. Mir fallen fast die Becher aus der Hand, so sehr kribbelt es in meinem Bauch. Ich erwidere sein Lächeln und stelle den Kaffee am Bett ab.
»Komm her«, sagt er und schlägt die Decke ein Stück zurück. Ich schlüpfe schnell drunter und schon umfängt mich die Wärme, die er ausstrahlt. Er ist nackt unter der Decke, ich trage nur ein Shirt und einen Slip.
Der Kaffee ist kalt, als wir ihn trinken wollen ...
Ich flitze schnell um die Ecke zum Bäcker, dorthin, wo es die besten Croissants gibt, und kaufe eine Tüte voll für uns. Als ich die Tür öffne, empfängt mich Linkin Park . John hat die Anlage angestellt und den Tisch gedeckt. Frischer Kaffeeduft zieht mir in die Nase. Barfuß, nur in Jeans und T-Shirt, kommt er mir entgegen.
»Hey.« Er umarmt und küsst mich. Voller Leidenschaft und Gefühl. Die Brötchentüte fällt mir aus der Hand und ich klammere mich wie eine Ertrinkende an ihn.
Dass wir beim Frühstück auf dem Sofa alles vollkrümeln, stört mich nicht. Ich überlege ernsthaft, ob ich um den Kaffeefleck, der von Johns Becher auf das helle Sofa getropft ist, einen Kreis ziehe und dann mit einem Pfeil »John was here« daneben schreibe.
Meine Gedanken fahren Achterbahn und ich kann gar nicht genug von seinen Geschichten bekommen, die er mit seiner rauchigen Stimme erzählt. Kanada muss ein wundervolles Land sein, das ich gerne einmal besuchen würde, doch keiner von uns beiden spricht das aus.
Der Gedanke daran, dass John in seine Heimat fährt, um seine Frau sterben zu sehen, steht zwischen uns und zieht mich immer mehr runter. Es fällt mir von Stunde zu Stunde schwerer, den Schein zu wahren. Doch ich habe mir vorgenommen, nicht traurig zu sein,
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