Einmal Hochzeit und zurück
sagte ich. »Na ja, ich bin zur Uni gegangen, dann habe ich einen Job bekommen und bin wieder nach London gezogen.«
»Macht immerhin drei Dinge.«
»In einer ziemlich langen Zeit.«
Einen Moment lang standen wir schweigend da.
»Und was hast du so gemacht?«, fragte ich verlegen.
Ich war erstaunt, als ich aus dem Augenwinkel sah, dass Justin am Büffet Olly getroffen hatte und ihn auf verschiedene Köstlichkeiten hinwies.
Clelland - John, aber irgendwie war er für mich immer noch Clelland - zuckte die Achseln. »Tja, ich bin nach Aberdeen gegangen.«
»Daran erinnere ich mich«, sagte ich leise.
»Ja, natürlich«, erwiderte er und blickte kurz ganz betreten drein, und mir fiel ein Stein vom Herzen. So, wie dieses Gespräch bisher verlaufen war, hatte ich mich schon gefragt, ob ich mir unsere kleine Romanze bloß in einem Zustand geistiger Umnachtung zusammengesponnen hatte und wir in Wirklichkeit nur flüchtige Bekannte waren, die sich heim Ball des Rotary Clubs Guten Tag sagen.
»Dann war ich ein paar Jahre beim Freiwilligen Entwicklungsdienst - ich wollte raus aus England und was von der Welt sehen, verstehst du?«
»O ja. Wohin hat es dich denn verschlagen?«
»Afrika.«
»Wow, das ist ja der Wahnsinn!«
»Es war die Hölle. Ich habe die Tage gezählt, bis ich wieder nach Hause durfte. Am liebsten hätte ich mir Malaria eingefangen, damit es schneller geht.«
»Gott, ich habe mir seit Ewigkeiten nicht mehr gewünscht, du wärst tot«, brach es aus mir heraus, ehe mein Gehirn sich einschalten konnte. Kein guter Moment. Olly kam zu uns rübergetapst.
»Herrgott, Flo, ich finde hier keinen Krümel Essbares. Hast du gesehen, dass da Mandeln im Salat sind? Man könnte doch annehmen, die würden ein paar Fischstäbchen anbieten, nur für alle Fälle. Das wird hier noch schlimmer als bei der Stricklands-Hochzeit, und da musste ich mich übergeben.«
»Du warst betrunken.«
»Lieber Himmel, ja und?«
Clelland runzelte die Stirn.
»Das ist Oliver«, stellte ich ihn vor. »Mein, äh, Freund,«
Warum das »äh«? Ich war mir bewusst, dass ich möglicherweise nicht ganz so begeistert klang, wie ich klingen könnte.
Clelland streckte die Hand aus. »Hi.«
»Hi«, sagte Olly und schüttelte die angebotene Hand.
»Clelland ist ein alter Schulfreund.«
Ich hatte Olly nie was von Clelland erzählt. Zuerst, weil ich mich an die völlig bescheuerte »Laber deinem neuen Freund nicht die Ohren von deinen Exfreunden voll, sie sollen denken, du wärst noch Jungfrau«-Regel hielt. Und dann ... na ja, manche Dinge sind einfach Privatsache. Außerdem glaube ich, wenn wir alle wüssten, wie andere sich als Teenager aufgeführt haben, dann würde niemand mehr mit irgendwem ausgehen.
»Nett, Sie kennen zu lernen«, brummte Olly.
Als ich die beiden so nebeneinander stehen sah, überkam mich plötzlich ein seltsames Gefühl. Ich verglich die beiden nicht miteinander. Ganz bestimmt nicht. Hier ging es nicht um Wettbewerb. Clelland könnte sich immerhin noch als totaler Scheißkerl entpuppen.
»Olly ist Anwalt«, versuchte ich das Gespräch in Gang zu halten.
»Ach, tatsächlich? Und ich habe Ihnen die Hand gegeben«, sagte Clelland mit einem Lächeln.
Ich hatte ihn noch nicht oft lächeln gesehen. Stadtrebellen lächeln schließlich nicht besonders oft. Die reden dauernd über Selbstmord und Leonard Cohen. Es war wunderbar. Seine Zähne waren ein bisschen schief, und die Eckzähne zeigten etwas nach innen.
»Oje, das tut mir aber Leid. Aber von unserem Laden werden Sie nur aufs Kreuz gelegt, wenn Sie Multimillionär sind«, sagte Ol. »Bloß der sechste Kreis der Hölle, so gesehen.«
»Sie gehören also nicht zu diesen Typen, die im Fernsehen dafür werben, dass fette Ladys, die im Büro vom Stuhl fallen, ihren Chef verklagen sollen?«
»Nein. Obwohl ich Flo natürlich helfe, wenn so was zu Hause passiert«, erwiderte er grinsend.
»Ja«, sagte Clelland wie jemand, dem man einen geschmacklosen Witz erzählt hat. Ich wusste nicht, ob er es lustig fand oder nicht.
»Was machen Sie denn beruflich?«, erkundigte sich Olly, während er mit einem Auge auf einen Kellner schielte, der mit einer Schale Krabbentoast an uns vorbeiging. Schnell griff er sich vier Stück davon.
»Wieso kannst du Sesam auf Toast essen, aber nicht auf Würstchen?«, fragte ich ohne nachzudenken. Die beiden Jungs sahen mich an.
»Weil es Toast ist«, antwortete Olly, als müsse er es einer Vierjährigen erklären. »Mit Toast kann man
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