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Einsame Klasse.

Einsame Klasse.

Titel: Einsame Klasse. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler , Robert B. Parker
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entgegen.
    Die Einrichtung des Reno’s bestand aus imitierter, astiger Kiefer, verziert durch ein paar an die Wände montierte Longhorns und einige alte, gerahmte Drucke von Frederick Remington, die unregelmäßig verteilt hier und da an den Wänden hingen. Drinnen war es nicht besonders hell, und im von draußen hereinfallenden grellen Licht der kalifornischen Sonne wirkte es noch düsterer. Es war kühl und wäre vermutlich auch ruhig gewesen, wenn die Rothaarige am Ende der Bar nicht fortwährend die Jukebox mit Geld gefüttert hätte. Eine kühle Bar an einem heißen Nachmittag kann zuweilen ein sehr gemütlicher Ort sein.
    Die Blondine holte etwas, das nach einem Foto aussah, aus ihrer Handtasche und schob es Victor zu. Victor nahm eine randlose Brille aus der Brusttasche seines legeren Jacketts und setzte sie auf, um das Bild zu betrachten. Als er es sah, bedeckte er es hastig mit der Handfläche und blickte sich unbehaglich im Raum um. Dann schob er der Blondine das Bild wieder zu, setzte seine Brille ab und steckte sie weg. Die Blondine nahm das Foto an sich und ließ es wieder in der Handtasche verschwinden. Victors Verwandlung hatte wahrscheinlich nicht länger gedauert als zwanzig Sekunden, aber nach dem kurzen Blick, den er durch seine randlose Brille in das Lokal geworfen hatte, wusste ich, was mich an ihm gestört hatte. Abgesehen von der Frisur glich er haargenau dem Bild, das ich von Les Valentine gesehen hatte. Und Frisuren konnte man verändern.
    Victor stand plötzlich auf, knallte einen Zehner auf den Tresen und marschierte aus der Bar wie ein Mann, der seine Frau ein für allemal verlässt. Die Blondine saß da und starrte ihm hinterher. Ich stand ebenfalls auf und folgte Victor, achtete aber sorgfältig darauf, dem Blick der Blondine zu entgehen. Er hätte Löcher in meinen Brustkorb gebohrt.
    Er war halb an der Ecke zur Western, als ich aus der Bar kam. Bis er seinen Wagen vom Bordstein in der Nähe seines Büros befördert hatte, saß ich schon wieder in meinem Olds und wartete mit laufendem Motor. Er fuhr nach Westen zum Freeway und dann südlich zum Venice Boulevard. Um diese Zeit, am frühen Nachmittag eines schönen Tages, war der Verkehr nicht besonders stark. Ich hielt einen Abstand von zwei oder drei Wagen zu Victor und wechselte von Zeit zu Zeit die Spur. Er rechnete nicht damit, verfolgt zu werden, ihn beschäftigten andere Dinge. Ich hätte ihm in einem Riesenrad hinterherfahren können.
    Dann ging es zum Strand hinunter. Als er in eine enge Parklücke hinter einem Strandbungalow einbog, fuhr ich an ihm vorbei und parkte unter einem Olivenbaum, zwischen zwei Mülltonnen und unter einem Schild mit der Aufschrift Privatparkplatz, Parken verboten. Ich ging zurück zu dem Strandbungalow, an den Rückseiten moderiger Schindelhäuser vorbei, hinter denen jeweils ein Wagen wie von der Straße gequetscht in die Hausrückseite gerammt parkte. Einst hatte jemand entlang dieser Straße Olivenbäume gepflanzt, und an einigen Stellen, dort, wo der salzige Wind sie noch nicht umgebracht hatte, wuchsen sie verkümmert und missgebildet und bedeckten den Boden mit zerquetschten Oliven, die aussahen wie Exkremente.
    Der herbe Geruch ihrer Blätter vermischte sich mit dem Geruch des Meeres und Küchendünsten, während sich unter ihnen der schwere, flüchtige Gestank verdorbenen Abfalls aus den überfüllten Mülleimern den winzigen Hinterhof mit den Autos teilte.
    Hinter Victors Haus, neben dem schmalen Weg aus Zementplatten, der um das Haus herum zur Vordertür führte, war ein Briefkasten. Er war beschriftet mit Larry und Angel Victor. Ich ging weiter, an zwei Häusern vorbei, und dann wieder über einen schmalen Zementplattenweg, auf dem Unkraut zwischen den Platten aus dem Sand wucherte. Vor den Häusern lag ein Strandweg, daran anschließend der Strand und dann der träge Pazifik, der gegen die Küste schwappte.
    Zwei Häuser entfernt saß Larry Victor auf seiner Veranda, die Füße auf ein Geländer hochgelegt.
    An seiner Seite war die schwarzhaarige junge Frau mit den großen dunklen Augen, die ich von dem Bild auf seinem Schreibtisch kannte. Sie trug ein locker sitzendes Hawai-Kleid, kleine weiße, hochhackige Schnallenschuhe und hatte, die Beine ebenfalls hochgelegt, das Kleid bis zur Mitte ihrer Oberschenkel hinauf rutschen lassen. Sie tranken mexikanisches Bier aus Flaschen und hielten Händchen. Es war genau die Art häuslicher Szene, die Versicherungen benutzen, wenn sie einem weismachen

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