Einsame Herzen
fragend und ungläubig zugleich an.
"Den Wunsch, einer Frau Trost und Geborgenheit zu schenken."
Danielle blinzelte.
"Doch nicht nur das", fuhr Darko mit kehliger Stimme fort. "Die Tränen einer Frau betonen ihre Weiblichkeit, ihre Verletzlichkeit. Sie führen einem Mann seine Stärke nur allzu deutlich vor Augen. Weibliche Tränen lassen ihn sich kräftig und viril fühlen und wecken ihn ihm den Wunsch, seine Stärke zu teilen. Er möchte seine Angebetete seine Kraft spüren lassen, möchte ihr einen Teil von sich geben."
Danielle keuchte leise auf. Ihre Brust hob und senkte sich schwer, als sie flüsternd einwandte: "Ich weiss nicht, ob das für alle Männer gilt."
Darko umfing ihren Hals mit der Hand. "Es gilt für mich, Danielle. Es gilt für mich."
Langsam senkte er seinen Kopf.
Danielles Herz raste, als sie erkannte, dass er sie küssen würde. Ihre Lippen teilten sich wie von allein, öffneten Darkos Zunge den Weg in ihren Mund. Er tauchte tief in sie ein, küsste sie sanft und zärtlich. Sie umfasste seine Schultern, schmiegte sich vertrauensvoll an ihn. Auch wenn er sie bloss küsste, um sie zu trösten, sie wollte seinen Kuss. Sie brauchte ihn!
Hingebungsvoll erwiderte sie sein süsses Zungenspiel, gab Darko ebenso viel von ihr, wie er ihr von sich gab.
Nur allzu schnell beendete er den Kuss, nur allzu schnell löste er sich von ihr.
Danielle blinzelte benommen, als er von ihr zurücktrat. Während dem Kuss hatte sie sich warm und zufrieden angefühlt, getröstet von seiner zärtliche Zunge. Doch sobald er von ihr zurückgewichen war, erfasste sie ein Gefühl der Leere und der Verlassenheit.
"Einst hast du mir gesagt, dass du mich nicht mehr brauchst, Danielle. Ist das noch immer so?"
Danielle stockte der Atem.
Seine Frage löste die verschiedensten Gefühle in ihr aus, Sehnsucht und Verlangen, aber auch Verwirrung und Unsicherheit. Sie wusste, sie müsste nur den Kopf schütteln und er würde sie in die Arme nehmen, genauso, wie er es zuvor getan hatte. Sie könnte sich an ihn lehnen, sich dicht an ihn schmiegen, ihre Einsamkeit vergessen und die Nähe finden, nach der sie sich während der vergangen Tage so sehr gesehnt hatte.
Sie müsste nur den Kopf schütteln als Antwort auf seine Frage und er würde die Nacht in ihrem Haus verbringen. Er hatte sie wissen lassen, dass er ihr Trost spenden wollte, in seiner ganz eigenen Art. Er würde ihr einen Teil von sich geben und Danielle wusste instinktiv, dass er damit nicht bloss einen Kuss meinte.
Würde sie den Kopf schütteln, würde er die Nacht aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nur in ihrem Haus, sondern in ihrem Bett verbringen. Der Gedanke daran liess sie schwindeln.
In diesem Moment erkannte sie, dass sie sich nichts sehnlicher wünschte, als Darko bei sich zu haben, ihn in ihrer Nähe zu wissen, mit ihm die Nacht zu verbringen. In diesem Moment erkannte sie, dass das Unvorstellbare geschehen war: Sie hatte sich in ihn verliebt. Sie hatte ihr einsames Herz an einen Mann verloren, von dem sie nicht viel mehr kannte als seinen Namen. Darko Coda, das war der Mann ihrer Sehnsüchte und Träume, ihrer Wünsche und Hoffnungen, die so lange in ihrem Unterbewusstsein geschlummert hatten.
Plötzlich schienen ihr auch ihre vergossenen Tränen einen Sinn zu ergeben. Sie hatte sich zuerst nicht richtig erklären können, warum sie geweint hatte. Natürlich hatte sie sich vor den Wölfen gefürchtet und gleichzeitig Mitleid mit den Tieren gehabt, deren Heulen so verloren geklungen hatte. Diese Gefühlsmischung hatte ihr Tränen in die Augen getrieben. Dem eigentlichen Zweck ihrer Tränen wurde sie sich aber erst jetzt bewusst: Sie hatte Darko damit zu verstehen geben wollen, dass sie seine Nähe brauchte, sie suchte, ihn bei sich wünschte. Darko hatte recht, wenn er sagte, auch Tränen seien ein Weg der Kommunikation. Sie hatte ihm eine Botschaft übermittelt, deren Bedeutung er sofort verstanden hatte, noch bevor ihr selbst bewusst geworden war, was für eine Mitteilung sie ihm gerade gemacht hatte.
Nun gäbe es nichts Leichteres, als ihre Beteuerung, sie komme ganz gut ohne ihn zurecht, zurückzunehmen und Darko zu versichern, dass sie ihn brauchte.
Wieso tat sie es dann nicht? Wieso zögerte sie vor diesem Schritt, wieso zögerte sie vor dem Weg in Darkos Arme?
Sie zögerte, weil Darko und sie aus völlig unterschiedlicher Motivation handelten. Während sie ihn bei sich wünschte, weil sie Gefühle für ihn entwickelt und sich in ihn verliebt hatte, bot er ihr
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