Einmal Paradies und zurück
schon den ganzen Tag unterwegs, ich hatte einfach keine Zeit anzurufen – ein Geschäftsessen, da konnte ich schlecht einfach weglaufen. Sorry. Die Zeiten sind hart, und die wollten mit uns essen und noch ein paar neue Ideen ausdiskutieren. Aber es hat sich gelohnt.«
»Du hättest doch wenigsten kurz anrufen können! Ich bin halb wahnsinnig vor Sorge.«
»Ich hab gearbeitet, Kate. GEARBEITET .«
»Ich sag ja nur, es hätte dich nicht umgebracht, mir wenigstens eine SMS zu schicken, oder? Ich hab Abendessen gemacht für dich, weißt du. Dein Lieblingsessen, Filetsteak und Pommes. Ich wollte … na ja, ich wollte den Streit von letzter Nacht wiedergutmachen. Tut mir echt leid, wie ich mich benommen habe. Ehrlich, Paul. Es ist schwierig für mich mit deiner Familie, und ich hätte ein bisschen moralische Unterstützung von dir gut brauchen können.«
Begeistert sehe ich sie an. Sie gibt sich solche Mühe. Ich will nicht sagen, dass das alles mir und meinen unterschwelligen Psychospielchen zu verdanken ist, aber … na ja, seien wir ehrlich, dieser neue Ton ist schon auch auf meinen Einfluss zurückzuführen.
Es entsteht eine Pause, in der man Lachen und Reden und Restaurantgeräusche hört. Vermutlich wartet Kate darauf, dass auch Paul sich entschuldigt.
Aber nichts dergleichen. Stattdessen erzählt er, dass Mike, der Seniorpartner des Bauunternehmens, gerade noch eine Flasche Château Margaux bestellt hat. Deshalb will Paul lieber nicht fahren und die Nacht noch in Galway verbringen, aber er verspricht, dass er morgen früh gleich anruft. Dann ein Klicken, er legt auf, und Kate lässt sich aufs Sofa sinken. Jetzt macht sie wirklich einen angekotzten Eindruck.
Ein paar Minuten sitzt sie einfach nur da. Dann murmelt sie: »O Scheiße, die Messe!«, wählt noch einmal Pauls Nummer, aber er nimmt nicht ab. Wahrscheinlich hört er in dem ganzen Lärm das Klingeln nicht. Also hinterlässt sie ihm eine Nachricht, überlegt kurz, holt das Handy raus, scrollt zu einer Nummer in ihrem Adressbuch und findet schließlich die gewünschte Nummer. Ich lese über ihre Schulter mit und falle fast um, als ich sehe, wen sie anrufen will. Das Dorngestrüpp persönlich!
Seht ihr?, denke ich selbstzufrieden. Die Macht der Suggestion. Nicht dass Kate jemals eine Busenfreundin der Horrorschwägerinnen werden wird, aber sie gehören zur Familie und … wäre nicht alles einfacher, wenn sie miteinander auskommen? Vor allem, wenn ein bestimmtes freudiges Ereignis eintritt, ist es doch wunderbar für Kate, wenn sie wenigstens ein bisschen Unterstützung von ihren Schwägerinnen bekommt, die ja alle selbst Mütter sind und die gleiche Erfahrung haben.
Kate wählt, und es klingelt am anderen Ende.
»Hallo?« Eine Kleinmädchenstimme antwortet. Was seltsam ist, um es mal vorsichtig auszudrücken.
»Äh … ich spreche nicht mit Rose, oder?«, fragt Kate etwas verwundert.
»Nein, hier ist Kirsten. Bist du das, Tante Kate?«
»Ja, ich bin’s, Mäuschen. Warum bist du denn so spät noch wach?«
»Erzähl es bitte nicht meiner Mummy, ja? Ich müsste längst schlafen, aber die Babysitterin redet am Handy mit ihrem Freund, und sie hat gesagt, wir können uns DVD s anschauen, wenn wir den Mund halten, solange sie telefoniert.«
»Ach so.«
»Aber, Tante Kate?«
»Ja, Liebes?«
»Ich glaube, sie hat Krach mit ihrem Freund. Ich hab gehört, wie sie schlimme Wörter sagt.«
»Und wo ist deine Mummy?«
»Sie hat ungefähr viermal ›fick dich‹ gesagt und dass der Freund ein totales Arschloch ist.«
»Das sind wirklich sehr schlimme Wörter, Kirsten, die solltest du nicht wiederholen.«
»Ich hab sie aber ganz laut gehört, weil sie ins Telefon gebrüllt hat. Mein Cousin Tommy hat ganz doll gelacht, aber ich nicht, ehrlich. Ich mag keine schlimmen Wörter.«
»Sehr brav, das freut mich. Also, wo ist denn jetzt deine Mum?«
»Gestern Abend, als du hier warst, da hab ich gehört, wie Tante Melissa und Tante Sue schlimme Wörter über dich gesagt haben, und das hat mir auch nicht gefallen. Wo du mir sogar Weingummi von der Sweet Factory geschenkt hast. Das war echt lieb von dir. Ist mir egal, was die anderen sagen, Tante Kate. Ich finde dich nett.«
Kate stößt einen tiefen Seufzer aus. »Kirsten, Mäuschen, ist deine Mum ausgegangen? Dann muss ich nämlich eine Nachricht für sie hinterlassen.«
»O ja. Mum und Dad sind bei einer Party in Sheehan’s Pub.«
»Okay, Liebes, würdest du ihr bitte sagen, sie soll mich morgen
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