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Einsame Herzen

Einsame Herzen

Titel: Einsame Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Desiree Cavegn
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Danielle aber gemerkt, dass sie den Winter hier oben unterschätzt hatte. Aufgrund des hohen Schnees konnte man kaum das Haus verlassen, ausser man war bereit, unter grosser Anstrengung durch ein weisses Meer zu waten. Danielle hatte ab und zu den Versuch eines Spaziergangs unternommen, doch weit war sie nie gekommen. Sie hatte stets noch die Spitze ihres Hauses sehen können, als sie sich seufzend zur Umkehr entschieden hatte. Es kostete sie viel zu viel Kraft, sich einen Weg durch meterhohen Neuschnee zu bahnen, als dass sie länger als eine Viertelstunde durchgehalten hätte. Mit Schneeschuhen war es natürlich etwas einfacher. Sie selbst besass keine, doch sie wusste, dass Darko welche hatte. Er zog sie an, wenn er auf die Jagd ging. Sie hatte ihn schon öfters dabei beobachtet. Nie jedoch wäre sie auf den Gedanken gekommen, ihn zu bitten, ihr seine Schneeschuhe auszuleihen. Sie hatte seit vier Wochen nicht mehr mit ihm gesprochen, seit damals, als sie in seinen Armen geweint hatte. Sie wusste, dass sich an dieser Situation auch nichts ändern würde, bis sie und die Kinder den Feuerberg verlassen würden.
Abend für Abend hielt sie sich dies vor Augen und Abend für Abend weinte sie stumme Tränen beim Gedanken daran, Darko nie mehr nahe zu kommen. Natürlich wusste sie, dass sie richtig gehandelt hatte, indem sie Darko abgewiesen hatte. Sie hatte sich in ihn verliebt, er sich aber nicht in sie. Ihre abweisende Haltung ihm gegenüber schützte sie nur davor, verletzt zu werden.
Dennoch wünschte sie, es könnte anders sein. Auch wenn es ihr und den Kinder auf dem Feuerberg nun verhältnismässig gut ging, so tat sie sich in letzter Zeit schwer mit dem Winter. Das altbekannte Gefühl der Einsamkeit hielt sie wieder fest im Griff. Dazu war noch ein beklemmendes Gefühl der Enge gekommen. Es war ihr nicht möglich, sich weiter als ein paar hundert Meter von ihrem Haus zu entfernen. Stets sah sie dieselben verschneiten Bäume, dieselben weissen Häuser, dasselbe Stück Landschaft. Sie sehnt sich nach Abwechslung, danach, der weissen Gefangenschaft zu entfliehen. Mit dem Gefühl der Enge ging auch ein Gefühl der inneren Unruhe und Unzufriedenheit einher. Wenn sie nur wieder einmal etwas tun könnte, das sie auf andere Gedanken bringen würde! Etwas, das sie von Darko und dem beengenden Schnee ablenken würde. Wenn sie nur einmal in ein Café einkehren, eine Zeitung lesen und sich genüsslich eine Cremeschnitte auf der Zunge zergehen lassen könnte.
Danielle schloss die Augen. Es würde so guttun, für einen Moment der winterlichen Enge entfliehen und die schmerzlichen Gedanken an Darko verdrängen zu können.
Obwohl sie Darko abgewiesen hatte, musste sie immerzu an ihn denken. Nichts wünschte sie sich sehnlicher, als von seinen starken Armen umfangen zu werden und sich an seine breite Brust lehnen zu können. Hatte sie Darko einst als bedrohlich und einschüchternd empfunden, so war die Furcht vor seiner grossen, breiten Statur nun schmerzender Verlockung gewichen. Danielle spürte, dass sie in Darkos Armen Ruhe und Zufriedenheit finden würde. Gleichgültig, wie kalt der Winter, wie hoch der Schnee, wie einsam die Gegend, würde sie in Darkos Armen liegen, würde Bedrohung automatisch Geborgenheit weichen.
Nun kamen erste Zweifel in Danielle auf. Konnte es sein, dass ihr Handeln doch nicht so durchdacht und vernünftig gewesen war, wie sie angenommen hatte? Hätte sie Darko nicht doch eingestehen sollen, dass sie ihn brauchte? Es wäre nur darum gegangen, die Wintermonate in der Wildnis zu überstehen. Warum hatte sie die Sache nicht pragmatisch angehen können? Was spielte es schon für eine Rolle, ob Darko Gefühle für sie hegte oder nicht? Wenn sie ihn gebeten hätte, bei ihr zu bleiben, hätte er sich während der Wintermonate um sie gekümmert. Er hätte ihr in der Kälte Wärme und Trost gespendet und ihre Einsamkeit wäre verflogen.
Nach zwei Monaten im Schnee, umgeben von nichts als Bergen, musste sich Danielle eingestehen, dass ihre Idee, den Winter in der Wildnis zu verbringen, nicht so glorreich war, wie sie gedacht hatte. Sie hätte auf ihre Eltern und Lorelle hören sollen. Sie hätte auf Darko hören und noch im Oktober ihre sieben Sachen packen sollen. Jetzt aber konnte sie ihre Meinung nicht mehr ändern. Kein Weg führte aus der schneebedeckten Einsamkeit.
Hätte sie wenigstens Darko an ihrer Seite, so wäre es wesentlich einfacher, hier oben zu überwintern. Wieso war sie so dumm gewesen, Darko

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