Einmal rund ums Glück
allerdings schon auf sein Geld abgesehen«, herrscht Holly mich an.
»Und das wird sie eimerweise nach Hause schleppen, wenn er sich von ihr scheiden lässt.«
»Falls er es je tut«, sagt sie deprimiert.
Ganz am Rande würde mich interessieren, wie Holly und Simon überhaupt zusammengekommen sind, aber die Vorstellung, wie er über sie herfällt und ihr die Zunge in den Hals steckt … Weiß der Geier, wie ich mich anstellen werde, wenn er mir hier über den Weg läuft, in Boxershorts ins Bad huscht oder so. Ein wohliger Schauder durchfährt mich, und ich wechsel schnell das Thema.
»Wann fliegen wir denn am Mittwoch nach Italien?«
Der nächste Große Preis ist in Monza, in Italien, und jetzt ist Sonntagabend. Mir bleiben also nur ein paar Tage, um mich einzugewöhnen und meinen Jetlag loszuwerden, dann müssen wir schon wieder aufbrechen. Holly arbeitet in der Kantine im Hauptquartier und ist Montag und Dienstag gar nicht zu Hause, so dass ich die meiste Zeit im Schlafanzug auf dem Sofa sitze, den Schrott im Fernsehen gucke und mir eimerweise Nachos reinstopfe. Ich langweile mich zu Tode – keine Ahnung, wie ich es zwei Monate in New York mit diesem Lebensstil ausgehalten habe –, und als es endlich Mittwochmorgen ist, kann ich es nicht erwarten, zur Arbeit zu gehen.
Wir haben einen frühen Flug, und wie immer sind die Catering-Mitarbeiter einen Tag vor allen anderen an der Strecke, so dass ich mich in Ruhe darauf vorbereiten kann, die Jungs wiederzusehen. Doch ich habe das Treffen mit Frederick nicht einkalkuliert, und als ich am Terminal stehe und auf das Einchecken warte, fällt mir wieder ein, was seine letzten Worte an mich waren: »Es reicht jetzt! Wir sind alle geschockt. Geh nach Hause, Daisy!«
Er wusste nichts von Will und mir. Ich habe ihm nicht mal gesagt, dass ich gehe. Ich bin einfach abgehauen. Ich bin froh, dass er mich noch nimmt. Als ich mich frage, wie er sich mir gegenüber wohl verhalten wird, werde ich ganz nervös. Ich muss nicht lange warten. Er trifft mit Klaus und Gertrude ein, die mich beide herzlich umarmen.
»Daisy, da bist du ja wieder!«
Gertrudes Umarmung ist kräftig. Ich schnappe nach Luft, als ich mich von ihr löse. Klaus klopft mir fröhlich auf den Rücken. Ich muss husten, und Holly verkneift sich ein Lachen, doch, ich freue mich total, die beiden wiederzusehen. Dann schaue ich Frederick an. Er nickt mir zu. »Herzlich willkommen!«
»Danke. Danke, dass du mich zurücknimmst.« Das muss ich einfach sagen.
»Geht es dir gut?«, fragt er.
»Viel besser.«
»Gut. Es gibt nämlich niemanden, der den Speck so gut brät wie du. Los geht’s!« Er weist auf die Schlange am Schalter vor uns, und das ist es fürs Erste.
Im Wagen zur Rennstrecke bin ich nervös. Ich mache mir Gedanken darüber, wie es mir gehen wird, wenn ich wieder im Motorhome bin. Als wir aus unseren üblichen schwarzen Großraumtaxen steigen, gehen die anderen direkt herein, doch ich schaue kurz empor zum glänzenden fahrbaren Gästegebäude des Teams. Holly dreht sich nach mir um.
»Alles in Ordnung?«, fragt sie besorgt.
Ich nicke und folge ihr zögernd hinein.
Zwei Tage vor dem ersten Training ist der Gästebereich immer leer, doch an diesem Nachmittag kommt er mir besonders unheimlich vor. Holly geht mit den anderen in die Küche, während ich die Umgebung langsam auf mich wirken lasse. Ich strenge mich an, nicht nach links zu gucken, wo die Treppe ist, die Treppe, die mich früher zu Wills Zimmer hinaufführte, doch ich kann mich nicht beherrschen. Ich bekomme einen Kloß im Hals und schlucke mehrmals nacheinander, damit er wieder verschwindet. Ich muss mich ablenken.
Am Freitag habe ich das Gefühl, mich einigermaßen eingewöhnt zu haben. Es war komisch, am Donnerstag Pete, Dan und die anderen Jungs zu sehen. Sie kamen zur Strecke und wollten die Wagen vorbereiten. Ich glaube, sie wussten nicht, dass ich wieder bei der Arbeit war. Sie freuten sich aufrichtig, mich zu sehen, doch die Stimmung hatte sich verändert. Sie ist irgendwie angespannter. Vielleicht ändert sich das noch am Renntag, keine Ahnung.
Am Freitagmorgen trage ich gerade das Frühstück auf, da sehe ich einen dunkelhaarigen Mann, der durch die Türen in den Gästebereich kommt. Zuerst erkenne ich ihn nicht – auch weil er einen Bart trägt –, doch dann nimmt er seine dunkle Sonnenbrille ab, und ich bin platt. Es ist Luis. Er hat den Raum schon zur Hälfte durchquert, als er mich entdeckt und innehält. Er ist ein
Weitere Kostenlose Bücher