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Einmal Paradies und zurück

Einmal Paradies und zurück

Titel: Einmal Paradies und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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als wenn ich ehrlich bin und angebe, dass ich in einem Lehrerzimmer sitze und Aufsätze korrigiere. Außerdem peppt jeder im Internet sein Leben ein bisschen auf. Schließlich ist das ja kein Stasibericht, oder?«
    »Fiona, ich weiß auch nicht, wo dein Seelenpartner ist, aber ich bin ziemlich sicher, dass er sich nicht auf einer Website befindet. Außerdem wette ich, sein Profilbild ist in Photoshop bearbeitet, und im wirklichen Leben ist er nicht so hübsch retuschiert.«
    »Na gut, MrSchäferhundfan«, sagt Fiona und wendet sich wieder dem Bildschirm zu. »Vielleicht stellt sich heraus, dass du aussiehst wie jemand, der auf eine Geschlechtsumwandlung wartet, aber es gibt nur eine Möglichkeit, das rauszufinden.« Und schon tippt sie eine Mail an ihn, schneller als eine Reisebüroangestellte. Ich spähe über ihre Schulter und lese mit.
    Hallo, du klingst interessant. Wie wär’s mit einem Treffen? Hast du heute Abend vielleicht Zeit für einen Drink im Dunne & Crescenzi?
    »Fiona, du hast doch nicht wirklich vor auszugehen, oder? Ohne dass ich dir die Pistole auf die Brust setze?«
    Aber sie tippt unbeirrt weiter.
    Sag möglichst bald Bescheid, damit wir eine Uhrzeit ausmachen können. Lexie Hart.
    »Lexie Hart? Was ist denn das, Schätzchen, führst du so eine Art Doppelleben?«
    Dann hört man in der Ferne die Pausenglocke, und von jetzt auf nachher wird aus der angenehmen Stille ein ohrenbetäubendes Getöse, Schüler rennen lärmend von einem Klassenzimmer zum anderen, kreischen, rufen und brüllen, während sie durch die Korridore flitzen. Innerhalb weniger Sekunden füllt sich das Lehrerzimmer mit Fionas Kollegen, alle ganz erpicht auf Tee/Kaffee/Gelegenheit zum Ablästern. Schwester Teresa, die Direktorin, eilt zu Fiona, die gerade noch Zeit hat, ihren Laptop zuzuklappen und ein Gesicht aufzusetzen, das zeigt, dass sie von den Geschichtsarbeiten über Bismarck total fasziniert ist und deshalb gar nicht bemerkt hat, wie ihre Chefin reingekommen ist. So gekonnt, wie sie das macht, ist es garantiert nicht das erste Mal.
    Du kannst einiges, Fiona, aber deine tote Freundin kannst du nicht an der Nase herumführen.
    »Miss Wilson?«, sagt Schwester Teresa. »Haben Sie einen Moment Zeit für mich?«
    »Ja, Schwester?«
    Schwester Teresa steht jetzt direkt neben uns, und mein Gott, ihr solltet sie sehen: kein Fältchen im Gesicht, die Haut taufrisch und strahlend, als käme sie gerade von der Kosmetikerin. Das würde mich ja nicht stören, aber sie muss mindestens so alt sein wie meine Mum … was ist das bloß mit dem Klosterleben, dass es den Alterungsprozess aufzuhalten scheint? Wenn es sich um ein Enzym handelt, das man nur in einer männerfreien Umgebung produziert, sollten die Wissenschaftler es schnell in Flaschen abfüllen und verkaufen.
    »Ich wollte nur sagen, wie leid es mir tut, dass Ihre Freundin diesen schrecklichen Unfall hatte. So etwas stellt den Glauben immer auf eine schwere Probe.«
    »Ja, danke, Schwester.«
    Fiona hat wieder Tränen in den Augen.
    Komm schon, Süße, was immer du tust, weine nicht, denn wenn du anfängst, geht es bei mir auch los, und dann kann ich garantiert nicht mehr aufhören.
    »Ich hoffe, Sie wissen, dass wir alle für Ihre Freundin beten.«
    »Das ist sehr lieb von Ihnen, und ich werde es auch Charlottes Familie sagen.«
    »Sie kennen ja meine Devise: Harte Zeiten machen stark, Sorgen helfen, dass man menschlich bleibt, durch Misserfolge lernen wir Bescheidenheit, aber weitermachen kann man nur aus eigener Kraft.«
    Schwester Teresa macht einen echt netten Eindruck. Dabei lästert Fiona immer über sie, weil sie angeblich ständig mit religiösen Euphemismen um sich wirft. Außerdem behauptet Fiona, dass die Nonnen, sobald die Glocke zum Schulschluss bimmelt, den Martini rausholen, dass die Hälfte von ihnen raucht und Pornos anschaut. Aber wenn ihr mich fragt: Sie sind genau wie in
The Sound of Music
, nur ohne die Alpen. Aber wie dem auch sei, Fiona und Schwester Teresa plaudern noch eine Weile über die Probe-Abschlussprüfungen, und ich denke weiter über meine Freundin nach.
    Ich muss mit ihr kommunizieren, sonst werde ich ihr nie helfen können. Ich muss alles einsetzen, was ich in meinem Engel-Crashkurs gelernt habe, aber ohne sie zu erschrecken – ich will ja nicht, dass sie einen Herzinfarkt bekommt. Den spare ich mir lieber auf für James Kane.
    Denn was ich hier zu tun habe, ist klar: Ich muss den perfekten Mann für Fiona finden. Oder soll ich sie lieber

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