Einsame Spur (German Edition)
Ausflug, aber um sieben zurück. Wenn du keine anderen Verpflichtungen hast, treffen wir uns um acht.«
»Acht ist gut. Bis dann.« Sie verließ das Büro, um in ihrer freien Zeit weiter das Revier zu erkunden, wie Hawke es vorgeschlagen hatte.
Schon nach einer Minute begegnete ihr etwas ganz Erstaunliches.
Zwei Leopardenjungen rasten um die Ecke, offensichtlich einander jagend … und kamen schlitternd vor ihr zum Stehen. Die kleinen Köpfe hoben sich. Wunderschöne grüngoldene Augen sahen sie an.
Adria schaute sich um, auf dem Flur war außer ihnen niemand. »Ich glaube kaum«, flüsterte sie und hockte sich hin, um dem Jungen, das ihr am nächsten war, durchs Fell zu streichen, »dass ihr hier sein dürft.« Leoparden und Wölfe hatten zwar einen Blutbund geschlossen, doch ein Kind allein durch die Höhle laufen zu lassen ging weit darüber hinaus. Die beiden anbetungswürdigen Kerlchen – die nun beide gestreichelt werden wollten – waren entweder ihrer inzwischen sicher panischen Mutter entwischt oder hatten sich eingeschlichen. Eigentlich waren sie zu klein, um den Weg vom Land der Leoparden allein zu finden, aber Adria kannte zu viele unterschiedliche Jungen, um sich dessen ganz sicher zu sein.
Wieder klapperten Krallen über den Steinboden, und ein Wolfsjunges warf sich von hinten auf die kleinen Leoparden. Adria wollte die Kämpfenden schon trennen, als sie bemerkte, dass das Knurren und Schlagen mit den Tatzen nur Show war. Sie stand auf, ihrer Wölfin machte es viel zu viel Freude, zuzuschauen, als dass sie den Jungen den Spaß verderben wollte.
»Was für ein Anblick!«
Ihre Nackenhaare stellten sich beim Klang der tiefen Männerstimme auf, doch sie zuckte nicht zusammen, denn sie hatte Riaz’ Witterung aus dunkler Kiefer und scharfem Zitrusduft schon von Weitem gerochen. »Ja«, sagte sie und war stolz, dass sie so beherrscht geblieben war.
Eine weitere Witterung. Unbekannt. Eine Frau.
Die Jungen fuhren auseinander, als hätte man einen Eimer kaltes Wasser auf sie geschüttet, und saßen von einem Augenblick zum anderen ganz still nebeneinander wie die bravsten Kinder, die Adria je vor Augen gekommen waren. »Kleine Schlingel«, sagte sie und versuchte ein Lachen zu verbergen.
Riaz hustete neben ihr, als eine große Frau mit brünettem Haar um die Ecke kam.
»Worüber haben wir gesprochen, bevor wir von zu Hause aufgebrochen sind?«, fragte sie die Leopardenjungen, verschränkte die Arme vor der Brust und tippte ungeduldig mit der Stiefelspitze auf den Boden.
Das Wolfsjunge bellte.
»Still, Ben. Die beiden sollten auf mich warten, bis ich mein Gespräch mit Lara beendet hatte.«
Die Leopardenjungen ließen die Köpfe hängen und miauten kläglich. Adria nahm den amüsierten Ausdruck in den Augen der Frau wahr, die ihre Mutter sein musste, wenngleich ihre Stimme sehr streng klang. »Ihr könnt die Bestrafung wählen: entweder kein Spielen mit Ben und den anderen Jungen oder keinen Schokoladenkuchen zum Nachtisch.«
Alle drei sahen die Frau erschreckt an.
Doch sie ließ sich nicht erweichen.
Die Leopardenjungen reckten die Köpfe zu ihrem Freund – der offensichtlich attraktiver als Schokoladenkuchen war. Die Frau beugte sich hinunter und küsste die Jungen der Reihe nach, auch Ben. Dann wies sie mit der Hand auf eine Stelle im Flur, wo sie die Kleinen im Auge behalten konnte. »Wartet dort auf mich, wenn ihr nicht wollt, dass ich Spielen ein für alle Mal streiche.«
Erst als die Jungen davontrotteten, um sich brav hinzusetzen, richtete sich die Frau wieder auf und sah Adria und Riaz an. »Die verschaffen mir jede Stunde drei neue graue Haare.« Atemlos und voller Zuneigung.
»Tamsyn, darf ich dir Adria vorstellen«, sagte Riaz, dessen Körper viel zu nah war und sich viel zu aggressiv in Adrias Wahrnehmung drängte.
Sie zwang sich, darüber hinwegzusehen. »Die Heilerin der Leoparden.« Alle älteren Rudelmitglieder waren über die Strukturen des DarkRiver-Rudels schon lange im Bilde.
»Wenn du mir jetzt erzählst, dass du nicht mit Indigo verwandt bist, fresse ich meine Stiefel«, sagte Tamsyn statt einer Antwort. »Wenn die Jungen das nicht schon getan haben.«
Der trockene Kommentar brachte Adria zum Lachen. Eilig bestätigte sie die Verwandtschaft. »Ein Freundschaftsbesuch?«
»Ashaya ist auch da«, sagte Tamsyn. Die M-Mediale war die Gefährtin eines Leopardenwächters. »Wir wollten über Alice reden, die neuesten Untersuchungsergebnisse besprechen.«
Alice Eldridge,
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