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Einmal Hochzeit und zurück

Einmal Hochzeit und zurück

Titel: Einmal Hochzeit und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Colgan
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dünner geworden, als sie je in ihrem ganzen Leben gewesen war, und die Tränen liefen ihr nur so übers Gesicht.
    Und das war alles meine Schuld. Vor einem Monat hatte sie vielleicht ein bisschen geschwankt, was die Hochzeit anging, aber das war nichts im Vergleich zu heute. Sie sah aus wie Kate Winslet, die sich etwas verfrüht über die Reling eines ziemlich großen Schiffes werfen wollte. Was machten wir hier bloß? Was um alles in der Welt stand uns denn noch bevor?
    »Tash!« Ich stürzte zu ihr. »Es tut mir so Leid! Es tut mir so Leid! Noch ist es nicht zu spät, alles abzublasen.«
    Zitternd schüttelte sie den Kopf. »Ich schaff das schon«, beharrte sie. »Ehrlich. Ich ziehe das durch.«
    »Tust du nicht.«
    »Tu ich wohl.« Sie sah mich an. »Guck dich doch bloß mal an. Wärst du hergekommen, wenn du nicht zurückwolltest? Dann wärst du jetzt unten im Dog and Duck und würdest dich an irgendwelche aufstrebenden Musiker ranmachen.«
    Ich verzog das Gesicht. »Darum geht es doch gar nicht.«
    »Geht es wohl, Schätzchen.«
    Olly strich ihr übers Haar, und ich drückte sie noch fester als vorher, um ihr zu zeigen, dass ich ihre allerbeste Freundin war, und nicht er, auch wenn die beiden im gleichen Jahrzehnt geboren waren.
    »Ich werde dich beißen, bis du zur Besinnung kommst und die ganze Sache abbläst«, drohte ich.
    »Hör zu«, sagte Tashy. »Es geht hier nicht um dich, Ehrenwort. Ich habe einfach keinen Mumm. Hab ich nicht. Ich werde auch nicht jünger, und ich plane die ganze Sache seit einem Jahr, und wenn man‘s genau nimmt, mit dir schon seit 20 Jahren. Ich werde nicht zulassen, dass meine Mutter sich klammheimlich ins Fäustchen lacht, während sie gleichzeitig so tut, als bedauere sie mich, oder dass Heather weise mit dem Kopf nickt, weil es ja sowieso schief gehen musste. Ich kann es nicht, und ich werde es auch nicht, Flora. Verstehst du das denn nicht? Du bist die Mutige von uns beiden. Du kannst es anders machen. Du kannst alles riskieren.«
    Ich vermied es, Olly anzusehen, und er vermied es, mich anzusehen.
    »Aber bitte, ende nicht irgendwann wie ich, Flora. Bitte. Versprich mir das. Versprich mir, dass du losziehst und irgendwas studierst, was dir Spaß macht, und die Zeit genießt und alles machst, wozu du Lust hast, und ein Freigeist bleibst und niemals und unter keinen Umständen Kompromisse eingehst.«
    Ich sah sie an und schwor es. Ich würde meinen Job hinschmeißen - meine Beziehung hatte ich ja schon hingeschmissen - und ich würde keine Angst haben. Ich würde einfach ausziehen und mein Leben leben, und zwar richtig.
    »Na, und was wäre, wenn ich einfach gleich damit anfange?«, protestierte ich. »Mit sechzehn ist es doch viel einfacher, sein ganzes Leben zu ändern. Und dann bräuchtest du auch nicht heiraten!«
    Sie blickte mich an, und ich sah die schreckliche Wahrheit in ihren Augen.
    »Nein«, widersprach sie. »Ich habe dich immer bloß als Vorwand benutzt. Ich hatte von Anfang an vor, es durchzuziehen.«
    Genau wie beim ersten Mal wich der nächtliche Regen einem wunderschönen Morgen, sonnig und warm, obwohl es schon so spät im Jahr war. Perfekt, um ehrlich zu sein. Genau, wie Tashy es sich immer erträumt hatte.
    Ich hatte eine ziemlich ruhelose Nacht. Was noch untertrieben war. Mein Dad schnarchte, meine Mum gab ganz seltsame Geräusche von sich, und in meinem Kopf schwirrte alles durcheinander, so dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Aber nun stand ich hier, betrachtete mein Spiegelbild und wirbelte in der hellen Herbstsonne herum. Das Kleid war einfach fantastisch, so ein empiremäßiges, unter der Brust geschnürtes Ding, in dem ich aussah wie eine der ungezogeneren Schwestern aus einem Jane-Austen-Roman.
    »Sieht sie nicht bezaubernd aus?«, sagte meine Mutter mit einem glücklichen Lächeln.
    Ich drehte für sie eine Pirouette. Mein Dad erwiderte ihr Lächeln. Dann guckte er ziemlich bewegt.
    »Du siehst wunderhübsch aus, mein Mäuschen«, sagte er zu mir. »Kommt einem so vor, als sei sie gestern noch ein kleines Baby gewesen, nicht wahr, Joyce?«
    Meine Mum schüttelte den Kopf. »Kinder, wie die Zeit vergeht.«
    »Ehe wir‘s uns versehen, wird sie heiraten.«
    »Oh, darüber würde ich mir an eurer Stelle vorerst keine Gedanken machen«, beruhigte ich sie.
    Ich saß neben Tashy, als wir von einem dieser leicht überkandidelten, hochnäsigen Mädels frisiert und geschminkt wurden, die immer besser aussehen als man selbst und meiner Meinung

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