Einmal Paradies und zurück
ihr nicht guttut, allein zu sein. Wir müssen uns umeinander kümmern, jetzt mehr denn je, Paul. Du weißt doch, wie mitgenommen sie ist … Weil ich mir Sorgen um sie mache, deshalb. Ach, um Himmels willen, wie oft muss ich dir das denn noch erklären? Ja, ich hab dir Bescheid gesagt, dass sie zum Essen kommt, mehrmals sogar. Ist es vielleicht meine Schuld, dass du nebenbei Fußball gucken musst?«
Ein tiefer, resignierter Seufzer folgt, dann wieder Gemurmel von der anderen Seite, während Kate sich die Schläfen massiert, als spüre sie eine Migräneattacke nahen.
»… na gut, ich sag dir, was wir brauchen. Hähnchenbrustfilets … bitte Bio, nicht dieses Billigzeug. Ofenfertig, ja … Paul, schreibst du dir das alles auf? Ich hab nämlich keine Lust, noch mal in die Stadt latschen zu müssen. Was
regelmäßig
passiert, wenn ich dich mal um einen Gefallen bitte … Schön, danke. Zucchini. Zitronen. Parmesan, gerieben. Kartoffelgratin …« Sie zählt die Sachen an den Fingern auf, während sie ihre innere Liste durchgeht.
»… ach ja, und irgendwas zum Nachtisch. Irgendwas … nein, nein, bloß keinen Käsekuchen, du weißt doch, dass Mum davon Magenbeschwerden kriegt … Nein, ich nörgle nicht, nimm das gefälligst zurück … Weil ich mir heute ausnahmsweise mal ein bisschen Zeit für mich nehme und Supermarkt nicht auf meinem Terminplan steht, deshalb …« Es folgt erneut ein abgrundtiefer Seufzer. »… ich mache Reiki, wenn du es unbedingt wissen willst … weil … weil … weil es vielleicht hilft, deshalb. Weil ich bereit bin, alles zu versuchen. Aber vor allem, weil ich unbedingt … du weißt schon … weil ich schwanger werden will … damit ich endlich was anderes fühle als das, was ich jetzt fühle. Weil ich nicht zurechtkomme mit, mit … mit dem, was passiert ist … und … ich vermisse meine kleine Schwester wahnsinnig …«
Großer Gott. Jetzt brechen alle Dämme, und die Tränen sind nicht mehr zu stoppen. Kate schluchzt unbändig und merkt nicht, dass ich den Arm um sie gelegt habe und sie an mich drücke. Ich wusste es. Ich wusste, dass sie nur auf ihre Wut ausweicht und den armen alten Perfect Paul als Punchingball benutzt, aber in Wirklichkeit trauert sie. Ganz sicher. Kein normaler Mensch regt sich so über Biohähnchen und Käsekuchen auf, oder?
Ach, Kate, Kate, Kate, denke ich und umarme sie fest.
Ich weiß, du möchtest unbedingt schwanger werden, und ich weiß auch, dass ein Baby dir vieles erleichtern würde. Und dass du eine wundervolle Mutter sein wirst. Okay, vielleicht eine Nulltoleranz-Mama, aber ohne Zweifel großartig.
Leider habe ich im Moment nicht die leiseste Ahnung, was ich hier aus dem Jenseits für Kate tun kann. Ich müsste wissen, wie man Wunder vollbringt, damit sie schwanger wird. Aber ich bin ja leider nicht die heilige Thérèse von Lisieux. Was soll ich bloß machen?
Kapitel 7
James
Ich weiß nicht genau, wie, aber auf einmal bin ich wieder bei James. Im Konferenzraum von Meridius Movies, um genau zu sein, das in einem dieser altehrwürdigen georgianischen, vor kurzem grundsanierten Bauwerke in der Innenstadt liegt. Grundsaniert bedeutet in diesem Fall: ein bisschen aufgemotzt, mit Holzfußböden und viel weißer Farbe. Wunderschön – jedenfalls wäre es wunderschön, wenn James nicht darauf bestanden hätte, einen Billardtisch vor das Erkerfenster zu stellen, wofür ich mir keinen anderen Grund denken kann, als dass er seine männliche Kundschaft beeindrucken möchte. Frauen, einschließlich meiner selbst, verdrehen meistens nur die Augen, wenn sie diese Geschmacksverirrung bemerken, die dem ganzen Ambiente seine Eleganz raubt.
Hier sitzt James mit Declan und sieht schon wesentlich munterer aus als heute früh. Ich meine, okay, nicht gerade wie ein Michelangelo-Modell, aber ganz annehmbar. Immerhin hat er es geschafft, zu duschen und sich ein bisschen frischzumachen. Dem, was ich höre, entnehme ich, dass sie ihre Präsentation für ein wichtiges Investorenmeeting durchgehen. Eine ziemlich langweilige Idee für eine Serie mit dem Titel
Wer ohne Sünde ist
, über einen älteren Priester, der plötzlich auf das Beichtgeheimnis pfeift und alles Mögliche ausplaudert, was ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt worden ist. Beispielsweise von einer, die ohne Nachthemd ins Bett geht – was für ein Schock! Oder von einem Bauern, der Schafe terrorisiert. Lauter solches Zeug. Gähn! Meine Güte, das wird bestimmt ein
Weitere Kostenlose Bücher