Einsame Spur (German Edition)
»Ich bin zwar untergeordnet, was aber noch lange nicht heißt, dass mir nicht kreative und gemeine Dinge einfallen, wenn eine es wagt, sich an meinen Mann heranzumachen.«
»Ich helfe dir gerne.«
»Natürlich tust du das. Das steht in den Regeln für beste Freundinnen.«
Ein ganz normaler Wortwechsel, aber vor fünf Jahren hatte Sienna sich so etwas nicht einmal vorstellen können. Ihr Leben war inzwischen mehr als einmal auf den Kopf gestellt worden, aber sie war immer wieder auf die Füße gefallen und würde es auch in diesem aufregenden neuen Abschnitt schaffen.
Etwas pulsierte durch das Band mit ihrem Gefährten, ein Kuss von ihrem Wolf, der sie daran erinnerte, dass sie niemals wieder allein im Dunkeln sein würde.
Riaz hatte seiner Mutter nicht Bescheid gesagt, dass er noch einmal vorbeikommen würde, deshalb ließ sie nicht nur den Teller mit Keksen fallen, den sie in der Hand hielt, als er am nächsten Vormittag in ihr Haus trat … sondern brach auch noch in Tränen aus.
Das hätte ihn ziemlich beunruhigt, wenn sie nicht sogleich sein Gesicht mit ihren weichen Händen umschlossen, ihn auf beide Wangen geküsst und sich in einem rasanten Mix aus Englisch und Spanisch beschwert hätte, dass er so lange fortgeblieben war.
Er warf seine Sachen auf den blanken Fußboden, nahm die kleine Gestalt in die Arme, die sie selbst als »gut gepolstert« bezeichnete, die sein Vater »höllisch sexy« nannte und die für ihn so vertraut und tröstlich war.
Auch sie legte die Arme fest um ihn. Er ließ sein Kinn auf ihrem Kopf ruhen und sog den Duft nach Frühlingsblumen, Zucker und Wärme ein. Den Duft, der Küsse auf zerschrammte Knie begleitet hatte, Umarmungen nach der Schule, stolzes Schulterklopfen, als er Soldat geworden war, und Tausende von anderen Erinnerungen.
»Du bleibst doch«, sagte sie, zog sich aus seinen Armen zurück und wischte sich mit der Schürze die restlichen Tränen ab.
Er wusste, wann er einen Befehl bekam. »Ja, Ma’am.«
Dafür erhielt er einen Klaps auf die Wange. »Setz dich, ich hole Kekse.«
Doch er nahm stattdessen den Besen und fegte die Scherben des zerbrochenen Tellers samt Inhalt zusammen, was ihm einen anerkennenden Blick einbrachte. Riaz unterdrückte ein Schmunzeln. Er war gut abgerichtet. »Wo ist Dad?« Sein Vater Jorge war zwar als Lehrer in Pension gegangen, verbrachte aber dennoch die meiste Zeit damit, irgendetwas mit den Kleinen und Jugendlichen in der Gegend um San Diego zu tun – so war er zufrieden und weit genug weg von seiner Frau.
»Wir werden eine Gruppe der Jüngeren zum Ritual mitbringen. Jorge regelt gerade die letzten Einzelheiten.«
Riaz wusste, dass Hawke sich sehr darüber freuen würde. »Wird schön sein, euch dort zu sehen.«
Seine Mutter nahm die Schürze ab, nachdem sie einen neuen Teller Kekse vor ihn auf den Tisch gestellt hatte. »Ich muss nachher zum Lebensmittelladen – magst du deinen Bruder anrufen? Du kannst ihn sicher überzeugen, heute früher Schluss zu machen.«
Riaz schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich werde dich fahren.«
Seine Mutter lachte und zog seinen Kopf tiefer, um sein Haar zu zerzausen. »Mein Schatz. Eines Tages wirst du eine Frau sehr glücklich machen.«
Es kostete ihn viel Kraft, das Lächeln beizubehalten, damit seine Mutter nicht sah, was ihre Worte angerichtet hatten. Er legte den Arm um sie, zog sie an sich und brachte sie dazu, sich auch einen Keks zu nehmen. Er war fest entschlossen, die Zeit in San Diego zu genießen … aber er konnte sich der plötzlichen Erkenntnis nicht mehr verschließen, dass jeder Gedanke an Lisette inzwischen mit Adria verbunden war und der Begierde, die sie beide versengte.
Auf ihrem Weg zu einer nachmittäglichen Verabredung lief Adria Hawke in die Arme. Als er erwähnte, dass Riaz in San Diego war, verschlug ihr der Schock fast den Atem. Nicht etwa, weil Riaz seinen Eltern einen kurzen Besuch abstattete, sondern weil sie so stark darauf reagierte.
Sie zitterte vor Erleichterung, ihre Habachtstellung aufgeben zu können. Dennoch war sie nicht so naiv anzunehmen, die Anziehung hätte nachgelassen – etwas so Heftiges ließ sich nicht so leicht überwinden. Selbst jetzt noch flackerte das Feuer immer wieder in ihr auf. Doch nun gab es keine Gelegenheit mehr, ihren Schwur zu vergessen, sich von einem Mann fernzuhalten, der nur zu deutlich gemacht hatte, dass er lieber auf einem Nagelbett schlafen würde als mit ihr.
»Wie kommst du mit deinen Erkundungen im Revier
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