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Eins, zwei, drei und du bist frei

Eins, zwei, drei und du bist frei

Titel: Eins, zwei, drei und du bist frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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mich ganz gut allein amüsieren, wenn ich will.
    Um halb sieben war mein Maß an MTV voll, und ich näherte mich einem willenlosen Zustand. Ich versuchte mich zwischen einem Tina-Turner-Klassiker und den Nachrichten zu entscheiden, als sich ein Gedanke in den Vordergrund meines Verstandes drängte.
    Mo hatte einen Anwalt.
    Seit wann? Aus den Unterlagen, die man mir gegeben hatte, ging hervor, daß er einen Pflichtverteidiger abgelehnt hatte. Der einzige, der mir einfiel, den ich danach fragen konnte, war Morelli.
    »Ja?« sagte Morelli in den Hörer.
    Nur ›Ja?‹ Kein ›Hallo, wie geht’s?‹ »Wohl einen schlechten Tag erwischt.«
    »Jedenfalls keinen guten.«
    »Weißt du, wen sich Mo als Anwalt genommen hat?«
    »Mo hat Rechtsbeistand abgelehnt.«
    »Ich bin ihm zufällig begegnet, und er hat gesagt, er hätte einen Anwalt.«
    Schweigen am anderen Ende. »Du bist Mo begegnet?«
    »Er war in seinem Laden.«
    »Und?«
    »Er ist entwischt.«
    »Ich habe gehört, die suchen noch Leute in der Knopffabrik.«
    »Immerhin weiß ich, daß er einen Anwalt hat. Ich weiß also mehr als du.«
    »Zugegeben«, sagte Morelli. »Ich rufe morgen beim Gericht an, aber soviel ich weiß, hat man uns nicht über den Rechtsbeistand informiert.«
    Eine neue Frage auf meiner Liste. Warum nahm sich Mo einen Anwalt? Mo nahm sich einen Anwalt, weil er vorhatte sich zu stellen. Wahrscheinlich gab es noch andere Gründe, aber mir fielen keine ein.
    Ich trat ans Fenster und sah hinaus. Es hatte aufgehört zu schneien, und die Straße sah freigeräumt aus. Ich ging im Schlafzimmer auf und ab. Ich ging im Wohnzimmer auf und ab. Schließlich ließ ich mich am Eßtisch nieder und schrieb »Mo nimmt sich einen Anwalt« auf den Notizblock. Und darunter »Drei Leute glauben, sie hätten Mo in der Montgomery Street gesehen«.
    Ich malte einen großen runden Kopf mit vielen Fragezeichen darin. Der sollte meinen Kopf darstellen.
    Ich ging wieder auf und ab. Die Montgomery Street ließ mir keine Ruhe. Ach was, dachte ich, fahr doch einfach mal hin. Du hast doch sowieso nichts zu tun.
    Ich zog mich an und streunte in meinem Buick durch den Abend. Ich stellte mich mit meinem Wagen in der Montgomery Street an fast genau dieselbe Stelle wie bei früheren Schnüffelaktionen. Ich sah genau dieselben Dinge, das gelbe Wohnhaus, die Mission, die Kirche, den Haushaltswarenladen, mit dem einzigen Unterschied, daß es heute dunkel und damals hell gewesen war. Eigentlich war es die ersten beiden Stunden, die ich hier mit Ranger gesessen hatte, auch dunkel gewesen, aber da war ich wie benommen gewesen, aufgrund von Schlafentzug, das zählte also nicht.
    Aus Neugier richtete ich mein Fernglas auf das Wohnhaus, blickte in die erleuchteten, vorhanglosen Fenster. Ich sah keine Nackten, keine Mörder und schon gar keinen Mo. Spannen ist auch nicht mehr das, was es mal war.
    In der Mission waren die Lichter schon aus, aber in der Kirche nebenan herrschte noch Betrieb. Die Mission und die Kirche nahmen zwei Gebäude ein, die beide zweigeschossig waren. Früher waren dort einmal Geschäfte drin gewesen. Ein Schreibwarenladen und eine Reinigung. Reverend Bill hatte die Häuser vor fünf Jahren gekauft und war mit seiner Kirche dort eingezogen. Reverend Bill gehörte zu den Hurrapatrioten, die Feuer und Schwefel predigten und die Familienwerte hochhielten. Ab und zu tauchte sein Foto in den Zeitungen auf, wenn er mal wieder den Eingang einer Abtreibungsklinik blockiert oder eine Dame im Pelzmantel mit Tierblut bespritzt hatte.
    Die Leute, die in seine Kirche gingen, sahen eigentlich ganz normal aus. Keiner trug irgendein Transparent mit einer Losung vor sich her oder hatte einen Eimer Blut dabei. Es gab ein paar alleinstehende Männer. In einem Zeitraum von einer halben Stunde zählte ich sechsundzwanzig Männer, Frauen und Kinder, und dann mußte die Versammlung oder der Gottesdienst begonnen haben, denn die Eingangstür blieb geschlossen, und es kam auch kein Nachzügler mehr. Es war keine ethnisch gemischte Gruppe, aber das war nicht weiter verwunderlich. Das Viertel war vornehmlich von Weißen bewohnt, Arbeitern. Die Leute suchen sich meistens eine Kirche in ihrer nächsten Umgebung aus.
    Der Haushaltswarenladen und Sal’s Cafe machten um neun Uhr zu. Eine halbe Stunde später kamen die sechsundzwanzig Leute wieder aus der Kirche heraus. Ich suchte noch mal die Fenster in dem Wohnhaus mit meinem Fernglas ab. Mein Blick blieb im zweiten Stock hängen, als jemand an das

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