Einsame Herzen
seine Hand auf ihrer Brust liessen das Blut in ihren Venen pulsieren, liessen sie sich genauso fühlen, wie Darko sie eben beschrieben hatte. Langsam drehte sie den Kopf über die Schultern. Unsicher blickte sie zu ihm auf.
Seine Augen verengten sich. Er senkte den Mund und küsste sie. Es war ein sanfter, zärtlicher Kuss, der aber zugleich den männlichen Besitzanspruch geltend machte, der Darko seiner Meinung nach zukam.
Nach diesem langen, atemberaubenden Kuss hörte man nichts ausser ihrer beider Atem.
Als Darko zu sprechen ansetzte, zuckte Danielle erschrocken zusammen. "Was war der Grund?"
"Welcher Grund?", fragte sie verwirrt.
"Warum hast du den Kindern heute Morgen frei gegeben?"
Danielle zögerte. Hinter ihrer spontanen Entscheidung, die Mädchen nach draussen zu schicken, steckte tatsächlich mehr als der Wunsch nach einigen gemütlichen Stunden mit Darko. Sie wusste jedoch nicht genau, wie sie es ihm erklären sollte. Noch immer fürchtete sie, er könnte auf ihre Bitte abweisend reagieren. Sie fürchtete sich davor, dass er sie und ihren Wunsch ins Lächerliche zog. Andererseits, so friedlich und zufrieden wie er auf ihrem Sofa lieg, konnte ihm der Gedanke, wieder zu ihr zu ziehen so unbehaglich nicht sein.
"Danielle?", hackte er nach.
"Ich... ich wollte etwas mit dir... besprechen."
"Ich bin ganz Ohr."
Er rückte näher an sie, sein Arm noch immer über ihrer Taille, sein Bein über den ihren.
"Darko, ich... was gestern passiert ist, es war so schrecklich."
Danielle spürte, wie sie unwillkürlich zu zittern beim Gedanken an Louise und die Angst, die sie um ihre Tochter ausgestanden hatte.
"Ich weiss, Süsse. Aber wir haben die Kleine gefunden. Jetzt ist alles wieder gut."
Danielle schloss die Augen, versuchte ihr Zittern zu unterdrücken, doch es wollte ihr nicht gelingen. Darko murmelte weitere Worte der Beruhigung, belanglose, sanfte Worte, die Danielles Erinnerung an den gestrigen Tag allmählich verdrängten.
"Ich bin so froh, dass du da warst", flüsterte sie.
Er strich ihr sanft übers Haar. "Natürlich war ich da. Wo hätte ich denn sonst sein sollen, hm?"
Er versuchte, die Stimmung aufzulockern, doch Danielle war nicht nach Lachen zumute.
"Darko?" Langsam drehte sie sich in seiner Umarmung, bis sie ihn ansehen konnte.
"Hm?"
"Ich möchte dich etwas fragen."
"Ja?"
Wieder zögerte sie. Unsicher blickte sie ihn an. Er hob auffordernd die Augenbrauen. "Frag mich einfach, Süsse. Ich werde dich schon nicht auffressen." Er zwinkerte ihr zu.
Danielle holte tief Luft. "Darko, ich weiss, ich habe dich eben erst fortgeschickt... ich habe dir gesagt, dass ich dich nicht mehr brauche... dass ich gut allein zurechtkomme..."
Danielle brach ab.
Nervös fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen, versuchte, in Darkos Gesicht eine Reaktion auf ihre Worte zu lesen. Er musste erkannt haben, worauf sie hinauswollte.
"Möchtest du, dass ich zu euch zurückkehre?"
Seine Augen bohrten sich in ihre. Sie las Bereitschaft in seinem Blick, Bereitschaft, seine Sachen zu packen und einmal mehr bei ihr einzuziehen. Erleichtert atmete Danielle auf. Ihre Furcht, er könne sie abweisen oder sich gar lustig über sie machen, war unbegründet gewesen.
"Ich würde mich sicherer fühlen, wenn du... wenn du den Winter bei uns verbringen würdest."
Darko legte eine Hand an ihre Wange, strich sanft mit dem Daumen über ihr Gesicht.
"Dann werde ich das tun, Danielle. Es scheint mir nur vernünftig, die Wintermonate bei dir zu verbringen. Ich kann mir bis heute nicht erklären, warum du mich vor vier Wochen fortgeschickt hast. Aus falschem Stolz, nehme ich an. Hier oben aber spielen solche Gefühle eine untergeordnete Rolle. Hier geht es allein ums Überleben. Es macht nur Sinn, wenn wir uns dazu zusammenschliessen."
Danielle atmete tief aus.
Darko sah es genauso wie sie. Er hatte die Situation analysiert, sein Handeln war vernünftig und durchdacht. Es hatte mit Gefühlen nichts zu tun. Wie Darko selbst gerade gesagt hatte, Gefühle spielten in der Wildnis eine untergeordnete Rolle, man musste sie zurückstecken. Zwischen Darko und ihr ging es nicht um Liebe. Wenn sie sich in ihn verliebt hatte, so war das ihr Problem. Darko und ihr ging es einzig und allein um eine Zweckgemeinschaft, darum, den Winter zu überdauern. Sie würde bei ihm Schutz finden, er bei ihr körperliche Befriedigung. Einst hatte Darko genau dies explizit von ihr gefordert: Er hatte körperliche Befriedigung für die Nahrungsmittel verlangt, die er ihr gegeben
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