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Einsame Klasse.

Einsame Klasse.

Titel: Einsame Klasse. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler , Robert B. Parker
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lächelnd, «ich schätze doch, dass Mr. Marlowe seine Portion und auch den größten Teil der Ihren aufessen wird.»
    Tino stellte das Tablett auf meiner Seite des Bettes ab und ging hinaus. Ich machte mich an die Arbeit, seine Äußerung zu bestätigen.
    «Wie kannst du nur, du Bestie», sagte Linda.
    «Übungen», sagte ich. «Allnächtliche wohltuende Übungen im Haus. Die machen hungrig.»
    Ohne hinzusehen, tastete Linda nach dem Tablett, fand eine halbe Toastscheibe und biss einmal zaghaft ab.
    Sie kaute vorsichtig. Dann lehnte sie sich zum Ausruhen wieder zurück in ihr Kissen und ließ das Essen wirken.
    «Du hast letzte Nacht gesagt, dass du Muffy Blackstones Mann gefunden hast», sagte Linda sanft und mit noch immer geschlossenen Augen.
    «Ja. Er wohnt unter dem Namen Larry Victor in Venice und hat ein Fotoatelier in Hollywood.»

    «Mr. Lipshultz wird sicherlich sehr stolz auf dich sein, Darling.»
    «Wenn ich’s ihm erzähle.»
    «Warum solltest du nicht?» fragte Linda.
    Ich betrachtete ihr Profil und das Pulsieren der feinen Äderchen in ihren geschlossenen Augenlidern.
    «Es scheint eine Mrs. Victor zu geben.»
    Linda rollte ihren Kopf auf dem Kissen herum, bis sie mir frontal gegenüberlag, und öffnete langsam beide Augen.
    «Ach nein, wirklich», sagte sie. «Diese kleine, schüchterne Wasserwanze von einem Mann?»
    «In L. A. trägt er einen Bettvorleger und keine Brille. Ein richtiger Zuchthengst.»
    «Einen Bettvorleger?»
    «Ein Toupet, lang, blond, glatt zurückgekämmt», sagte ich. «Kleidet sich wie der Agent eines B-Movie-Starlets.» Ich beugte mich zu meinem Nachttisch, griff nach dem aufgerollten Bild von Sondra Lee und gab es Linda.
    «Er ist spezialisiert auf Bilder dieser Art.»
    Linda sah sich das Foto an und legte es schnell mit der Rückseite nach oben in ihren Schoß.
    «Oh», sagte sie. Dann drehte sie das Bild vorsichtig wieder um und warf einen verstohlenen Blick darauf. Ihre Augenbrauen trafen sich in der wundervollsten Sorgenfalte, die ich je gesehen hatte. Sie studierte das Foto erneut.
    «Ihre Brüste sind furchtbar klein», sagte Linda, «und sie hat einen kleinen Spitzbauch.»
    «Das ist ja wohl kaum ein Spitzbauch.»
    «Mögen Männer solche Bilder?»
    «Gewisse Männer.»
    Sie sah mich an und schob wortlos die Bettdecke zurück.
    «Ich mag das Echte», sagte ich.
    Sie nickte langsam, als sei sie mit der Antwort zufrieden, und deckte sich wieder zu.
    «Muffys Mann macht solche Bilder?»
    «Hunderte.»
    «Wie hast du sie gefunden?» fragte Linda.
    «Ich bin in sein Büro eingebrochen», sagte ich. «Erzähl’s nicht weiter.»
    Sie rümpfte die Nase.
    «Musst du diese Arbeit machen?»
    Ich antwortete nicht. Sie legte die Hand auf meinen Arm.
    «Ja», sagte sie, «natürlich musst du. Es ist nur so...»
    «Ja-ah, das ist es.»
    Wir schwiegen für einen Moment. Linda studierte das Bild etwas genauer.
    «Und warum erzählst du es dann nicht Mr. Lipshultz?»
    «Ich weiß nicht. Es ist nur so, er und diese andere Frau... Ich bin ihm nach Hause gefolgt. Sie war glücklich, ihn zu sehen...»Ich zuckte mit den Achseln.
    «Und was ist mit Muffy?»
    «Tja», sagte ich.
    «Oh», sagte Linda.
    Sie betrachtete das Bild noch einmal. Dann legte sie es auf ihren Nachttisch, wandte sich mir zu und hielt inne. Sie drehte sich wieder auf den Rücken, streckte sich und legte das Bild mit der Vorderseite nach unten, bevor sie sich erneut mir zuwandte.
    «So fühle ich mich schon wesentlich besser», sagte sie.

15
    Ich begann langsam, mich wie eine Flipperkugel zu fühlen, die zwischen Poodle Springs und L.A.
    hin- und zurückprallte. Diesmal kam ich aus dem Tal in die Stadt und fuhr über die Cahuenga stadteinwärts. Der Hollywood Boulevard sah so aus, wie er am Morgen schon immer ausgesehen hatte, wie eine billige Hure ohne Make-up.
    Ich parkte am Hollywood Boulevard in der Nähe der Wilton und ging zurück zur Western. Sondra Lees Bild trug ich in der Tasche bei mir. Es war Zeit, mit Larry/Les Zureden.
    Der dicke Mummelgreis saß noch immer an seinem Schreibtisch im Immobilienbüro, als ich das Gebäude betrat. Und auch das Treppenhaus roch noch immer nach muffiger Feuchtigkeit und verbittertem Leben, als ich hinaufstieg. Die Tür zu Victors Büro war unverschlossen, also ging ich hinein. Er war nicht da, aber dafür etwas anderes.
    Sie saß nach hinten geneigt in seinem Bürostuhl, den Kopf zurückgelegt, die Arme steif herabhängend. In der Mitte ihrer Stirn war ein kleines Loch, um das

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