Einmal Paradies und zurück
früh zurückrufen?«
»Onkel Paul ist auch mitgegangen. Möchtest du ihn sprechen?«
»Was hast du gesagt, Liebes?«
»Onkel Paul war vorhin kurz da, mit der Frau von der Band, und sie haben in der Küche gelacht und Quatsch gemacht. Sie waren den ganzen Abend hier, alle vier, und Onkel Paul hat mir Geld geschenkt. Dann haben sie Mummy und Daddy mit in den Pub genommen. Sie ist nett, die Frau mit den hellgelben Haaren, aber ich hab ihren Namen vergessen.«
Kate sieht total verstört aus. »Sie heißt Julie, Liebes.«
Ich bleibe die Nacht über bei ihr, aber ich habe keine blasse Ahnung, was ich jetzt tun soll. Ich kann ihr nicht mal einen schönen Traum in den Kopf setzen, denn sie wälzt sich die ganze Nacht im Bett herum und schläft keine Minute.
Kapitel 17
James
… schreibt eine Liste, und ich schaue ihm über die Schulter und lese mit. Fünf Namen von Leuten, die er um Hilfe bitten will. Alles auf einem zerfledderten Blatt Meridius-Briefpapier, in seiner verschnörkelten Schrift, bei der ich irgendwie immer an einen Serienmörder denken muss. In Gedanken bin ich noch bei der armen Kate, aber in den frühen Morgenstunden ist sie dann doch eingeschlafen, und ich dachte, es ist am besten, wenn ich sie in Ruhe lasse, zumindest für den Augenblick. Ich bin selbst total entsetzt und kann noch gar nicht recht glauben, dass Paul – Perfect Paul! – seine Frau so unverschämt anlügt. Das kann eigentlich nicht wahr sein … aber allmählich kriege ich ernsthafte Zweifel. Ich möchte gerne glauben, dass alles nur ein großes Missverständnis ist, dass Kirsten, die ihn so ahnungslos am Telefon verpfiffen hat, vielleicht nur etwas durcheinandergebracht hat. Schließlich ist sie gerade mal acht … aber bis Kate mit Paul sprechen und alles klären kann, muss ich leider abwarten.
In dieser Stimmung schaue ich also bei James vorbei, bin aber froh darüber: Er ist der lebende Beweis dafür, dass absoluten Mistkerlen gelegentlich etwas Schlimmes passiert, und das hilft mir beträchtlich, daran zu glauben, dass es doch so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit gibt.
Seine Bettelliste lautet folgendermaßen:
Simon Webb. (Ebenfalls unabhängiger Produzent, aber im Gegensatz zu James einer, der sich wie ein Gentleman benimmt, die Leute, die für ihn arbeiten, fair behandelt und – das Wichtigste – seine Arbeit tatsächlich gebacken kriegt.)
Alex Mackey. (Reiche Schickeria-Tusse, geschieden von einem Multimillionär, ständig in der Klatschpresse, wo sie auf Fotos nie zweimal das gleiche Designer-Outfit anhat. Mit James auf die Art befreundet, dass sie sich bei der Begrüßung Küsschen geben und sich Darling nennen. Sie verleiht James’ Premierenveranstaltungen ein bisschen Glamour, das heißt, sie erscheint angemessen aufgetakelt in irgendeinem schicken Fummel und füllt die Klatschspalten.)
Shane Ferguson. (Präsident der irischen Filmförderung. Hat James vor Jahren schon einmal gerettet und in eine Dokumentation von ihm einiges Geld investiert. Wahrscheinlich wirklich einen Versuch wert.)
Joe McKinney. (Ein Schuss ins Blaue. Multimillionär, der mit dem Kauf eines Radiosenders reicht geworden ist, den er zu einem der größten im ganzen Land ausgebaut hat. Ich schätze ihn als völlig unwahrscheinlich ein, weil allgemein bekannt ist, dass er James nicht ausstehen kann und schon mehrfach Projekte von ihm in den Dreck gezogen hat.)
James’ Bruder Matthew. Ach, James. Daran sieht man, wie verzweifelt die Lage ist. Wenn du noch die entsprechenden vier Reiter dazuholst, geht das schon fast als Apokalypse durch.
Zerzaust, rotäugig und verkatert sitzt er auf der Couch. Neben ihm steht eine halbleere Flasche Jack Daniel’s, aus der er sich in unregelmäßigen Abständen nachschenkt. Um neun Uhr früh! Mit leicht unsteter Hand nimmt er das Telefon und wählt die erste Nummer auf der Liste. Ich möchte ihn anschreien, aber es müsste etwas richtig Griffiges sein … zum Beispiel: »Hier siehst du das Gesetz des Karma in Aktion.« Oder vielleicht: »Das kommt davon, wenn man seine Mitmenschen wie Dreck behandelt.«
Aber ich bin eben ein weichherziger Mensch, denn als ich seine zitternden Hände und sein aschfahles Gesicht sehe, fallen mir keine bösen Bemerkungen mehr ein. Ich schaue mich um und denke daran, dass er womöglich das Haus verlieren wird, unser angeblich gemeinsames Heim, in das ich so viel Arbeit und Hoffnung und was sonst alles gesteckt habe. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass er sein
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