Einsame Herzen
auf ihre Holzmaus gerichtet.
"Deine Einladung", korrigierte er sie. "Und das reichhaltige Abendessen."
Da Danielle nicht wusste, was sie darauf erwidern sollte, nickte sie nur stumm. Wieder verstrichen schweigende Sekunden.
"Die Maus", murmelte sie schliesslich und starrte auf das kleine Holztier in ihrer Hand.
"Gefällt sie dir?"
Danielle musterte die Maus, als brauchte sie Zeit, um sich ihre Meinung zu bilden. Es war eine süsse Maus, die einem mit grossen Augen bittend ansah. So, als würde sie um Zuneigung, um Schutz und Vertrauen bitten.
"Ja. Nur..."
"Nur, was?", fragte Darko sofort.
"Ihre Augen", murmelte Danielle belegt, den Blick noch immer auf der Maus.
"Woran erinnern sie dich?", erkundigte sich Darko, seine Stimme plötzlich ungewohnt sanft.
Hitze schoss Danielle ins Gesicht, tauchte ihre Wangen in ein sanftes kirschrot. Die Atmosphäre hatte sich verändert. Noch immer lag Spannung in der Luft, doch jetzt war es eine knisternde Spannung, eine Spannung, wie es sie nur zwischen Mann und Frau geben konnte.
Danielle schüttelte den Kopf. "Ich... weiss nicht", flüsterte sie, obwohl sie es nur allzu gut wusste.
"Soll ich dir sagen, woran sie mich erinnern?"
Langsam hob Danielle den Kopf. Ihre Augen trafen Darkos, ihre Blicke hielten sich fest. Ihrer unsicher und nervös, seiner wissend und entschlossen.
Darko öffnete den Mund, um zu sprechen, als die aufgeregten Stimmen der Kinder erklangen. Danielle senkte den Blick schnell auf ihre Holzmaus, als wäre sie bei etwas Ungehörigem ertappt worden.
"Hier, Mama! Vater Martin!"
Louise drückte Danielle das alte, verschlissene Buch in die Hand, das sich im Haus befunden hatte, so lange Danielle denken konnte. Wahrscheinlich hatte es ihre Grossmutter gekauft, wenn nicht ihre Urgrossmutter. Als Danielle als Kind ihre Sommerferien auf dem Feuerberg verbracht hatte, hatte sie oft in dem Buch geschmökert, auch wenn die Jahreszeit damals nicht zur Geschichte gepasst hatte. Dies war das erste Mal, das Danielle das Buch an Weihnacht in den Händen hielt.
"Wer möchte vorlesen?"
Alle Augen richteten sich erwartungsvoll auf Danielle.
Danielle seufzte ergeben, las die Geschichte mit weicher, sanfter Stimme vor. Als sie geendet hatte, herrschte minutenlang besinnliches Schweigen. Louise brach die Stille, wandte sich an Emma und fragte sie etwas zur Geschichte. Während die beiden Mädchen leise diskutierten, sassen Danielle und Darko stumm auf ihren Stühlen.
Draussen war es bereits dunkle Nacht. Danielle schielte aus den Augenwinkeln zu Darko, der nur ruhig in seinem Stuhl sass, sich nicht rührte. Was hätte er ihr gesagt, fragte sie sich stumm. Was hätte er ihr gesagt, wenn die Kinder nicht mit der Weihnachtsgeschichte zurückgekehrt wären?
"Kinder, es ist Zeit schlafen zu gehen."
Danielle erhob sich. An diesem besonderen Abend wollte sie die Mädchen selbst ins Bett bringen. Wieder schielte sie zu Darko. Vielleicht würde er die Gelegenheit nutzen, um sich zu verabschieden. Doch er blieb einfach sitzen.
"Ich bringe euch hoch", meinte Danielle zu den verstimmten Kindern. Sie wandte sich zu Darko, traf seinen aufmerksamen Blick. Sie überlegte, ihn wissen zu lassen, dass sie gleich zurück sei, entschied sich dann aber dagegen. Sie scheuchte die Kinder ins Bett, während Darko sitzen blieb, wo er war.
Als Danielle wenig später ins Wohnzimmer zurückkehrte, sass Darko auf der Couch am Feuer. Jetzt war sie ganz allein mit ihm. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Ein nervöses Kribbeln erfasste ihren Körper. Sie wusste nicht, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. War er noch wütend auf sie? War er noch immer eingeschnappt darüber, dass sie ihn rausgeworfen hatte?
Sie wusste nicht, wie er empfand. Sie konnte nur eines mit Bestimmtheit sagen: Wenn immer sie in seine Nähe kam, wenn immer sie seinen Blick auf sich spürte, spürte sie ein nervöses Flattern im Unterleib, ein Nervosität, die sich von ihrem Bauch aus in ihrem ganzen Körper ausbreitete.
Als Danielle ins Wohnzimmer getreten war, hatte Darko in die Flammen gestarrt. Nun hob er den Kopf, musterte sie, wie sie unschlüssig im Wohnzimmer stand, in sicherer Distanz zu ihm.
Danielle wusste nicht, was sie tun sollte. Sollte sie sich setzen? Gedachte Darko, noch länger zu bleiben?
Zögernd setzte sie sich an den Tisch, so dass eine sichere Distanz zwischen ihnen herrschte. Darko folgte ihr mit den Augen.
Danielle konnte seinen Blick auf sich spüren. Sie betrachtete das Buch, das noch immer auf dem Tisch
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