Einsame Spur (German Edition)
perfekt manikürt und glänzten wie das Innere einer Austernschale.
Hawke schlug ein und sah in kühle, beinahe kalte Augen. Dann stellte sich Riley vor, was Miane die Gelegenheit gab, den Blick von Hawke zu lösen. Das erste Treffen zweier Alphatiere kam fast einem rituellen Tanz gleich. Wenn sie nur auf sich selbst zurückgeworfen waren, starrten sie einander an, bis einer wegschaute oder Blut floss.
Riaz blieb mit Kenji im Hintergrund, seine Aufmerksamkeit galt den Männern, die mit dem Alphatier der Gemeinschaft gekommen waren, denn sie dienten sicher ihrem Schutz, unabhängig davon, welche Stellung sie im Konklave einnahmen. Das war keine Beleidigung – er selbst und die beiden anderen Offiziere waren ja auch zu Hawkes Schutz mitgekommen. Keiner von ihnen würde auch nur einen Augenblick in seiner Wachsamkeit nachlassen für den Fall, dass die Gemeinschaft ein doppeltes Spiel trieb und einen Anschlag auf den mächtigsten Leitwolf im Land plante.
»Darf ich alle auf mein Schiff bitten«, sagte Miane und trat einen Schritt zurück in den Kunstlederpumps, deren hohe Absätze auf dem Kunstbetonpier klackten. »Die Kajüte ist groß genug.«
Ein großzügiges Angebot, das die Wölfe ins Hintertreffen bringen würde, denn ihre Tiere mochten die Bewegung auf dem Wasser gar nicht. Sie konnten es ertragen, doch ihre Gereiztheit würde ihre Konzentration schwächen.
»Vielen Dank, aber ich verzichte lieber.« Hawke zeigte die Zähne mit einem Lächeln, das eine schweigende Drohung enthielt. »Wenn Sie nicht ins Lagerhaus kommen wollen, können wir gleich hier reden.«
Miane überlegte, einer der Männer flüsterte leise in ihr Ohr. »Malachai meint, hier draußen seien wir leichter abzuhören. Der sicherste Platz sei auf See.«
Hawke sagte nichts und wartete. Er hatte deutlich gesagt, was er wollte, nun musste Miane akzeptieren oder abfahren. Nach einer spannungsreichen Pause und einem weiteren leisen Zwiegespräch mit Malachai, der kalte, harte Augen hatte, senkte die Anführerin der Gemeinschaft leicht den Kopf, und Riaz wusste, dass sie sich entschlossen hatte, ihnen wenigstens so weit zu vertrauen. »Wir gehen hinein.«
Riaz ließ die Türen hinter ihnen offen. Er fing einen Blick von Emani auf und sagte: »Wir können Störgeräte benutzen, um sicherzugehen, dass unter uns bleibt, was gesagt wird.« Dann holte er die kleinen, runden Sender aus seiner Hosentasche.
Emani überprüfte sie mit einem tragbaren Scanner und nickte. Gemeinsam stellten sie vier Sender auf – in jeder Ecke des Lagerhauses einen – und aktivierten sie. Niemand sagte ein Wort, bis Riaz und Emani wieder hinter ihren Alphatieren standen.
»Wir sind erfreut, dass die SnowDancer-Wölfe mit uns über ein Bündnis verhandeln wollen«, sagte Miane.
Hawke sah sie an, ohne zu blinzeln. »Wir sollten gleich zum Wesentlichen kommen – es geht nur noch um zwei Fragen: Können wir zusammenarbeiten, und aus welchem Grund sind Sie plötzlich so scharf auf ein Bündnis?«
Nur eine winzige Vergrößerung der Augen zeigte, dass Miane überrascht war. »Sehr direkt.«
»Wir haben einen Bündnisvertrag ausgearbeitet, weil das so am sinnvollsten ist, denn Ihre Leute leben sehr verstreut«, sagte Hawke. »Aber bei uns ist das anders, und wir funktionieren auch anders. Das sollten Sie lieber wissen, bevor es später Überraschungen gibt.«
Ein Hauch von Wärme zeigte sich in Mianes kühlem, intelligentem Blick. »Wussten Sie, dass Gestaltwandlerhaie so selten sind, dass selbst manche Mitglieder der BlackSea-Gemeinschaft sie für eine Legende halten?«, fragte Miane.
Hawkes Lächeln war rasiermesserscharf. »Ich nehme mal an, Sie glauben das nicht.«
»Dazu werde ich mich nicht äußern; ich sage nur, dass ich Raubtiere verstehen kann.«
»Dann sollten wir weiterreden.«
54
Adria war kurzfristig zu einer Wache auf der Krankenstation eingeteilt worden und hob fragend die Augenbrauen, als Elias sich zu ihr gesellte. »Ich wüsste nicht«, sagte sie, »dass wir seit Neuestem hier gefährliche Gangster haben.«
»Sie hoffen, Alice Eldridge aufwecken zu können.« Elias flüsterte fast. »Hawke besteht auf besonderen Sicherheitsmaßnahmen, solange Lara sie noch nicht bei vollem Bewusstsein untersuchen konnte – man kann ja nicht wissen, ob sie nicht programmiert worden ist, bevor man sie in den Kälteschlaf versetzt hat.«
Adria lugte ins Krankenzimmer. Der Zutritt zu Alice war streng beschränkt, aber kurz nach der Schlacht hatte Adria geholfen,
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