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Einsam, zweisam, dreisam

Einsam, zweisam, dreisam

Titel: Einsam, zweisam, dreisam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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die Items?»
    «Also ich würd’s als normale soziokulturelle Umfrage laufen lassen. Als Items nimmst du Reiseziele, Namen der Kinder, bevorzugte Filme, bevorzugte Bücher, Restaurants …, du kannst sogar die Frage stellen: ‹Welche Nationalität hätten Sie am liebsten?› Laß dir hier von den Statistikern einen Abweichungskoeffizienten errechnen, nach dem du die Normalen von den inkompatiblen trennen kannst.»
    «Ausgerechnet Rechnen», stöhnt Dean, «ist ja nicht so mein Hauptfach.»
    «Dann laß es doch hier oben machen. Beam die Daten rauf. Ist doch kein Problem», sagt Doppelkopf. «Am besten läßt du den ganzen Fragebogen hier machen, dann haben die Jungs von der EDV gleich das passende Computerfutter.»
    «Scheiße», sagt O’Rourke, «ich war mehr so auf die klassische Investigation eingestellt. Observieren, infiltrieren, mal wieder so richtig rumschleichen. Verstehst du?»
    «Ach komm, Dino», sagt Doppelkopf, «sei nicht kindisch. So sind die Zeiten nicht mehr. Deinen CIA -Traum von früher müßtest du doch endlich mal ausgeträumt haben.»
    «Na ja», sagt O’Rourke.
    Er tut griesgrämig, aber in Wirklichkeit freut er sich auf die Erde wie ein Abiturient auf die Uni. Der Präparadiesische Zustand hat nämlich durchaus Vorteile. Das sagt man zwar hier oben besser nicht so laut, aber wer den Vergleich hat, macht sich halt so seine Gedanken.
    Zum Beispiel sexwise, wie Dean das nennt, läuft hier oben überhaupt nichts. Man kann sich zwar noch verlieben, aber nur, um sich ein paar Blumen zu schenken oder den andern in der Stadtteildiskussion zu unterstützen. Man kann Spaziergänge machen und Süßholz raspeln, aber wozu? Die Geschlechtsorgane sind reine Verzierung. Ihr Gebrauch ist sinnlos, weil man nichts dabei spürt.
    Als normaler Himmelsbewohner vergißt man das alles beim Eintritt. Aber Dean, der ab und zu Berichte von der Erde durcharbeiten muß, der sieht auf den Videofilmen das fröhliche Gehüpfe und Gestöpsel da unten und erinnert sich, daß es ein tolles Gefühl war.
    Klasse, denkt er, Ficken. Ganz junge Mädels. Muß ich ja, gehört zu meinen Aufgaben, wenn ich richtig infiltriere. Er wird Studenten anstellen. Studentinnen. Wenn sie nur kein Datenschützergetue machen. Aber was soll’s, sie kriegen ja Geld dafür, da werden sie sich schon nicht so anstellen.
    Das ganze soll etwa so laufen, wie das Ding damals mit Augustus, als die CHIA noch die Kernorganisation des christlichen Untergrundes war.
    Dean gehörte damals noch nicht zu dem Haufen. Das ist Geschichte, aber die Story wird gern erzählt. Die alten Hasen brüsten sich mit ihren Erlebnissen aus dieser Zeit.
    Damals wurde eine Doppelstrategie verfolgt. Augustus wurde langfristig als Schläfer aufgebaut, bis er Kaiser war, und dann erst aktiviert. Dann leierte er diese Volkszählung an, und die Leute wurden wie geplant sauer auf die Römer. Zugleich lief die Sache mit Jesus, mit all den Wundern und Heilungen und Predigten, so daß die Stimmung im unzufriedenen Palästina konsequent zur Religionsgründung genutzt werden konnte.
    Dean ist nicht so ein Fan von diesen Geschichten, aber Armin und die anderen schwärmen bei jeder Gelegenheit von den alten Zeiten. Deshalb stimmten sie auch so begeistert zu, als die Schadenserhebung vorgeschlagen wurde. Sie hatten glänzende Augen.
    Das ist jetzt bald zweitausend Jahre her. Gott war damals noch ein harmloser Gelehrter im finnischen Exil. Erst später, als der Sieg des Christentums sich abzeichnete, bat man ihn, die Repräsentationspflichten für die neue Bewegung zu übernehmen. Man konnte ja nicht ahnen, daß so ein romantischer Querkopf aus ihm werden sollte, der sich gegen jede zivilisatorische Innovation stemmt und freiwillig sein Dasein in diversen Speichern fristet. Als dieser Nietzsche damals in der Ankunftshalle stand und gefragt wurde, in welche Sektion er wolle, sagte er: «Gott ist tot.» Da lachten die Beamten bitter und sagten: «Schön wär’s ja», woraufhin Nietzsche interessiert war und sich doch für den christlichen Himmelsteil einschrieb. Er sagte: «Kann ich noch was lernen.»
    O’Rourke grübelt darüber nach, wie er die Adressen kriegen kann, ohne daß die Studentinnen mißtrauisch werden. Vielleicht wenn er einfach zwei getrennte Bögen macht? Dann muß er verlangen, daß sie nach dem selben System eingeordnet werden. Er kann ja sagen, das rhythmische Auftauchen bestimmter Items sei wichtig. Das könnten sie fressen.
    «Wie findste das?» fragte er

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