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Einmal Paradies und zurück

Einmal Paradies und zurück

Titel: Einmal Paradies und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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ich sowieso fertigwerden, und das hätte ich doch genauso gut mit einem hübschen Accessoire tun können. Tja, ich bin eben eine oberflächliche Person. Echt. Kate andererseits hat sich strikt geweigert, mit irgendjemandem über Dads Tod zu sprechen, sie war einfach jahrelang schlechter Stimmung, aus der sie eigentlich erst rauskam, als sie Perfect Paul kennengelernt hat.
    Zu ihrer Verteidigung muss ich sagen, dass man sehr, sehr lange suchen muss, um einen Menschen zu finden, der so ein gutes Herz hat wie Kate. Sie kümmert sich um Mum, ruft sie jeden Tag an, erledigt ihre Einkäufe und sorgt für sie wie eine verantwortungsbewusste große Schwester. Außerdem hat sie mir ständig Vorträge gehalten, dass es im Grunde besser für mich wäre, eine Beziehung mit einem Ebola-infizierten Affen zu unterhalten als mit einem unzuverlässigen Idioten wie James Kane. Natürlich zitiere ich sie hier nicht wörtlich, aber das war der Kern der Sache. Ich wollte ihre guten Ratschläge nie hören, habe mir aber mit zusammengebissenen Zähnen immer wieder klargemacht, dass Kate mir nur deshalb solche Moralpredigten hält, weil ich ihr am Herzen liege. Es gibt kaum einen Menschen, der so großherzig und einfühlsam ist wie Kate. Ehrlich. Nur muss man eben ziemlich tief graben, um auf diese Goldader zu stoßen, und in Acht nehmen sollte man sich, wenn Kate a) gestresst, b) prämenstruell oder c) traurig ist. Was ihr momentanes Verhalten zumindest teilweise erklärt.
    »Kommst du jetzt bitte mit mir?«
    Kate antwortet nicht, sondern geht stumm hinter Chidi einen schmalen Korridor hinunter zu einem schwachbeleuchteten Raum, in dem Duftkerzen brennen und es wunderbar nach Rosenöl riecht. Dort steigt sie auf die Liege und reißt sich den Bademantel runter. Chidi deckt sie mit mehreren Handtüchern zu.
    »Okay, dann gehen wir mal deinen Fragebogen durch, ja?«
    Kate gibt ihr keine Antwort, sondern klackt nur mit der Zunge, auf eine mir wohlbekannte ungeduldige Art.
    »Sehen wir mal«, fährt Chidi unbeirrt fort, während sie das Blatt auf dem Klemmbrett überfliegt.
    »Dreiunddreißig Jahre alt, keine Allergien, bisher keine gesundheitlichen Probleme, richtig?«
    »Nein, ich fand es nur witzig, auf dem Formular zu lügen. Ja, klar ist das richtig.«
    »Oooookay.« Chidi kann mit gereizter Stimmung anscheinend ganz gut umgehen. »Ich muss dir noch ein paar Fragen stellen, ehe wir mit der Behandlung anfangen können. Also – wie viele Stunden schläfst du nachts durchschnittlich in letzter Zeit?«
    »Keine Ahnung. Sechs oder sieben. Ganz normal.«
    »Das ist gut, wenn man bedenkt … na ja, wenn man bedenkt, was du gerade durchmachst.«
    »Tja, da sieht man mal wieder, was Valium alles bewirken kann.«
    »Ach so, verstehe. Und wie ernährst du dich?«
    »Gut. Perfekt ausgewogen. Immer noch Größe 36 , oder etwa nicht?«
    Chidi lächelt nur. Meine Güte, denke ich, bei ihr könnte ja der Dalai Lama noch Unterricht in Geduld und Nachsicht nehmen.
    »Und keine Muskelprobleme?«
    »Nein, nichts.«
    »Rauchst du?«
    »Äh, nein.«
    Verdammt richtig. Bei den seltenen Gelegenheiten, wenn Kate mich und James in ihr makelloses Traumhaus eingeladen hat (die Ajax-Towers, hat James es immer genannt), dann hat sie darauf bestanden, dass er draußen rauchte. Aber auch nicht im Vorgarten, denn Kate möchte keine Asche auf ihren Geranien. Und wenn ihr glaubt, das ist extrem, dann solltet ihr sie mal in Aktion sehen, wenn sie an warmen Tagen kalte Getränke serviert und die Untersetzerregel in Kraft tritt.
    Der arme Perfect Paul. Manchmal hab ich echt Mitleid mit ihm. James und ich haben oft spekuliert, wie er mit Kates Exzessen fertigwird, zum Beispiel mit der Anordnung »keine Schuhe im Haus«, die in Kraft trat, als der Holzfußboden gemacht worden war. Oder mit der Tatsache, dass sie die Geschirrtücher zum Bügeln gibt. Oder dass sie (ungelogen) nicht mal den Müll rausbringen kann ohne Lippenstift. Durch die Romantikbrille würde ich es darauf schieben, dass Perfect Paul vor lauter Liebe den Boden küsst, auf dem Kate wandelt, und daher bereit ist, sich mit fast allem abzufinden. Auf diesen Gedanken folgte dann stets die bange Frage: Warum behandelt
mein
Freund mich nicht so? James erklärte sich das Phänomen so, dass Kate unter ihrer Stahlmagnolienoberfläche bestimmt eine Tigerin im Bett sei. Sex ist, nebenbei bemerkt, James’ Standardantwort auf fast jede Frage.
    »Trinkst du Alkohol?«
    »Nein.«
    Oh, das ist jetzt aber gelogen, Kate! Du

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