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Einmal ist keinmal

Einmal ist keinmal

Titel: Einmal ist keinmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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wäre das letzte, was er jetzt gebrauchen kann.«

12
    Ich riß die Fahrertür auf und schwang mich hinters Lenkrad. Als ich losfuhr, paßte ich auf, daß ich niemanden überrollte. Ich fuhr relativ langsam, und ich sah nicht mehr zurück. An einer Ampel überprüfte ich im Rückspiegel, was ich abbekommen hatte. Meine Oberlippe war eingerissen und blutete immer noch. Auf der linken Backe bildete sich ein lila Bluterguß. Backe und Lippe waren schon leicht geschwollen.
    Ich umklammerte das Lenkrad und nahm meine ganze Kraft zusammen, um ruhig zu bleiben. Erst als ich in der Hamilton Avenue war, gewissermaßen in Sichtweite von zu Hause, fühlte ich mich wieder einigermaßen sicher, und ich hielt an, um nachzudenken. Ich fuhr auf den Parkplatz eines Supermarktes und blieb eine Weile im Wagen sitzen. Ich mußte zur Polizei, um Anzeige zu erstatten, aber ich hatte Angst, den heimischen Boden wieder zu verlassen. Außerdem wußte ich nicht, wie die Polizei diesen letzten Zusammenstoß mit Ramirez bewerten würde. Sicher, er hatte mich angegriffen, aber ich hatte ihn provoziert, indem ich vor dem Boxstudio parkte. Nicht sehr clever.
    Seit Ramirez neben mir aufgetaucht war, war ich wie im Rausch gewesen, doch nun verflog die Wirkung des Adrenalins allmählich, und Erschöpfung und Schmerzen machten sich bemerkbar. Der Arm und der Unterkiefer taten weh, und ich hatte das Gefühl, als wäre mein Puls auf zwölf Schläge in der Minute gesunken.
    Ich sah ein, daß ich es heute nicht mehr bis zur Polizei schaffen würde, und kramte in meiner Umhängetasche nach Dorseys Karte. Der Kriminalbeamte war wenigstens schon daran gewöhnt, daß ich ihm etwas vorjammerte. Ich wählte seine Nummer und bat um Rückruf, ohne mich genauer darüber auszulassen, worum es ging. Ich sah mich außerstande, die Geschichte zweimal zu erzählen.
    Ich schleppte mich in den Supermarkt und kaufte ein Fruchteis. »Ich hatte einen Unfall«, sagte ich zu der Kassiererin. »Meine Lippe ist geschwollen.«
    »Vielleicht sollten Sie zum Arzt gehen.«
    Ich wickelte das Eis aus und hielt es mir an die Lippe. »Aahh«, seufzte ich. »Das ist besser.«
    Ich stieg wieder in den Wagen, gab Gas, setzte rückwärts aus der Parklücke und krachte in einen Pickup-Truck. Mein ganzes Leben zog an mir vorbei. Ich war erledigt. Bitte, lieber Gott, flehte ich, bitte, keine Delle.
    Der andere Fahrer und ich stiegen aus und sahen uns den Schaden an. Der Pickup hatte nicht den kleinsten Kratzer abbekommen. Keine Beule, kein Lackschaden, kein nichts. Der Cherokee sah aus, als ob ihn jemand mit dem Büchsenöffner bearbeitet hätte.
    Der Fahrer des Pickup starrte auf meine Lippe. »Ehekrach?«
    »Ein Unfall.«
    »Ist wohl nicht Ihr Tag heute.«
    »Kein Tag ist mein Tag«, sagte ich.
    Da ich den Unfall verursacht hatte und sein Wagen nicht beschädigt war, verzichteten wir auf das Ritual, die Namen unserer Versicherungen auszutauschen. Ich warf noch einen letzten Blick auf die Bescherung, schüttelte mich und fuhr nach Hause. Vielleicht war es besser, Selbstmord zu begehen, als Morelli vor die Augen zu treten.
    Das Telefon klingelte, als ich die Wohnungstür auf schloß. Es war Dorsey.
    »Ich möchte Ramirez wegen Körperverletzung anzeigen«, sagte ich. »Er hat mir ins Gesicht geschlagen.«
    »Wo ist das passiert?«
    »Stark Street.« Ich erzählte ihm ganz genau, was vorgefallen war, aber ich wollte nicht, daß er vorbeikam, um meine Aussage aufzunehmen. Mir war das Risiko zu groß, daß er womöglich Morelli über den Weg lief. Ich versprach ihm, mich morgen auf dem Revier zu melden, damit der Papierkram erledigt werden konnte.
    Nachdem ich geduscht hatte, genehmigte ich mir ein Töpfchen Eiskrem zum Abendessen. Alle zehn Minuten sah ich aus dem Fenster, um nach Morelli Ausschau zu halten. Ich hatte seinen Wagen in der hintersten, dunkelsten Ecke des Parkplatzes abgestellt. Wenn ich die Nacht heil überstand, würde ich ihn am nächsten Morgen als erstes zu Al in die Werkstatt fahren. Vielleicht konnte er ihn sofort reparieren. Aber wie ich das bezahlen sollte, war mir schleierhaft.
    Bis elf Uhr sah ich fern, dann ging ich zu Bett. Rex’ Käfig nahm ich mit, um Gesellschaft zu haben. Ramirez hatte nicht angerufen, und Morelli war auch nicht aufgetaucht. Ich wußte nicht, ob ich erleichtert oder enttäuscht sein sollte. Ich hatte keine Ahnung, ob Morelli mich noch überwachte und beschützte, wie wir es ausgemacht hatten, also schlief ich mit dem Verteidigungsspray, dem

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