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Einmal ist keinmal

Einmal ist keinmal

Titel: Einmal ist keinmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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gebaut, daß keine Geräusche hindurchdrangen. Die Zimmer waren groß und sonnig. Die Decken waren hoch. Ich wohnte im ersten Stock, und meine Fenster gingen auf unseren kleinen Privatparkplatz hinaus. Einen Balkon hatte ich nicht, aber immerhin führte die altmodische schwarze Feuerleiter direkt an meinem Schlafzimmerfenster vorbei, geradezu ideal, um Strumpfhosen zu trocknen oder von Blattläusen befallene Topfpflanzen auszulagern, und außerdem groß genug, um in warmen Sommernächten draußen sitzen zu können.
    Das schönste an diesem häßlichen Backsteinkasten war jedoch die Tatsache, daß er nicht zu einem riesigen Komplex anderer häßlicher Backsteinkästen gehörte, sondern für sich allein an einer belebten Straße mit kleinen Geschäften stand, an die bescheidene Holzhäuschen grenzten. Fast so wie in meinem alten Viertel, nur besser. Meine Mutter hatte ihre liebe Not, die Nabelschnur so weit zu spannen, und die nächste Bäckerei lag gleich um die Ecke.
    Ich stellte den Wagen auf dem Parkplatz ab und schlich durch den Hintereingang ins Haus. Ohne Morelli brauchte ich nicht mehr tapfer zu sein, und so humpelte ich denn unter ausgiebigem Wimmern und Fluchen in meine Wohnung. Nachdem ich geduscht und mich verarztet hatte, zog ich mir ein frisches T-Shirt und Shorts an. Meine Knie hatten die oberste Hautschicht eingebüßt, und die Blutergüsse, die sich darauf abzeichneten, schillerten bereits in den schönsten Lila- und Blautönen. Meine Ellenbogen sahen auch nicht viel besser aus. Ich fühlte mich wie ein Kind, das vom Fahrrad gefallen war. Ich hörte mich noch jubeln: »Ich kann es, ich kann es«, da lag ich auch schon auf der Nase und hatte aufgeschlagene Knie.
    Ich warf mich aufs Bett und streckte alle viere von mir. Das mache ich immer, wenn ich nicht mehr weiterweiß. Ich kann es nur empfehlen. Man kann ein Nickerchen machen, während man daraufwartet, daß einem ein genialer Gedanke kommt. Ich lag also da, und die Zeit verging. Ein genialer Gedanke wollte mir nicht kommen, und zum Schlafen war ich zu aufgeregt.
    Immer und immer wieder lief die Begegnung mit Ramirez vor mir ab. Ich war noch nie von einem Mann angegriffen worden. Es war eine entwürdigende beängstigende Erfahrung, und obwohl sich die Aufregung inzwischen etwas gelegt und ich mich ein wenig beruhigt hatte, fühlte ich mich immer noch verletzt und wehrlos.
    Ich überlegte, ob ich Ramirez anzeigen sollte, entschied mich aber sofort dagegen. Wenn ich mich bei Big Brother ausweinte, würde das meinem Ruf als harter, zäher Kopfgeldjäger in nicht gerade nützen. Daß Ranger jemanden wegen eines tätlichen Angriffs anzeigte, konnte ich mir jedenfalls nicht vorstellen.
    Ich hatte noch einmal Glück gehabt, ich war mit leichten Blessuren davongekommen. Und das hatte ich ausgerechnet Morelli zu verdanken.
    Es fiel mir nicht leicht, das zuzugeben. Von Morelli gerettet zu werden, war verdammt peinlich gewesen. Und furchtbar ungerecht. Alles in allem hatte ich mich wirklich nicht schlecht geschlagen. Ich arbeitete noch keine achtundvierzig Stunden an dem Fall und hatte Morelli schon zweimal gefunden. Sicher, es war mir nicht gelungen, ihn festzunehmen, aber ich lernte ständig dazu. Von einem Ingenieurstudenten im ersten Semester erwartet schließlich auch niemand, daß er auf Anhieb eine perfekte Brücke baut. Da konnte man bei mir ruhig auch ein Auge zudrücken.
    Ich bezweifelte, daß mir der Revolver jemals sehr viel nützen würde. Es kam mir eher unwahrscheinlich vor, daß ich auf Morelli schoß. Das höchste der Gefühle wäre ein Schuß in den Fuß gewesen. Aber wie gut standen meine Chancen, so ein kleines, bewegliches Ziel zu treffen? Nicht besonders gut. Ich brauchte unbedingt eine weniger tödliche Waffe, um mein Opfer außer Gefecht zu setzen. Vielleicht wäre mir mit einem Selbstverteidigungsspray besser gedient. Also gut, am nächsten Morgen würde ich mir in Sunny’s Gun Shop noch ein neues Spielzeug für meine Umhängetasche besorgen.
    Mein Radiowecker blinkte. 5.50 Uhr. Dösig sah ich auf die Anzeige, ohne mir viel dabei zu denken. Doch dann bekam ich einen Heidenschrecken. Meine Mutter erwartete mich wieder zum Abendessen!
    Ich sprang aus dem Bett und raste zum Telefon. Die Leitung war tot. Die Telefongesellschaft hatte mir wegen unbezahlter Rechnungen den Anschluß abgeklemmt. Ich schnappte mir die Wagenschlüssel und schoß zur Tür hinaus.

4
    Meine Mutter stand auf der Verandatreppe, als ich vor dem Haus anhielt. Sie

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