Einmal rund ums Glück
in Belgien sind?«
»Ja, weiß ich. Und am Sonntag fliegst du zurück?«
»Ja.«
»Dann könnte ich kommen …« Ich denke laut nach.
»Wenn du ungefähr zur selben Zeit nach Heathrow fliegst, könnten wir uns ein Taxi zurück zu mir teilen. Ich schaue mal die Flugdaten nach und simse sie dir.«
»Super.« Pause. »Hast du meine Sachen noch?«
»Klar. Auf dem Speicher. Ich bringe sie runter in dein Zimmer.«
»Das heißt, du hast sie nicht gespendet?«, hake ich lächelnd nach.
»Quatsch, natürlich nicht. Wofür hältst du mich? Für eine Laura? Sorry, schlechter Scherz.«
Ich schweige.
»Daisy?«, fragt sie zögernd. »Meinst du, du schaffst es?«
»Ich weiß nicht, Holly. Aber ich werde es auf jeden Fall versuchen.«
Kapitel 22
Mein Flug ist gebucht, meine Taschen sind gepackt – ja, das habe ich selbst gemacht! Ich nehme nur das mit, was ich hergebracht habe; die Designerklamotten habe ich in Kartons gepackt und an Cindy, Lisa und Donna geschickt. Auch wenn sie reich sind, bekommen sie doch gerne etwas geschenkt, und sie können mehr mit den Sachen anfangen als ich. Jetzt muss ich es nur noch meinen Eltern sagen, doch mein Vater kommt wieder erst spät von der Arbeit nach Hause. In wenigen Stunden geht mein Flug, mir bleibt also nicht viel Zeit. Ein bisschen hoffe ich, dass er nicht rechtzeitig heimkommt, doch vor drei Jahren bin ich abgehauen, ohne mich zu verabschieden. Diesmal will ich stärker sein.
Meine Mutter ist im Wohnzimmer. Sie tut das, was auch ich die meiste Zeit hier getan habe, sitzt auf der Fensterbank und beobachtet die Jogger im Central Park. Ich bleibe in der Tür stehen und betrachte sie schweigend. Ein heftiges Gefühl der Liebe zu ihr überrascht mich. Vielleicht werde ich eines Tages verstehen, was sie durchgemacht hat und warum sie sich so entschieden hat, doch im Moment fällt mir das noch sehr schwer. Vielleicht gibt die erneute Distanz zu ihr mir sogar eher die Möglichkeit, ihr zu verzeihen, wie sie ist.
»Du gehst, nicht wahr?«, fragt sie ruhig, bevor sie sich zu mir umdreht.
»Ja«, sage ich.
Sie nickt. »Wann?«
»Gleich.«
»Und was hast du vor?«
»Ich werde wieder für das Formel- 1 -Team arbeiten.« Nervös ringe ich die Hände und blicke zur Tür.
»Darüber wird er nicht glücklich sein«, bemerkt meine Mutter.
»Ich weiß.«
»Daisy …«, beginnt sie.
»Ja?«
Sie wechselt ins Italienische. »Es tut mir leid.«
»Was?«, frage ich, ebenfalls auf Italienisch.
»Alles. Es tut mir leid, dass du keine glückliche Kindheit hattest. Oder Jugend«, fügt sie hinzu. »Kannst du nicht doch bleiben?«
»Mir tut es auch leid«, erwidere ich, »dass ich nicht bleiben kann.«
»Ich weiß. Und du wirst mir fehlen. Bitte lass mich diesmal nicht so lange warten.«
»Mach ich nicht.« Ich zögere, dann gehe ich zum Sofa und setze mich. Sie kommt zu mir. »Wie war er so?«, frage ich. »Andrea.«
Sie wundert sich nicht über meine Frage. »Er war feurig und leidenschaftlich, aber wir waren noch jung. Ich weiß nicht, wie er als Mann gewesen ist.«
»Hat er geheiratet? Kinder bekommen?«
»Geheiratet ja, Kinder nein.«
»Also habe ich keine Halbgeschwister.« Das ist weniger eine Frage als eine Feststellung.
»Ich weiß nicht, ob er dein Vater war«, sagt meine Mutter. »Und ich weiß nicht, wie wichtig es für dich ist, Gewissheit zu haben. Aber ich weiß, dass es Stellan zerstören würde.«
»Seinen Ruf, meinst du.«
»Das ist dasselbe.«
Ich schaue sie an und frage mich, ob ich es wirklich wissen muss. Was würde ich dann tun? Wie würde ich damit umgehen? Ist es überhaupt sinnvoll, da Andrea schon tot ist? Vielleicht nicht. Keine Ahnung, wie ich in Zukunft darüber denken werde, aber ich muss das alles ja auch nicht in diesem Moment entscheiden.
»Ich denke, ich belasse es erst mal dabei«, sage ich.
Meine Mutter lächelt unter Tränen und nimmt meine Hand. »Du wirst mir fehlen, mein kleiner Stern.«
Ich bin verblüfft. »So nennt Nonna mich immer!«
»So hat sie mich auch genannt, als ich noch klein war.«
Die Stimme meines Vaters lässt uns beide zusammenfahren. »Was redet ihr da? Wieso redet ihr in dieser Sprache?« Er steht in der Tür und funkelt uns wütend an. Ich merke, dass sich hinter ihm im Flur jemand herumdrückt – Martin.
Bei den Worten meines Vaters stiehlt sich Angst ins Gesicht meiner Mutter, doch ich fühle mich stark. »Wir sprechen
Italienisch
. Das ist unsere Sprache.« Ich zeige auf meine Mutter und mich.
»Das
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