Einsame Spur (German Edition)
vorkamen.«
»Das würde ja bedeuten, dass Menschen, Gestaltwandler und Mediale die einzigen intelligenten Gattungen auf dem Planeten sind«, sagte Hawke. »Ziemlich arrogant von uns.«
»Quallen«, sagte Riaz, nachdem er alle Meeresbewohner im Kopf durchgegangen war. »Jetzt mal ernsthaft, es kann doch keine Gestaltwandlerquallen geben.«
Hawke sah nach hinten. »Was zum Teufel hast du geraucht?«
Riaz zuckte unbeeindruckt die Achseln. »Es waren grüne Blätter.« Er musste über dieses Thema noch einmal mit Adria sprechen – da sie so gerne an etwas herumknobelte, fände sie es sicher ebenso spannend wie er, herauszufinden, welche Wasserbewohner Gestaltwandler waren. »Da ist Kenji.« Weil sein Flug Verspätung hatte, hatte der Offizier sie gebeten, ihn am Flughafen einzusammeln.
Ohne Gepäck warf sich Kenji mit magentafarbenem Haar neben Riaz auf den Rücksitz. »Eine Teenagerin hat gekreischt und mich um ein Autogramm gebeten – sie dachte wohl, ich gehöre zu einer japanischen Boygroup.«
»Ich hab dich ja gewarnt«, sagte Hawke. »Hast du ihr das Autogramm gegeben?«
Kenji grinste. »Ich konnte sie doch nicht enttäuschen.«
Den Rest der Fahrt verbrachten sie damit, das anstehende Treffen noch einmal durchzugehen. Hawke war der Verhandlungsführer, die anderen würden ihn unterstützen und für Sicherheit sorgen, sofern es nötig war.
Als sie The Embarcadero erreicht hatten, tippte Riaz Riley auf die Schulter und zeigte nach links. »Das Gebäude dort.« Der große rechteckige Bau stand mit der Front zum Pier, das Wasser der Bucht spiegelte sich auf dem schmalen Streifen aus hellem Stein hinter dem Zaun.
Sie stellten den Wagen ab und begrüßten Nate, der bereits auf sie wartete. Der älteste Wächter der Leoparden führte sie durch das leere Gebäude, das Riaz mit ihm bereits gründlich durchsucht hatte. Nate ging mit allen noch einmal zu sämtlichen Ein- und Ausgängen und wies auf mögliche tote Winkel hin. Richtig dunkle Ecken hatte das Lagerhaus nicht, das war einer der Gründe, warum Riaz es ausgesucht hatte.
»Wie gewünscht haben wir das Überwachungssystem ausgeschaltet«, sagte Nate zu Riaz. »Einer der Techniker steht jedoch bereit, falls ihr etwas braucht.«
Hawke schüttelte den Kopf und schritt durch die große Halle, um das breite Tor zum Pier zu öffnen. »Nein, wir würden sofort ihr Vertrauen verlieren, wenn sie bemerken, dass wir sie überwachen.«
»Dann überlasse ich euch jetzt das Haus. Ruft an, wenn ihr fertig seid, damit ich jemanden schicken kann, der abschließt. Viel Glück.« Damit verabschiedete sich der Wächter der Leoparden.
Riaz und Kenji folgten Riley und Hawke auf den Pier. Über ihren Köpfen kreisten Möwen, es roch nach Salzwasser und Fisch, und der Wind zauste an ihren Haaren. Riaz atmete tief ein und sah sich noch einmal um. Von der Bucht hatte man leichten Zugang, doch wenn die Gäste erst auf dem Pier standen, waren sie durch die hohen Zäune vor den Blicken aus anderen Lagerhäusern geschützt.
Da die Gemeinschaft es vorzog, unentdeckt zu bleiben, hatten Nate und Riaz sogar ein provisorisches Bootshaus errichtet, damit Miane und ihre Leute direkt vom Boot auf den Landungssteg steigen konnten. Nate hatte gemeint, sie würden vielleicht angeschwommen kommen, aber Riaz konnte sich nicht vorstellen, dass die Mitglieder der Gemeinschaft anders als sehr professionell in Geschäftskleidung kamen.
Und er sollte recht behalten.
»Da sind sie.« Das schlanke Motorboot glitt elegant wie ein Tänzer über das Wasser, den Motor hörte man fast nicht. Was nicht überraschend war – im Bereich der Schiffstechnik hatte die Gemeinschaft nicht ihresgleichen, die dort beschäftigten Männer und Frauen waren wahre Künstler.
Das Schiff fuhr ins Bootshaus und legte an. Dann betrat Miane Levéque mit Emani und zwei unbekannten Männern den Steg. Miane trug ein dunkelgrünes Kostüm, sie war mittelgroß, hatte leuchtende haselnussbraune Augen, die ein wenig schräg standen, und glattes, ebenholzschwarzes Haar.
Der gerade geschnittene Pagenkopf umgab ihr Gesicht wie ein Rahmen. Der Ton ihrer Haut ließ auf Vorfahren in Nordafrika, dem mittleren Osten oder eventuell auch in Südamerika schließen. Doch Riaz musste nicht raten – er hatte Nachforschungen angestellt: Sie war in Kairo als Kind einer algerischen Mutter und eines ägyptischen Vaters zur Welt gekommen.
»Hawke.« Sie streckte die Hand aus, auf der nicht wenige Narben zu sehen waren, doch die Nägel waren
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