Einmal ist keinmal
Kellerlöchern stieg mir in die Nase. Ich lehnte mit dem Rücken an der Hauswand und hatte die Knie bis an Kinn angezogen. Bis auf den einen oder anderen verirrten Tropfen blieb ich vom Regen verschont.
Nach ein paar Minuten hatte es sich eingeregnet, die Tropfen wurden kleiner und fielen gleichmäßiger, der Wind frischte auf. Auf dem schwarzen Asphalt bildeten sich Pfützen, in denen sich das Licht spiegelte, und der Regen rann in Perlen am glänzend roten Lack des Cherokee hinunter.
Es war die ideale Nacht, um im Bett zu liegen und auf das Tick, Tick, Tick der Tropfen am Fenster und auf der Feuerleiter zu lauschen. Es war ein schlechter Abend, um hinter einer Azalee zu hocken. Der Regen kam nun in Böen, die mich immer wieder erwischten, bis mein Rock naß war und mir die Haare im Gesicht klebten.
Um ein Uhr zitterte ich vor Kälte. Ich hatte keine Lust mehr. Ich war völlig durchgeweicht und kurz davor, mir in die Hose zu machen. Was aber auch schon egal gewesen wäre. Um fünf nach eins gab ich auf. Selbst wenn Morelli sich noch blicken ließe, woran ich allmählich zweifelte, war ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt noch in der Verfassung war, ihn zu fangen. Außerdem sollte er mich auf gar keinen Fall mit den angeklatschten Haaren sehen.
Ich wollte gerade gehen, als ein Wagen auf den Parkplatz fuhr und am äußersten Rand parkte. Die Scheinwerfer erloschen. Ein Mann stieg aus und ging, den Kopf zwischen den Schultern, mit schnellen Schritten auf den Cherokee zu. Es war nicht Joe Morelli. Es war schon wieder Mooch. Ich legte die Stirn auf die Knie und schloß die Augen. Es war naiv von mir gewesen anzunehmen, daß Joe mir in die Falle gehen würde. Die gesamte Polizei war hinter ihm her. Er würde auf meinen Trick nicht reinfallen. Ich schmollte noch ein paar Minuten, aber dann beruhigte ich mich wieder und schwor mir, beim nächsten Mal noch cleverer zu sein. Ich hätte mich an Joes Stelle versetzen müssen. Hätte ich etwa alles aufs Spiel gesetzt, nur um mir meinen Wagen persönlich zurückzuholen? Nein. Okay, ich hatte also wieder etwas dazugelernt. Regel Nummer eins: Unterschätze nie den Gegner. Regel Nummer zwei: Denke wie ein Verbrecher.
Mooch schloß die Fahrertür auf und setzte sich hinters Lenkrad. Der Motor drehte, sprang aber nicht an. Mooch wartete einen Augenblick, dann probierte er es noch einmal. Er stieg aus und sah unter die Haube. Jetzt konnte es nicht mehr lange dauern. Man mußte kein Genie sein, um festzustellen, daß die Verteilerkappe fehlte. Mooch kam wieder unter der Haube hervor, knallte sie zu, trat gegen einen Reifen und gab ein paar deftige Flüche von sich. Er lief zu seinem Wagen zurück und fuhr vom Parkplatz.
Ich verließ mein Versteck und schleppte mich die paar Meter bis zum Hintereingang. Der Rock klebte mir an den Beinen, und in meinen Schuhen schwappte Wasser. Der Abend war ein Fehlschlag gewesen, aber es hätte noch schlimmer kommen können. Joe hätte schließlich auch seine Mutter schicken können, um den Wagen abzuholen.
Das leere Treppenhaus wirkte trübselig wie immer. Während ich auf den Fahrstuhl wartete, tropfte mir das Wasser von der Nasenspitze und aus dem Rock und bildete einen kleinen See auf dem gekachelten Fußboden. Das Haus hatte zwei Fahrstühle. Soweit ich wußte, war zwar noch nie jemand damit abgestürzt oder oben aus dem Schacht katapultiert worden, doch dafür hatte man ausgezeichnete Chancen, zwischen zwei Stockwerken steckenzubleiben. Normalerweise benutzte ich die Treppe. Aber an diesem Abend beschloß ich, meine masochistische Blödheit auf die Spitze zu treiben und den Fahrstuhl zu nehmen. Er kam, die Türen gingen auf, und ich stieg ein. Nachdem ich ohne Zwischenfall im ersten Stock gelandet war, platschte ich durch den Hausflur zu meiner Wohnung. Ich hatte die Tür schon aufgeschlossen, als mir plötzlich die Verteilerkappe wieder einfiel. Sie lag noch hinter den Azaleen. Ich überlegte, ob ich sie holen sollte, aber ich hielt mich nicht lange mit dieser Überlegung auf. Auf gar keinen Fall würde ich heute noch einmal nach unten gehen.
Ich verriegelte hinter mir die Tür und schälte mir gleich in der kleinen Diele die nassen Sachen vom Leib. Meine Schuhe waren hinüber, und auf der Rückseite meines Rocks zeichneten sich die Schlagzeilen vom Vortag ab. Ich zog mich aus und lief schnurstracks ins Badezimmer.
Ich stieg in die Dusche, zog den Vorhang zu und ließ das Wasser auf mich herunterprasseln. Der Tag war keine vollkommene
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