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Einmal ist keinmal

Einmal ist keinmal

Titel: Einmal ist keinmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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unvorhersehbaren Tragödie fertig zu werden.
    In meiner Not wählte ich die 0 und erzählte der Frau von der Vermittlung, daß Lula verletzt auf meiner Feuerleiter lag. Plötzlich mußte ich daran denken, wie Jackie Kennedy über den Autositz geklettert war, um ihrem toten Mann zu helfen, und ich fing an zu weinen. Ich weinte um Lula, um Jackie und um mich selbst, die wir alle Opfer von Gewalttätigkeiten waren.
    Ich kramte in der Besteckschublade nach meinem Obstmesser, das ich schließlich auf dem Ablaufbrett fand. Ich hatte keine Ahnung, wie lange Lula schon an das Geländer gefesselt war, aber sie sollte keinen Augenblick länger dort hängen.
    Ich lief mit dem Messer zurück zum Fenster und sägte an den Fesseln herum, bis ich sie aufgeschnitten hatte und Lula in meine Arme sackte. Sie war fast doppelt so groß und schwer wie ich, aber irgendwie gelang es mir trotzdem, ihren unbeweglichen, blutenden Körper ins Schlafzimmer zu ziehen. Mein Beschützerinstinkt. Stephanie Plum, die Katzenmutter. In der Ferne hörte ich Sirenen heulen, sie kamen näher und immer näher, und dann hämmerte die Polizei an meine Tür. Ich kann mich nicht daran erinnern, sie hereingelassen zu haben, aber ich muß es wohl getan haben. Ein uniformierter Beamter nahm mich zur Seite, ging mit mir in die Küche und setzte mich auf einen Stuhl. Ein Sanitäter folgte.
    »Was ist passiert?« fragte der Polizist.
    »Ich habe sie auf der Feuerleiter gefunden«, sagte ich. »Ich habe den Vorhang aufgezogen, und da war sie.« Meine Zähne klapperten, und mein Herz hämmerte immer noch. Ich sog mir die Lungen voll Luft. »Sie war festgebunden, damit sie nicht umkippen konnte, und ich habe sie abgeschnitten und durch das Fenster gezogen.«
    Die Sanitäter riefen nach einer Trage. Ich hörte, daß mein Bett weggeschoben wurde, um Platz zu machen. Ich hatte Angst zu fragen, ob Lula noch lebte. Ich atmete noch einmal ganz tief durch und krallte die Hände in meinem Schoß ineinander, bis die Knöchel weiß wurden und sich die Fingernägel in meine Handteller gruben.
    »Wohnt Lula hier?« wollte der Polizist wissen.
    »Nein. Ich wohne hier. Ich weiß nicht, wo Lula wohnt. Ich weiß nicht mal, wie sie mit Nachnamen heißt.«
    Als das Telefon klingelte, nahm ich automatisch ab.
    Die Stimme des Anrufers kam flüsternd aus dem Hörer. »Hast du mein Geschenk bekommen, Stephanie?«
    Es war, als ob die Erde aufgehört hätte, sich zu drehen. Einen Augenblick lang hing alles in der Schwebe, dann rastete es wieder ein. Ich drückte die Aufnahmetaste des Anrufbeantworters und am Lautstärkeknopf, damit alle mithören konnten.
    »Was für ein Geschenk meinst du?« fragte ich.
    »Das weißt du ganz genau. Ich habe gesehen, wie du sie gefunden hast. Wie du sie durchs Fenster gezogen hast. Ich habe dich beobachtet. Ich hätte letzte Nacht kommen und dich holen können, aber ich wollte, daß du erst Lula siehst. Du sollst sehen, was ich mit Frauen mache, damit du weißt, was dich erwartet. Du sollst daran denken, Schlampe. Du sollst daran denken, wie weh es tun wird und wie du um Gnade winseln wirst.«
    »Macht es dir Spaß, Frauen zu quälen?« fragte ich. Allmählich fand ich meine Fassung wieder.
    »Manchmal brauchen Frauen das.«
    Ich wagte einen Schuß ins Blaue. »Und was ist mit Carmen Sanchez? Hast du ihr auch weh getan?«
    »Nicht so weh, wie ich dir tun werde. Für dich habe ich mir etwas ganz Besonderes ausgedacht.«
    »Dann bringen wir es doch hinter uns«, sagte ich. Und ich erschrak, als mir klar wurde, daß ich es ernst meinte. Mit Mut hatte diese Herausforderung nichts zu tun. Es war Wut, kalte, harte, aus dem Bauch kommende Wut.
    »Jetzt sind die Bullen bei dir, Schlampe. Ich komme nicht, solange die Bullen da sind. Ich komme, wenn du allein bist und mich nicht erwartest. Wir werden noch sehr viel Zeit zusammen haben.«
    Die Verbindung wurde unterbrochen.
    »Um Gottes willen«, sagte der Polizist. »Der Mann ist wahnsinnig.«
    »Wissen Sie, wer das war?«
    »Ich will es gar nicht wissen.«
    Ich nahm die Kassette aus dem Gerät und beschriftete sie mit meinem Namen und dem Datum. Meine Hand zitterte so stark, daß die Schrift kaum lesbar war.
    Im Wohnzimmer knarzte ein Funkgerät. Im Schlafzimmer wurde gemurmelt. Die Stimmen klangen nicht mehr so hektisch, und auch sonst schien sich alles ein wenig beruhigt zu haben. Ich sah an mir hinunter und stellte fest, daß ich blutverschmiert war. T-Shirt und Shorts waren vollgesogen, Lulas Blut klebte mir an

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