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Einmal Paradies und zurück

Einmal Paradies und zurück

Titel: Einmal Paradies und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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verbannen. Ich kann nur warten, bis sie schläft, und mich dann mit ihr unterhalten … Scheiße. Nein, nein, NEIN . Das geht ja nicht, denn dann lande ich nur wieder in Reginas Büro und kriege eine Strafpredigt, weil ich den freien Willen eines Menschen manipuliere. Wachen und weisen, lenken und leiten, so lautet die Devise. Und damit basta. Ach verdammt.
    Jetzt steht Fiona vor dem Spiegel über dem Kamin, überprüft ihr Make-up und zupft auch mal wieder an ihrem Gesicht herum, um zu überprüfen, wie sie aussehen würde, wenn sie sich liften lässt. Sie trägt Jeans und einen warmen Wollpullover, dazu bequeme flache Stiefel, als hätte sie vor, in den Bergen wandern zu gehen, aber mit frisch gewaschenen und hübsch geföhnten Haaren. Sie ist so dezent geschminkt, dass man es kaum sieht – was bekanntlich viel schwieriger ist, als wenn man das Zeug einfach draufklatscht.
    Wohin zum Teufel geht sie denn? Für die Schule ist sie viel zu leger gekleidet, aber wenn sie nichts Besonderes vorhat, warum hat sie sich dann trotzdem so schön gemacht? Im nächsten Moment lässt sie sich aufs Sofa plumpsen, zerrt sich den einen Stiefel vom Fuß und schlüpft stattdessen in einen mit hohem Keilabsatz. Hastig steht sie wieder auf, humpelt zum Ganzkörperspiegel in der Diele und versucht zu entscheiden, welcher Stiefel besser aussieht, indem sie abwechselnd auf dem einen und auf dem anderen Bein steht. Flache Stiefel oder Keilabsatz …?
    Dann passieren zwei Dinge gleichzeitig. Von oben hört man die Klospülung, und unten klingelt es an der Haustür. Fiona schlägt pantomimenreif die Hand vor die Brust. In Windeseile reißt sie sich das Keilabsatz-Ding vom Fuß, stopft ihn unter den Flurtisch, schnappt sich den flachen Stiefel aus dem Wohnzimmer, steigt rein, rennt zur Tür, macht sie auf … und schnappt nach Luft.
    Denn davor steht der attraktivste Mann, den man sich nur vorstellen kann. Groß und kräftig wie ein Rugbyspieler, helle Haare, wunderschöne lagunenblaue Augen. In der Hand hält er einen mit einem rosa Band zusammengebundenen Tulpenstrauß, aber er schafft es, ihn nicht kitschig aussehen zu lassen. Fiona ist so von den Socken, dass ihr fast die Augen aus dem Kopf quellen, und da sie nicht spontan in ein Loblied über sein Aussehen ausbrechen kann, tu ich es für sie.
    »Mutter Gottes und alle Heiligen, wer hat denn dieses Hugo-Boss-Model herbestellt?«, japse ich und stelle mir vor, wie der Mann mit nacktem Oberkörper aussieht. Wie Jonathan Rhys Meyers in den Tudors, darauf möchte ich wetten.
    »Du musst Fiona sein«, lächelt er, ein bisschen nervös, und streckt ihr die Tulpen hin. »Es ist wirklich schön, dich endlich kennenzulernen. Die Blumen sollen ›Entschuldigung‹ sagen für den Abend letzte Woche – und danke, dass du so verständnisvoll reagiert hast. Das hätten nicht viele Frauen getan.«
    Ein Mann der leisen Töne, sanft, mit leicht geneigtem Kopf – entweder, um seine Größe oder um seine Schüchternheit zu verstecken. Wirkung insgesamt: umwerfend sexy.
    »Äh, keine Ursache. Und danke für die Blumen, sie sind wunderschön«, stößt Fiona hervor, ohne die Augen von ihm abzuwenden. Und auch ich kann den Blick nicht abwenden.
    »Ich bin übrigens Gerry.«
    »Hi, Gerry«, sagen Fiona und ich wie aus einem Munde.
    Ein wundervoller stiller Augenblick folgt, in dem wir beide diesen Gerry fasziniert anstrahlen. Dann endlich dämmert es mir.
    »Himmel, das ist er, der Tierarzt! O Fiona, du bist echt ein Glückspilz. Los, sag ihm, dass sein Profilbild ihm nicht annähernd gerecht wird. Er hat dir echte Blumen mitgebracht, er sieht göttlich aus – wenn du dir den entgehen lässt, erstehe ich von den Toten auf, um dich heimzusuchen.«
    »Äh, danke, dass du extra von Carlow hergefahren bist, um mich abzuholen«, lächelt sie und sieht dabei wahnsinnig hübsch aus. Sie errötet sogar ein bisschen.
    »War mir ein Vergnügen. Und das Mindeste, was ich tun konnte. Echt nett, dass du heute mitkommst, es wird dir bestimmt Spaß machen. Jedenfalls hoffe ich es. Hey! Toll, dass du Stiefel anhast – du würdest dich wundern, wie viele Mädchen in hohen Absätzen zum Festival kommen und dann wie die Idioten im Schlamm rumstaksen.«
    Fiona lacht ein glockenhelles Mädchenlachen, während sie den aussortierten Stiefel verstohlen noch ein Stück weiter unter den Tisch bugsiert.
    Oh, ich könnte den beiden den ganzen Tag zuschauen. Ihr erstes Date, hoffentlich von vielen weiteren. Heute muss Sonntag

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